„Ein Ausrufezeichen“: HSV-Torjäger Terodde gratuliert St. Pauli zu Burgstaller-Transfer
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Beim 2:2 Im Hinspiel traf er doppelt, musste sich aber mit einem Punkt begnügen. Am Montag würde es Simon Terodde auch in Kauf nehmen, leer auszugehen – wenn sein HSV denn gegen St. Pauli gewinnt. „Sehr gern“, sagt der Angreifer, der in Sachen Trefferquote das Maß aller Dinge darstellt. 19 Mal knipste Terodde in dieser Serie schon und schickt sich an, zum vierten Mal (nach 2016, 2017 und 2019) König der Zweitliga-Torjäger zu werden. Vor dem Stadtduell sprach die MOPO mit ihm über seine Erfolgsgeheimnisse und St. Paulis Guido Burgstaller, der in der Torschützenliste gerade mächtig aufholt.
MOPO: Herr Terodde, schaut man sich Ihre Vita und die Vereine an, für die Sie gespielt haben, erkennt man ein Faible für Traditionsklubs. Da drängt sich die Frage auf: Was halten Sie eigentlich vom FC St. Pauli?
Simon Terodde: Das ist fraglos auch ein Traditionsverein, der zwischendurch eine Bereicherung für die Bundesliga war. Durch gute Arbeit in den vergangenen Jahren sind sie zu einem festen Bestandteil der Zweiten Liga geworden.
Terodde wechselte im Sommer 2020 zum HSV
Seit vergangenen Sommer leben Sie als Rivale in derselben Stadt. Nehmen Sie St. Pauli seitdem anders wahr?
Es wird dir schon von Anfang an bewusst, dass es diese zwei besonderen Stadtderbys pro Saison geben wird. Klar, dass man dann auch mal mit einem Auge auf St. Pauli schaut. Es kribbelt in der Woche vor dem Aufeinandertreffen. Aber dadurch, dass uns ein paar Tabellenplätze trennen, sind Sie ja über die Saison gesehen nicht unser größter Konkurrent.
Eher Ihr größter Liebling. Zehn Mal schon haben Sie gegen St. Pauli getroffen.
Aber wahrscheinlich habe ich auch gegen keinen Gegner öfter gespielt (lacht).
Das stimmt. 14 Mal bereits. Dennoch: Gibt es so etwas wie Lieblingsgegner, gegen die aus unerklärlichen Gründen manches leichter fällt?
Nein, so gehe ich nie in ein Spiel. Mein Papa hat sowas eher auf dem Schirm, der schickt mir vor dem Spiel gern mal Nachrichten und schreibt: Gegen die hast du oft getroffen. Oder: Hey, gegen die bist du jetzt mal dran. Das nehme ich dann natürlich auf. Aber es beeinflusst mich nicht. Auch nicht vor dem Stadtderby.
Der HSV ist nach 22 Spieltagen Spitzenreiter der Zweiten Liga
Vor Wochen noch wäre jeder davon ausgegangen, dass der HSV am kommenden Montag klarer Favorit ist. Haben sich diese Vorzeichen etwas verschoben?
Wir hören doch von allen Seiten immer: Wenn du beim HSV spielst, gehst du in der 2. Liga in jedes Spiel als Favorit. Diese Rolle nehme ich dann auch gern an. Natürlich hat sich St. Pauli stark unten raus gekämpft. Aber wie gesagt, meistens sind wir favorisiert – rein tabellarisch auch im Derby.
Zuletzt aber bekam das Selbstverständnis Risse. Drei Spiele ohne Sieg, als negativer Höhepunkt das 2:3 bei Schlusslicht Würzburg. Wie kann so eine Leistung zustande kommen?
Anders als in Braunschweig, wo wir ja auch 0:2 zurücklagen, hat Würzburg es geschafft, uns vom Tor wegzuhalten. Das war der Grund. Es war eine absolut verdiente Niederlage. Genau dieser Fakt war nach dem Spiel ja so enttäuschend.
Ihr Sportdirektor Michael Mutzel sagte nun, dass der Ausgang des Derbys vom HSV abhänge. Motto: Wenn der HSV gut drauf ist, wird es schwer für St. Pauli.
Ich will einfach dieses Spiel gewinnen. Wie wir das schaffen, ist mir eigentlich egal. Wir wollen am Montag und am Ende der Saison erfolgreich sein, deshalb brauchen wir diesen Sieg. Dafür müssen wir vielleicht mehr als ein Tor machen, denn St. Pauli hat auch Qualität.
Am Montag trifft Terodde auf St. Paulis Burgstaller
Insbesondere im Angriff, wo mit Guido Burgstaller der Stürmer der Stunde spielt. Ihre Wege haben sich in den vergangenen Jahren immer mal wieder gestreift.
Ich habe Guidos Weg sehr gut verfolgen können, wir haben ja auch zeitgleich in der Bundesliga gespielt. Er hat Schalke seinen Stempel aufgedrückt. Dass St. Pauli so einen Stürmer vor der Saison verpflichten konnte, war wirklich ein Ausrufezeichen. Und jetzt sieht man ja, wie sehr er ihnen in der Hinrunde gefehlt hat, als er verletzt war.
Burgstaller hat in den vergangenen sieben Spielen immer getroffen …
Sollte er gegen uns auch treffen, brauchen wir eben mindestens zwei Tore (lacht).
Burgstaller hat uns erzählt, Sie seien sich auch schon privat in Hamburg begegnet.
Ja, auf dem Spielplatz, mit unseren Kindern. Wir haben ein wenig Smalltalk gehalten und uns auch für demnächst mal dort verabredet. Aber vorm Derby ganz sicher nicht (lacht).
Was auffällt: Burgstaller ist 31 Jahre alt, Sie werden am Dienstag 33. Hilft Ihnen Ihre Reife?
Durch die Erfahrungen die man sammelt, wird man sicherlich stärker. Durch die Erfahrungen die man sammelt, wird man sicherlich stärker. Das hilft auch in Zeiten, in denen es mal nicht so läuft. Mir hilft auch, dass ich ein Bewusstsein dafür entwickelt habe, was ich für einen tollen Sport ausüben darf. Darüber habe ich mit 21 oder 25 vielleicht noch nicht so intensiv nachgedacht.
Terodde: Darum verkrampfe ich vor dem Tor nicht
Wie schaffen Sie es, nicht zu verkrampfen, wenn Sie mal eine Weile lang nicht treffen?
Auch da hilft die Erfahrung. Wenn ich ein, zwei Spiele lang nicht treffe, weiß ich, dass im dritten Spiel wieder Chancen kommen werden. Weil mir bewusst ist, dass ich in einer sehr guten Mannschaft spiele. Ich bin ja nicht grundlos zum HSV gekommen, sondern weil mir klar war, dass wir viel Ballbesitz haben würden und ich durch unsere Spielweise viele Torchancen bekomme. Deshalb werde ich nicht nervös, wenn es mal nicht so klappt. Es gibt keinen Grund, dann gleich mein Handy auszuschalten.
Haben Sie ansonsten spezielle Erfolgsrezepte?
Nichts Besonderes. Natürlich achte ich auf ausgewogene Ernährung und guten Schlaf.
Wie viele Stunden brauchen Sie pro Nacht?
Kommt drauf an. Meine Kinder, die jetzt zwei und fünf Jahre alt sind, müssen auch mitspielen. Aber sie fangen jetzt an, durchzuschlafen. Wenn ich von 22.30 Uhr bis halb sieben morgens schlafen, ist das gut. Ich kann nur sagen: Ich fühle mich sehr fit und will noch so lange wie möglich auf hohem Niveau spielen.
HSV-Vertrag endet im Sommer – was wird aus Terodde?
Ihr Vertrag beim HSV endet allerdings im Sommer. Haben Sie mit dem Verein schon besprochen, wie es dann weitergehen könnte?
Wir haben jetzt erstmal das Derby. Nur darauf fokussiere ich mich. Alles andere werden wir dann zu gegebener Zeit sehen.
Wie sich Derbys anfühlen, wissen Sie seit Jahren. Nehmen Sie uns mal bitte mit in Ihre Derby-Welt. Was war Ihr schönster Moment?
Das Tor für Köln zum 2:1 gegen Gladbach vor drei Jahren. Das war das Spiel direkt nach meiner Rückkehr zum FC, ich habe in der 95. Minute getroffen, es wurde gar nicht mehr angepfiffen. Das war krass, schöner ging es nicht.
Und Ihr schlimmster Moment?
Keine Niederlage, aber eine große Enttäuschung. Mit Union Berlin haben wir bei Hertha vor 70 000 Fans zur Pause 2:0 geführt aber das Ding nicht nach Hause gebracht. Kurz vor Schluss fingen wir uns den Ausgleich.
Am Tag nach dem Derby wird HSV-Torjäger Terodde 33 Jahre alt
Nun der nächste Derby-Akt. Am Tag danach feiern Sie Geburtstag. Haben Sie schon Pläne?
Es wäre erstmal schön, mit drei Punkten im Gepäck reinzufeiern und wieder aufzuwachen. Das wäre doch ein guter Start in den Geburtstag.