HSV-Profi über Geisterspiele: Timo Letschert: „Fußball ohne Fans – das ist sehr schade“
Timo Letschert hat sich beim HSV in den vergangenen Monaten zum absoluten Leistungsträger entwickelt. Der Niederländer ist in der Abwehr als Stammspieler gesetzt. Zuletzt beim 2:1 gegen Regensburg überzeugte er nun auch als Torschütze. Vor dem Spiel in Fürth traf die MOPO den 25-Jährigen zum Interview, sprach mit ihm über seine Entwicklung, Fußballspiele ohne Fans, den Druck im Aufstiegskampf, seinen Torjubel und viel mehr.
MOPO: Am Freitag tritt der HSV in Fürth an und muss ohne Zuschauer im Stadion spielen. Was bedeutet diese Entscheidung für Sie als Spieler? Ich habe das bislang nur bei Testspielen erlebt, aber das kann man nicht vergleichen. Fußball ohne Zuschauer, in unserem Fall jetzt Zweite Liga, das ist sehr schade. Jeder Fußballer spielt immer gerne vor vielen Zuschauern. Gerade bei unseren Fans, sie sind unglaublich. Sie sind überall mit viel Leidenschaft dabei. Wir spüren immer ihre Unterstützung.
Können Sie die Entscheidung denn verstehen? Die Leute, die es am Ende entschieden haben, werden wissen was sie tun müssen, damit sich das Virus nicht noch weiter ausbreitet. Die Entwicklung der letzten Tage ist schon enorm, aber ich bin und bleibe ruhig. Es gibt Experten und alles, was wir gegen die Ausbreitung des Virus machen können, müssen wir auch tun – ohne dabei in Panik zu verfallen. Das ist wichtig.
Kann ein Spiel ohne Zuschauer auch Vorteile haben? Das weiß ich nicht. Das einzige was ich sagen kann, ist, dass es in Deutschland durch die Fangesänge und Atmosphäre manchmal echt laut sein kann auf dem Platz, da kannst du manchmal gar nichts mehr vom Trainer oder Mitspieler hören. Vielleicht ist es jetzt ein kleiner Vorteil, dass wir uns auf dem Platz ohne Zuschauer besser verständigen können. Ich würde aber natürlich trotzdem lieber mit Zuschauern spielen.
HSV-Verteidiger Letschert erinnert sich gerne an Fürth
Für Sie persönlich dürfte Fürth trotzdem ein besonderes Spiel sein. In der Hinrunde war es Ihr erstes Spiel in der Startelf für den HSV. Damit ging für Sie in Hamburg alles so richtig los. Das stimmt. Ich glaube, es war damals mein erstes Spiel in der Startelf seit fünf Monaten. Davor war ich verletzt. Ich musste erstmal wieder in den Rhythmus kommen, aber am Ende haben wir 2:0 gewonnen. Mittlerweile ist das aber auch schon wieder gefühlt lange her. Meine Fitness, mein Rhythmus, alles ist wieder da. Ein ganz anderes Gefühl.
Was hat sich bei Ihnen in den letzten Monaten denn alles verändert? Wie sehen Sie Ihre Entwicklung? Ich bin vor allem körperlich stärker geworden. Beim HSV investiere ich viel Zeit in die Arbeit an meinem Körper. Es ist mein Ziel, dass ich jeden Tag ein bisschen stärker und besser werde. Das bedeutet viel Arbeit. Noch bin ich nicht zufrieden. Ich kann und will noch viel mehr.
Was können und wollen Sie noch verbessern? Ich will noch stabiler und stärker werden. Auch im intensiven läuferischen Bereich noch ein paar Prozent rauskitzeln. Außerdem kann ich auf dem Platz noch mehr reden und meinen Mitspielern helfen, damit wir möglichst wenige Gegentore kassieren. Wir wollen noch bessere Entscheidungen am Ball und im Spiel gegen den Ball treffen, um defensiv gut und stabil zu stehen. Ich denke, da bin auch ich in der Verantwortung.
HSV-Verteidger Letschert: „Natürlich bin ich sauer“
Sie gelten als Profi, der extrem ehrgeizig ist und es hasst, Spiele zu verlieren. Wie erlebt man Sie nach Spielen wie gegen St. Pauli und in Aue? Natürlich bin ich dann vor allem erst mal sauer. Ich sage immer, wir verlieren zusammen und gewinnen zusammen. Als erstes sollte man aber auf seine eigene Leistung schauen und gucken, was man hätte besser machen können. Wenn das erledigt ist, dürfen wir auch sauer aufeinander werden. Wir gehen kritisch miteinander um, erwarten viel voneinander. Natürlich sind wir mit uns unzufrieden, wenn wir zwei Spiele nacheinander verlieren. Der Sieg jetzt gegen Regensburg war zwar nicht schön, aber für den Kopf ganz wichtig. Wir wissen, dass wir viel besser spielen können. Das werden wir auch wieder zeigen.
Auf den HSV warten nun gleich mehrere heiße Spiele. Erst Fürth, dann Bielefeld und Stuttgart. Wie sehen Sie die Ausgangslage und auch den Druck? Es geht jetzt in die entscheidende Phase der Saison. Natürlich kommt speziell in Stuttgart oder beim HSV auch noch ein bisschen mehr Druck von außen. Das wird aber auch in Bielefeld so sein. Das ist doch ganz normal. Der Druck ist hoch, ja. Aber das ist Sport, Druck gehört dazu. Geht es um den HSV, sind die Erwartungen hoch, gerade in der Zweiten Liga. Doch wir kämpfen gemeinsam für ein großes Ziel. Unsere Herangehensweise ist klar: Wir spielen für einen tollen Verein mit überragenden Fans und können gemeinsam etwas Großes erreichen. Das ist doch richtig geil. Wir sollten das auch genießen und Spaß daran haben. Der Druck darf keine Belastung sein. Es ist im Fußball wichtig, dass du auch klar im Kopf bist.
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Zuletzt beim 2:1-Sieg gegen Regensburg gehörten Sie zu den Torschützen. Ihren Treffer haben Sie vor der Nordtribüne mit Superman-Jubel gefeiert und sich symbolisch das Trikot aufgerissen. War das eine spontane Idee? Nein, den Jubel habe ich mir bei Jan Vertonghen von Tottenham abgeschaut. Früher hat er bei Ajax gespielt und ich war schon immer großer Ajax-Fan. Bereits einen Tag vor dem Spiel gegen Regensburg hatte ich das Gefühl, dass ich ein Tor schießen werde. Ich war mir da sogar ganz sicher. Mit Xavier Amaechi habe ich darüber gesprochen und ihm gesagt, dass ich dann so jubeln werde.
Was sagt Ihr Gefühl, treffen Sie am Freitag in Fürth wieder? Ja, vielleicht. Ich muss noch abwarten. Es ist noch zu früh für so ein Gefühl (lacht).