• Gefürchteter Stürmer, gefragter Gesprächspartner: Dieter Schatzschneider
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Hannover-Legende: Schatzschneider: „So wie bei Luhukay geht es nicht!”

Einen wie Dieter Schatzschneider könnte jeder Zweitligist gut gebrauchen. In der Saison 1979/80  und 1981/82 schoss er als Stürmer jeweils 34 Tore für St. Paulis Mittwoch-Gegner Hannover 96. Zwischendurch „schwächelte“ er etwas. 1980/81 gelangen ihm „nur“ 27 Treffer. Vorm Anpfiff sprach die MOPO mit „Schatz“, der mit 62 Jahren Berater von Präsident Martin Kind und Scout für die „Roten“ ist.

MOPO: Was ist los in Hannover? Da ging es in den vergangenen Jahren drunter und drüber. Jetzt ist es ungewöhnlich ruhig. Woran liegt es?

Dieter Schatzschneider: Wir haben mit Kenan Kocak einen guten Trainer! Der kompensiert vieles, was im Umfeld passiert. Er ist klar im Kopf, weiß, was er will. Er tut 96 mit seiner Art und seinem Fußball richtig gut. Mir bringt es jedenfalls wieder richtig Spaß, unsere Spiele anzuschauen. Am Saisonanfang, als Mirko Slomka Trainer und Jan Schlaudraff Sportchef war, hatte ich mich ja noch geweigert.

MOPO: Also ist Hannover als Bundesliga-Absteiger zufrieden mit dem aktuellen Rang und 42 Punkten?

Schatzschneider: Ja. Aber natürlich bedaure ich es, dass wir in der Hinrunde und nach dem Corona-Neustart zu viele Punkte verpasst haben. Dennoch: Wir wollen noch Fünfter werden. Und das ist machbar mit dieser Mannschaft. Wir kreieren in jedem Spiel vier, fünf hundertprozentige Torchancen. Das ist großartig. Aber dafür schießen wir viel zu wenig Tore.

MOPO: Marvin Ducksch hat als bester 96-Schütze immerhin elf erzielt.

Schatzschneider: Ja, das ist das Problem. Bielefelds Fabian Klos hat 19 Mal, obwohl er weniger Möglichkeiten hat, Marvin nur elf Mal getroffen. Da hätte ich früher meinen Vertrag zurückgegeben (lacht herzhaft). Wer aktuell vorn bei uns spielt, muss bei der Chancenanhäufung Minimum 15 Dinger machen. Minimum!

MOPO: Wann will 96 wieder erstklassig sein?

Schatzschneider: Das ist unser Ziel für die kommende Saison. Wir wollen um die Plätze drei bis eins mitspielen. Ich hoffe, der Verein kommt in die Strümpfe und erfüllt unserem Trainer die personellen Wünsche, die bestimmt nicht außergewöhnlich sind.

MOPO: Sie reden viel mit Kocak. Das war nicht mit jedem seiner Vorgänger der Fall.

Schatzschneider: Kocak lässt es zu. Es gibt andere, die glauben hundertfacher Nationaltrainer zu sein, die nach drei Siegen wie Könige auftreten und denken, sie könnten Real Madrid coachen.

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MOPO: Wie denken Sie über St. Paulis Saison?

Schatzschneider: Ich hätte den Klub, den ich ja sehr mag, auf einem einstelligen Platz erwartet. Verletzungen in der Hinrunde waren vielleicht ein Grund, aber auch nach dem Corona-Neustart ist es insgesamt nicht gut gelaufen. Und überhaupt: Irgendwo hat es denn ja doch gefehlt.

MOPO: Was glauben Sie, woran?

Schatzschneider: Gegenfrage: Wer ist der beste Stürmer?

MOPO: Dimitrios Diamantakos mit zehn Toren.

Schatzschneider: Sehen Sie – mit so wenig Toren deines besten Stürmers kommst du halt nicht so leicht auf einen einstelligen Tabellenplatz.

MOPO: Haben Sie den Zoff zwischen Jos Luhukay und Henk Veerman in der Pause mitgekriegt? Der Trainer hatte den Spieler trotz 2:0-Führung auf dem Weg zur Kabine für alle sicht- und hörbar rund gemacht, weil er sich nicht den Ball  zum Elfmeter schnappte, den Diamantakos verschoss.

Schatzschneider: So geht das nicht! Das hätte der Trainer unter vier Augen ansprechen müssen. Gerade ein Stürmer braucht ständig Selbstvertrauen. Den darfst du nie in der Öffentlichkeit rund machen, weil du ihn auf Dauer immer brauchst. Außerdem: Wenn sich Luhukay Veerman als Schützen wünscht, dann muss er ihn vorher bestimmen. Hätte mir mein Trainer mit auf den Weg gegeben, dass ich schießen soll, dann hätte ich mal den Mannschaftskollegen sehen mögen, der versucht hätte mir den Ball wegzunehmen.

MOPO: Was ist für das Nordderby zu erwarten?

Schatzschneider: Wenn auch St. Pauli versucht Fußball zu spielen, dann wird es ein sehr gutes Spiel.

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