Ausgerechnet im Derby: Hat Baumgart jetzt auch dieses HSV-Problem gelöst?
Das im Fußball inflationär verwendete Wort ausgerechnet ließe sich mit Blick auf das Stadtderby aus beiden Perspektiven benutzen. Ausgerechnet bei den Standard-Königen vom FC St. Pauli musste man sich am späten Freitagabend über ein „billiges“ Gegentor ärgern. Und, wenn man die Sichtweise des HSV einnimmt: Robert Glatzel traf gegen den Kiezklub ausgerechnet nach einem Eckball zum 1:0-Sieg. Hat Steffen Baumgart jetzt auch dieses Problem gelöst?
Bevor der 52-Jährige den Trainer-Posten übernahm, war angedeutetes Problem jedenfalls ein offensichtliches. Und es war auch eines, das sich mit Zahlen untermauern ließ: Ganze 100 Eckstöße hatte der HSV bis zur Winterpause zugesprochen bekommen – aber nur einmal nach solch einem ruhenden Ball getroffen. László Bénes hatte im Dezember gegen Eintracht Braunschweig eine Ecke kurz ausgeführt, Jean-Luc Dompé anschließend geflankt und Guilherme Ramos schließlich per Kopf die 1:0-Führung (Endstand 2:1) erzielt.
HSV hat die meisten – und trifft mal wieder nach einer Ecke
Bis zu Tim Walters letztem Spiel gegen Hannover 96 kam ansonsten, was Treffer nach Ecken angeht: nichts. In einer Statistik der DFL, die die Torgefahr nach Eckstößen (inklusive der daraus entstandenen Chancen) als Grundlage betrachtet, war der HSV nach dem Rückrundenstart ligaweit Vorletzter. Demnach waren Hamburgs Ecken zu diesem Zeitpunkt 44 Prozent ungefährlicher als es sie dem Zweitliga-Durchschnitt zufolge sein mussten. Und jetzt?
Nach wie vor ist der HSV der Zweitligist mit den meisten Ecken in dieser Saison. Annähernd so viele wie die Rothosen (206) haben nach 32 Spieltagen lediglich Holstein Kiel (193), Greuther Fürth (191) und der KSC (187) geschlagen. Jetzt aber ist der HSV laut besagter Statistik nach Eckbällen „nur noch“ 21 Prozent ungefährlicher als der Liga-Durchschnitt. Und der HSV ist in dieser Hinsicht nicht mehr Tabellen-17. – sondern seit dem Derbysieg jetzt immerhin Zwölfter.
St. Pauli bei Ecken gefährlicher – doch HSV trifft zum Sieg
Denn Glatzel köpfte in der 85. Minute ja nach einer Ecke – und dank Mithilfe von St. Pauli-Keeper Nikola Vasilj – ins Glück. Ausgerechnet gegen die Kiezkicker also, die sich im Volkspark nur eine Ecke erspielten (HSV: fünf), deren Standard-Varianten in dieser Saison zuvor aber schon so manchen Gegner überrascht hatten. St. Paulis Ecken sind sogar 55 Prozent gefährlicher als der Liga-Durchschnitt. Jetzt aber sorgte ein Eckstoß des Gegners für den großen Derby-Frust – während der HSV zum zweiten Mal unter Baumgart nach einer Ecke jubelte.
Ende März in Fürth hatte Miro Muheim nach einer kurz ausgeführten Variante sehenswert aus der Distanz zur zwischenzeitlichen Führung (Endstand 1:1) getroffen, am vergangenen Freitag war der Schütze also Glatzel – ausgerechnet auf diese Art und Weise, was beim Stadtnachbarn maximales Kopfschütteln auslöste. Zur Wahrheit gehört aber auch: Der HSV-Torjäger hatte Anfang Februar in Walters letztem Ligaspiel ebenfalls nach einer kurz ausgeführten Ecke eingenickt, damals zum zwischenzeitlichen 3:3 (Endstand 3:4).
Bereits vor unmittelbar Walters Ausscheiden hatte der HSV seine in der Hinrunde gruselig erscheinende Ecken-Statistik also schon ein wenig verbessert. Unter Baumgart, der am Tag vor dem Derby noch unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Stadion Standards trainieren ließ, ist dieses Problem nun aber noch einmal kleiner geworden. Wie viele andere Aspekte könnte es am Saisonende dennoch mit-ursächlich für den Nichtaufstieg sein. Wenn auch nicht in entscheidendem Maße.