• Zwei Gesichter der „Sommermärchen-Affäre“ um die WM 2006 sind die beiden ehemaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger (l.) und Wolfgang Niersbach. Dieses Foto entstand 2009 bei einem Länderspiel in Leverkusen.
  • Foto: imago images/Sven Simon

Sommermärchen verjährt: Prozess eingestellt, aber Anwälte schießen gegen Justiz

Bellinzona –

Danke für die Party, und alles andere – Schwamm drüber? Na klar, was denn sonst.

Das Sommermärchen-Verfahren gegen drei ehemalige DFB-Funktionäre wird wie erwartet wegen Eintritts der Verjährung eingestellt. So hinterlässt das Schweizer Justiz-Debakel, dass sich längst angedeutet hatte (hier lesen Sie mehr), kein Urteil, geschweige denn eine Wahrheit, aber dafür jede Menge Vorwürfe.

„Es ist festzuhalten, dass unseren Mandanten aufgrund einer voreingenommenen und von geradezu unglaublichem Fehlverhalten geprägten Verfahrensführung der Schweizer Bundesanwaltschaft kein faires Verfahren gewährleistet worden ist“, teilten die Verteidiger der ehemaligen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach (69) und Theo Zwanziger (74) sowie vom früheren DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt (78) mit.

Sommermärchen-Affäre: Behörde wehrt sich gegen Verschleppungsvorwürfe

Die Vorwürfe gegen das Trio und den einstigen FIFA-Generalsekretär Urs Linsi waren am Montag (27. April) verjährt. Das Verfahren war wegen der Corona-Krise seit März ausgesetzt und nicht weiter fortgeführt worden.

Das Bundesstrafgericht in Bellinzona verwehrte sich gegen Verschleppungsvorwürfe. „Prozessuale Umstände und die Vorgaben im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie und nicht Verfahrensmängel am Bundesstrafgericht“ hätten dazu geführt, dass es zu keinem Urteil gekommen ist, teilte die Behörde mit.

Sommermärchen: Anwälte hätten sich vollumfängliche Rehabilitation gewünscht

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Die Ex-DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger sowie der ehemalige DFB-Schatzmeister Horst Schmidt (v.l.).

Foto:

AFP

„Dass unsere Mandanten durch den Eintritt der Verjährung um eine Rehabilitation in Form eines vollumfänglichen Freispruchs gebracht werden, passt in das unrühmliche Bild, welches die Schweizer Strafverfolgungsbehörden im „Sommermärchen-Prozess“ abgegeben haben“, schrieben dagegen die Anwälte. „Es ist abschließend in aller Deutlichkeit festzustellen, dass im „Sommermärchen-Prozess“ kein strafbares Verhalten der beschuldigten Personen festgestellt wurde.“

Sommermärchen: DFB will weiter Zahlungsflüsse aufklären

Der DFB war an dem Prozess als Privatkläger beteiligt – und zeigte sich enttäuscht. „Unsere Hoffnung war, dass die Vorgänge um die Zahlung der 6,7 Millionen Euro (…) und ihre Hintergründe weiter aufgeklärt werden, insbesondere auch was die Zahlungsvorgänge aus 2002 betrifft, die wohl nur in der Schweiz hätten aufgeklärt werden können“, sagte DFB-Schatzmeister Stephan Osnabrügge einer Mitteilung zufolge. „Mit der Verjährung und Einstellung des Verfahrens bleibt diese Chance ungenutzt. Das bedauern wir sehr. (…) Die vollständige Aufklärung der Hintergründe des Zahlungsflusses bleibt unverändert Ziel des DFB.“

Sommermärchen: Wo sind die Millionen geblieben?

Zwanziger (74), Schmidt (78) und Linsi (70) waren wegen Betruges, Niersbach (69) wegen Gehilfenschaft zum Betrug angeklagt. Im Kern ging es um eine Überweisung des DFB im April 2005 in Höhe von 6,7 Millionen Euro über die FIFA an den inzwischen gestorbenen Unternehmer Robert Louis-Dreyfus. Das Geld wurde als Beitrag für eine Gala zur WM 2006 deklariert, die nie stattfand.

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Im Jahr 2002 hatte der damalige WM-Organisationschef Franz Beckenbauer ein Darlehen von Louis-Dreyfus in gleicher Höhe erhalten, das letztendlich auf Konten des damaligen FIFA-Finanzchefs Mohamed bin Hammam verschwand. Wofür, ist immer noch unklar. (dpa)

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