EM-Aus fast sicher: Deutsche Handballer stürzen vom Himmel in die Hölle
Was für ein Wahnsinn! Was für ein Drama! Was für eine unfassbar bittere und brutale Niederlage! Für Deutschlands Handballer ist das Halbfinale der EM in nahezu unerreichbare Ferne gerückt. Im zweiten Hauptrundenspiel in Wien unterlag die DHB-Auswahl Kroatien nach dramatischen 60 Minuten in einem wahren Hexenkessel mit 24:25 (11:8). Viel Zeit, die Wunden zu lecken, bleibt nicht. Bereits am Montag steigt das prestigeträchtige Nachbarschafts-Duell gegen Co-Gastgeber Österreich.
Hängende Schultern, hängende Köpfe, leere Blicke, kollektive Fassungslosigkeit. Wie konnte das passieren? Sie hatten den Sieg in ihren Händen gehabt – und weggeworfen.
Deutsche Handballer werfen Fünf-Tore-Führung weg
Nach einer lange Zeit vor allem kämpferisch überragenden Leistung und einer Fünf-Tore-Führung (17:12/38.) verspielte die Mannschaft von Bundestrainer Christian Prokop noch den Sieg, weil in den letzten zehn Minuten im Angriff nichts mehr ging und der Fehlerteufel die DHB-Auswahl in die Handball-Hölle schickte.
Bundestrainer Prokop zeigt sich total enttäuscht
„Das ist total bitter, die zweite Halbzeit gibt den Ausschlag. Da haben wir die Bälle nicht mehr so untergebracht, wie wir es wollten“, sagte Prokop mit ausdrucksloser Miene. „Zudem waren wir gefühlt sehr, sehr oft in Unterzahl in der zweiten Hälfte. Wir haben super gefightet, jeder hat für jeden gekämpft, aber am Ende zählt das Ergebnis.“
Arena in Wien wird zum deutsch-kroatischen Hexenkessel
Von der ersten Sekunde war es auf dem Parkett der Stadthalle mächtig zur Sache gegangen. Es war die erwartete Abwehrschlacht, ein intensiver, hitziger Kampf um jeden Zentimeter, und auch auf den Tribünen ging es hoch her. Unter den knapp 10.000 Zuschauern waren gefühlt 5000 kroatische Fans, 4000 deutsche Fans und 1000 Österreicher. Die Halle – ein brodelnder Hexenkessel. Himmlische Hölle!
Torwart Andreas Wolff überragt zu Beginn
Die Mannschaft von Bundestrainer Christian Prokop war „on fire“, erwischte den besseren Start, lag dank einer aggressiven und sehr beweglichen 6:0-Deckung, einem vor allem in der ersten Halbzeit überragenden Torhüter Andreas Wolff und konsequenter Chancenverwertung im schnellen Gegenangriff nach sieben Minuten mit 4:2 und 18 Minuten mit 8:5 in Führung. Der Matchplan ging zunächst voll auf.
Kroatische Fans skandieren: „Deutschland, Deutschland, auf Wiederseh’n!“
Dann hagelte es jedoch Zwei-Minuten-Strafen, sodass das DHB-Team fast immer in Unterzahl spielte, einmal fast zwei Minuten lang in doppelter. „Deutschland, Deutschland, auf Wiederseh’n!“, skandierten die kroatischen Fans, doch wenig später wurden in kurzer Folge zwei Spieler ihrer Mannschaft auf die Bank verbannt, Deutschland nutzte das aus und erhöhte auf 13:8 (27.), leistete sich in den letzten Minuten allerdings eine Schwächephase.
Start in die zweite Halbzeit gelingt noch
Gleich zu Beginn der zweiten Hälfte zog die deutsche Mannschaft jedoch wieder auf fünf Tore davon (16:11/34.), doch dann schlichen sich immer häufiger Fehler ein, die Abwehr stand nicht mehr so kompakt, Wolff bekam kaum noch einen Ball zu fassen und der Vorsprung schmolz dahin (18:16/ 40.).
In den letzten 20 Minuten entwickelt sich das große Drama
Es kam, was kommen musste, was unausweichlich war und was immer der Fall ist, wenn diese beiden Mannschaften aufeinandertreffen: Es entwickelte sich ein Krimi. Zwölf Minuten vor dem Ende gelang den Kroaten der Ausgleich. Plötzlich waren ihre zuvor merklich ruhiger gewordenen Fans wieder voll da. Im Positionsangriff ging für die deutsche Mannschaft nur noch wenig. Gut, dass Tobias Reichmann vom Siebenmeterpunkt eiskalt einnetzte.
Kai Häfner leistet sich verhängnisvollen Fehlpass
Der Knackpunkt: Beim Stand von 24:23 (57.) hatte die deutsche Mannschaft die Chance, auf zwei Tore davonzuziehen. Doch der schwache Häfner leistete sich einen seiner zahlreichen technischen Fehler und als der ebenfalls unglücklich agierende Julius Kühn wenig später den Ball am Tor vorbei gegen die Bande knallte und dann auch noch Abwehrchef Hendrik Pekeler eine Zweiminutenstrafe kassierte, da kippte das Spiel.
Jannik Kohlbacher kassiert den K.o.
Kroatiens Igor Karacic wuchtete den Ball zum 24:25 in die Maschen – und ins Herz der deutschen Spieler. Es war die erste Führung Balkan-Handballer seit dem 1:0 in der 3. Spielminute. Es passte ins Bild, dass im letzten Angriff Kreisläufer Jannik Kohlbacher frei am kroatischen Keeper scheiterte. Der Knockout.