Katerstimmung statt Katar-Stimmung: Der „Ärger überwiegt“ nach 3:3 gegen England
Kai Havertz wollte nach seinem ersten Doppelpack für die Nationalmannschaft schnell nach Hause ans andere Ende der Stadt. Auch Joshua Kimmich ging wortlos durch die Wembley-Katakomben. Nur Thomas Müller war mal wieder in Redelaune und überraschte nach dem wilden 3:3 bei der WM-Generalprobe gegen England in London mit einem interessanten Vergleich. Für das WM-Turnier in wenigen Wochen in Katar will der Bayern-Routinier nach den Rückschlägen gegen Ungarn und England einen großen Klub-Rivalen kopieren.
„Ich durfte auch schon unter Carlo Ancelotti arbeiten. Da kann Real Madrid vielleicht ein Vorbild sein. Da läuft auch nicht immer alles brillant, aber sie behalten den Kopf oben, sie behalten den Glauben an sich selbst“, sagte Müller über den spanischen Champion und dessen Trainer, der ihn einst in München betreute.
Thomas Müller will sich an Real Madrid unter Ancelotti ein Beispiel nehmen
Hansi Flick wird sich diesen Vorschlag gerne anhören. Auf der Spurensuche nach den Gründen für eine unbefriedigende Katar-Generalprobe mit dem 0:1 gegen Ungarn und dem in einer turbulenten Schlussphase verschenkten Sieg gegen die Three Lions wollte sich der Bundestrainer an den guten Dingen orientieren.
„Viele Sachen haben wir gut gemacht“ meinte Flick. Und: „Nicht aufzugeben ist das, was wir brauchen.“ Unter dem Strich stand aber auch für den 57-Jährigen wieder eine Enttäuschung. Die Nationalmannschaft ist im WM-Jahr unbeständig. Gegen England hätte ein WM-Signal gelingen, das von Oliver Bierhoff ersehnte Turnier-Selbstvertrauen aufgebaut werden können. „Der Ärger überwiegt“, meinte Bierhoff zur Stimmung in der Kabine nach dem Achterbahn-Auftritt in London.
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Die 2:0-Führung durch Ilkay Gündogan (53. Minute/Foulelfmeter) und Havertz (67.) wurde innerhalb von elf Minuten hergeschenkt. Der späte Ausgleich nach dem England-Dreierpack erneut durch Havertz (87.) wurde von Flick als Indiz von Charakterfestigkeit gedeutet. Jeder Hoffnungsschimmer ist derzeit willkommen, denn seit März gab es sieben Spiele mit nur einem Sieg und kein Spiel ohne Gegentor.
DFB-Elf verspielt 2:0-Führung innerhalb von elf Minuten
Einspielen, Automatismen entwickeln waren Flicks Vorgaben für die DFB-Elf im September-Länderspielfenster. Jetzt folgt das Mammutprogramm seiner Spieler mit ihren Klubs, wenn für die meisten 13 Spiele in sechs Wochen zu absolvieren sind. Aus London reist Flick nach Hause und hat für seine WM-Wunschformation vermutlich mehr neue Fragen als Antworten. Dribbelkünstler Jamal Musiala ist der einzige klare Gewinner eines Länderspiellehrgangs, der die WM-Vorfreude im Land so rein gar nicht entfachen konnte.
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Für Flick geht der Blick nach München, wo sein indisponierter Bayern-Block im Klub-Fußball wieder Gewinner-Mentalität demonstrieren muss. „Da wir viele Bayern-Spieler haben, wäre es schon von Vorteil, wenn wir so ein natürliches Selbstverständnis, Kombinationssicherheit, Abläufe hätten, auf die man zurückgreifen kann, die auch beim Verein funktionieren. Das wäre cool, wenn wir uns das erarbeiten können“, sagte Müller. (dpa/pw)