Jubel nach dem Zitterspiel: Andreas Maagard hat den Ball gesichert und damit den Sieg.

Jubel nach dem Zitterspiel: Andreas Maagard hat den Ball gesichert und damit den Sieg. Foto: IMAGO / HMB-Media

„Naiv!“ Hamburgs Handballer retten trotz „Schlappwehr“ den Sieg gegen Kellerklub

Die Spieler erleichtert, der Trainer „perplex“. Hamburgs Handballer bleiben im neuen Jahr unbesiegt. Mit Ach und Krach und Zittern. Gegen Aufsteiger SG BBM Bietigheim gewann der Tabellenachte in eigener Halle nach einer dramatischen Schlussphase mit 37:36 (19:22), zeigte aber vor allem in der ersten Halbzeit eine erschreckend schwache Abwehrleistung und lag zwischenzeitlich mit sechs Toren zurück. Mit großer Moral und dank der Paraden des eingewechselten Keepers Robin Haug drehten die Gastgeber das Spiel gegen den mutig agierenden Drittletzten und sind weiter eine Heim-Macht in der Liga. Matchwinner in den Schlusssekunden: Andreas Magaard.

„Bei mir überwiegen Freude und Erleichterung“, sagte Kapitän Niklas Weller nach dem siebten Heimspiel in Folge ohne Niederlage. Aber der Ärger über die lange schwache Abwehrleistung und die Tatsache, den Tabellen-16. auf die leichte Schulter genommen zu haben, war spürbar. Und der Kreisläufer fühlte sogar mit dem Gegner: „Mir tun die Bietigheimer fast ein bisschen leid. Das ist das achte Spiel oder so, das die mit einem Tor verlieren. Die haben stark gekämpft, alles gegeben. Ich hoffe, dass sie in der Liga bleiben.“

HSV Hamburg besiegt Bietigheim nach irrem Spiel

Dass es überhaupt so eng war und am Ende fast schiefgegangen wäre, hatte sich die Mannschaft von Trainer Torsten Jansen selbst zuzuschreiben. „Wir haben uns das Leben echt schwer gemacht“, bilanzierte Rückraumspieler Leif Tissier nach dem zweiten Sieg des HSVH nacheinander, der mit einem Remis gegen die Rhein-Neckar Löwen ins Jahr 2025 gestartet war. Jansen atmete tief durch: „Wir können von Glück reden, dass wir das Spiel gewonnen haben.“

Vier Tage nach dem überzeugenden 35:29 in Erlangen hatten die Gastgeber wohl gedacht, „dass wir da einfach so daran anknüpfen können, ohne uns dafür groß bemühen zu müssen“, befand Weller, der nach eigener Aussage genau davor im Vorfeld der Partie mit dem Coach intern „gewarnt“ hatte. Vergeblich.

Hamburger Abwehr in erster Halbzeit ganz schwach

Erschütternd, was die Hausherren in den ersten 30 Minuten auf die Platte gebracht und ihrem Publikum geboten hatten. Insbesondere in der Abwehr war es eine Katastrophe. Satte 22 Gegentore in einer Halbzeit gegen eine Mannschaft, die gegen den Abstieg kämpft, zuvor sechs Niederlagen in Serie kassiert hatte und insgesamt seit zehn Spielen ohne Sieg war – indiskutabel.

Schläfrig nach Paraden des anfangs eingesetzten Keepers Mohamed Al-Tayar (sechs gehaltene Bälle), bei denen sich die Gäste den Ball schnappten im zweiten Versuch versenkten. Zu langsam im Rückzug, sodass direkt nach eigenen Treffern die Bietigheimer per Gegenstoß trafen und insgesamt zu langsam auf den Beinen und im Kopf. Kein Fokus und kein Feuer. Löchrig. Alles in allem: nicht ganz dicht. Die Defensive des HSVH war eine Schlappwehr.

Jansen kritisiert: „Wir waren überhaupt nicht da“

„Ich bin völlig perplex. Wir waren in der Abwehr überhaupt nicht da, haben naiv gespielt“, kritisierte Jansen die Defensivleistung.

Lahm war zunächst auch das Publikum. Mehrfach forderte der Hallensprecher die 2939 Zuschauenden auf, lautstärker anzufeuern. „Wir müssen mehr tun!“ Mannschaft und Fans im Schlaf-Modus. Erstaunlich dagegen, was der Mini-Gästeblock veranstaltete: 10 Leute, sieben Trommeln und jede Menge Radau, dazu ein paar fußballtypische Ultra-Gesänge.

Einen 11:17-Rückstand (22.) konnte der HSVH mit einem Zwischenspurt auf 19:20 (29.) verkürzen, nur um dann doch wieder mit 21:25 ins Hintertreffen zu geraten (36.).

Keeper Robin Haug sorgt für die Wende

Dem zur zweiten Halbzeit eingewechselten Torhüter Robin Haug war es in erster Linie zu verdanken, dass die Gastgeber den Spieß umdrehen konnten. Mit zahlreichen Paraden (insgesamt zehn), denen umgehend Tore folgten, konnten die Hamburger sogar mit 29:26 (44.) in Führung gehen – eine 8:1-Serie. Jetzt war die Abwehr endlich wach und auch das Publikum voll da.

Stark: Rückraumspieler Moritz Sauter, der mit neun Toren bester Schütze war und auch einige Assists lieferte und großen Anteil daran hatte, dass der HSVH gut fünf Minuten vor Schluss mit 35:31 führte und vermeintlich einem am Ende doch nocht souveränen Sieg entgegensteuerte. „Dann werden wir fahrlässig, nehmen Risikopässe und laden Bietigheim zu Gegenstößen ein“, ärgerte sich Jansen über den Leichtsinn.

Dramatisches Ende: Magaard wird zum Matchwinner

Die entscheidende Phase: dramatisch! Gut zwei Minuten vor Schluss war Bietigheim beim 36:35 wieder dran und konnte, nachdem Hamburgs Frederik Bo Andersen einen Siebenmeter verworfen hatte, sogar ausgleichen. In der Schlussminute hatte der HSVH den Ball und Probleme, eine Lücke zu finden. Mit einer beherzten Aktion kämpfte sich schließlich Kreisläufer Andreas Magaard durch und erzielte zwölf Sekunden vor der Sirene das 37:36. Im Gegenzug blockte er den überhasteten Wurf von Nikola Vlahovic und sicherte im anschließenden Gerangel den Ball. Ende. Sieg. Und auch Magaard ein Matchwinner.

„Ich muss meiner Mannschaft ein Kompliment machen, wie wir die Rückstände aufgeholt und das Spiel in den Griff gekriegt haben“, so Jansen. „Aber wir haben es am Ende wieder aufs Spiel gesetzt. Das ärgert mich sehr. Darüber müssen wir nochmal sprechen.“

HSVH jetzt gegen Gummersbach und Julian Köster

Das nächste Spiel steigt erneut in eigener Halle. Am kommenden Donnerstag (19 Uhr) empfängt der HSVH den VfL Gummersbach um DHB-Star Julian Köster in der Sporthalle Hamburg.

Tore HSVH: Sauter (9), Mortensen (5), Ilic (5), Tissier (5), Weller (4), Andersen (4/1), Axmann (2), Magaard (2), Lassen (1)

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp