„Qualität nicht mehr da“: Heftige Schiri-Kritik nach Pokal-Fiasko
Kein VAR – kein Problem? Von wegen! “„Wahnsinn! Wir machen das 2:2, das darf im Leben nicht zurückgenommen werden. Ich bringe immer Verständnis für die Schiedsrichter auf, aber heute werde ich kein Plädoyer halten“, polterte Heidenheims Trainer Frank Schmidt nach dem 1:2 im DFB-Pokal bei Hertha BSC.
Der Mainzer Dominik Kohr wütete ebenso nach dem 0:4 im Zweitrundenspiel gegen den FC Bayern. „Beim 2:0 war es Abseits, beim vierten Tor werde ich ein bisschen umgerannt. Da war mir klar, dass der Schiedsrichter ein Bayern-Trikot anhat“, schimpfte Kohr über Sascha Stegemann und sprach offen von einem „Bayern-Bonus“.
Und auch in Stuttgart hätte eine krasse Fehlentscheidung den VfB beim knappen 2:1 gegen Kaiserslautern beinahe das Weiterkommen gekostet. Dies war nach der Partie selbst dem Schiedsrichter peinlich. „Heute war so ein Spiel, wo ich mir den VAR gewünscht hätte“, räumte Daniel Schlager bei Sky ein. Er habe sich beim VfB entschuldigt.
Manuel Gräfe kritisiert Schiedsrichter
Aber was jetzt? VAR – oder doch kein VAR? In der Bundesliga sorgen die Videoassistenten im Kölner Keller schon lange für heftige Diskussionen. Es vergeht kaum ein Spieltag ohne wütende Proteste. Und es gibt nicht wenige Spieler, Trainer und vor allem Fans, die für eine Abschaffung sind. Aber ohne, wie jetzt in den ersten beiden Runden im Pokal, geht es offenbar auch nicht.
Für den ehemaligen Spitzenschiedsrichter Hellmut Krug, der als Projektleiter für die Einführung des Videobeweises mitverantwortlich war, liegen die Gründe für die vielen Fehler auf der Hand. „Durch die Einführung des VAR hätten die Schiedsrichter eigentlich besser werden sollen. Leider ist das häufig nicht der Fall. Die Schiedsrichter wirken mitunter verunsichert und scheinen viel zu oft auf eine Reaktion des VAR zu warten, sie wirken bisweilen fremdbestimmt“, sagte Krug der „WAZ“.
Auch Dauerkritiker Manuel Gräfe sieht darin das Problem. „Ohne VAR noch offensichtlicher: Qualität nicht mehr da – leider!“, schrieb der frühere FIFA-Schiedsrichter bei X. Er führe das auf „strukturelle und personelle Probleme“ zurück. Fehler würden „nicht angegangen, Kritik und Hilfe abgetan/ignoriert und kritische Stimmen entsorgt“.
Hellmut Krug nimmt Knut Kircher ins Visier
Krug hat Knut Kircher ins Visier genommen. „Wir haben einen neuen Schiedsrichterchef, der stellt sich hin und sagt, alles sei richtig. So kriegt man keine Klarheit“, sagte der 68-Jährige. Dennoch: „Es wäre falsch und undenkbar, den VAR wieder komplett abzuschaffen. Schon morgen gäbe es eine haarsträubende Fehlentscheidung, und die ließe sich nicht mehr korrigieren“, ergänzte Krug.
Kircher war zuletzt immer wieder bemüht, die hitzig geführten Debatten einzufangen. Immerhin gab er zu, dass der Video-Assistent in letzter Zeit „zu kleinteilig, zu detektivisch“ gewesen sei – und stellte klar: „Im Graubereich hat der VAR nichts zu suchen.“
DFB-Pokal: VAR im Achtelfinale vorhanden
Deshalb hatte Kircher zuletzt eine vereinfachte Alternative vorgeschlagen. Dabei würde der sogenannte Video-Support, bei dem Trainer mit einer „Challenge“ die Überprüfung von strittigen Szenen durch die Unparteiischen fordern können, den Video-Assistenten ersetzen. Für Krug ist das aber keine Alternative: „Ich warne vor der Challenge. Sie wird für keine Befriedung sorgen.“
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Dies ist ohnehin erst einmal Zukunftsmusik. Ab Freitag wird es in der Bundesliga und ab dem Achtelfinale auch im DFB-Pokal wieder den VAR geben – strittige Entscheidungen und wütende Proteste inbegriffen. (aw/sid)