Baller-Garantie in Lautern? HSV-Trainer Baumgart erfindet sich neu
Von einem ganzheitlichen Umdenken, was seine Spielphilosophie betrifft, wollte Steffen Baumgart am Donnerstag nicht sprechen. Mit der Anekdote, die er dann ausplauderte, verriet er aber doch, dass er sich als Trainer in den vergangenen Jahren peu à peu neu erfunden hat. Als Coach des HSV scheint Baumgart seit Februar und spätestens seit dieser Saison zu früheren Grundsätzen zurückzukehren. Ob sich das auch in Kaiserslautern aufrechterhalten lässt? Eigentlich gibt es mit Blick aufs Zweitliga-Topspiel eine Baller-Garantie.
Baumgart gegen Markus Anfang: Wenn diese beiden Fußballlehrer aufeinandertreffen, scheppert’s eigentlich immer – weniger an der Seitenlinie, aber in den viereckigen Gehäusen, die den jeweiligen Teams der beiden Coaches in der Vergangenheit gehörten. Der heutige HSV-Trainer und Anfang, seit dieser Saison Übungsleiter beim 1. FCK, trafen bislang viermal aufeinander. Die Bilanz: 5:3 für Baumgart (Paderborn gegen Köln), 3:2 für Baumgart (Paderborn gegen Köln), 4:0 für Baumgart (Paderborn gegen Darmstadt) und ein 3:2 für Anfang (Darmstadt gegen Paderborn).
Zwischen Baumgart und Markus Anfang fallen viele Tore
Was (auf)fällt: Tore. Sehr viele Tore. Insgesamt 22 Treffer in den vier Duellen zwischen Baumgart und seinem Gegenüber, der jetzt in Kaiserslautern das Sagen hat. Das macht 5,5 Buden pro Aufeinandertreffen. Und wenn an diesem Samstag (20.30 Uhr, Liveticker auf MOPO.de) auf dem Betzenberg das fünfte ansteht, könnte man zudem auch deshalb von einer Baller-Garantie ausgehen, weil der letzte Gastauftritt des HSV in der Pfalz sogar mit sechs Toren endete. 3:3 hieß es am 23. Oktober 2023, in der Hinrunde der Vorsaison, nach einer turbulenten Partie unter Ex-Trainer Tim Walter.
Baumgart war damals noch Trainer in Köln, der 52-Jährige weiß über das Fritz-Walter-Stadion aber, „was da abgeht, wenn ein Freistoß, eine Ecke, eine Flanke nach der anderen reinfliegt“, also in den Strafraum des Gastes. „Es wird ein heißer Tanz“, ist sich Baumgart sicher und kündigte an: „Wir wollen unser Spiel durchsetzen.“ Das bedeutet: Offensivfußball, viele Chancen und bestenfalls wieder viele Tore. Allein in den vergangenen beiden Partien, dem 4:1 gegen Münster und dem 5:0 gegen Regensburg, netzte der HSV neunmal ein.
„Jemand, der den Bus parkt“: Was der HSV-Caoch änderte
Es lief ganz nach dem Geschmack von Offensiv-Liebhaber Baumgart – aber nicht nur im Angriff, sondern vor allem auch defensiv. Denn der Coach verriet am Donnerstag, welche persönliche Fußball-Philosophie er einst entwickelte, als er seinen Fußballlehrer machte. „Da habe ich eigentlich eher gedacht, ich bin jemand, der den Bus parkt und eher über Kontersituationen kommt“, verriet Baumgart. „Stabil stehen und gut nach vorne spielen war eigentlich mein Ansatz, als ich mal angefangen habe als Trainer.“ Das habe sich während seiner Zeit in Paderborn gewandelt.
Mit dem SCP stieg Baumgart 2018/19 in die Bundesliga auf, obwohl sein Ex-Klub in besagter Saison insgesamt 50 Gegentore schlucken musste. Dem gegenüber standen 76 eigene Paderborner Treffer. Gelebter Offensivfußball eben, aus Überzeugung – wenn auch verbunden mit Risiken in der Verteidigung. Genau diese scheint Baumgart beim HSV nun minimieren zu wollen. Er komme „ein bisschen zurück“ zu seiner alten Idee aus der Fußballlehrer-Zeit, gesteht Baumgart und erklärt: „Wenn du ein großes Ziel hast, brauchst erstmal eine stabile Defensive. Das ist für uns das ganz klare Augenmerk. Und das ist, glaube ich, auch zu sehen.“ Im bisherigen Saisonverlauf definitiv.
Beim HSV soll die Balance zwischen Sturm und Abwehr passen
Der HSV kassierte an den ersten fünf Spieltagen erst vier Gegentore, was kein Zufall ist, denn Sebastian Schonlau verriet kürzlich: „Es ist kein Geheimnis, dass wir einen großen Fokus in der Vorbereitung auf die Defensive gelegt haben – und dass wir schon deutlich etwas verändert haben im Vergleich zum letzten Jahr.“ Damit dürfte der HSV-Kapitän vor allem die Hinrunde gemeint haben, als Walter noch der Chef im Volkspark war. Denn zur Wahrheit gehört: Auch in den zwölf Rückrundenspielen unter Baumgarts Regie kassierte der HSV lediglich elf Gegentore.
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„Wir wollen trotzdem Tore machen“, sagt Baumgart jetzt und verdeutlicht: An seiner Vorliebe für offensiven Power-Fußball hat sich nichts geändert. Nur die Balance, die soll in dieser Saison endlich stimmen, weshalb sich Baumgart wieder auf frühere Tage als Trainer zurückbesonnen hat. „Das mag für den einen oder anderen ein Umdenken sein“, sagt er. Aber wer Baumgarts Ansätze kennt, zudem seine Bilanz gegen Markus Anfang und das letze HSV-Ergebnis in Kaiserslautern, der weiß: Am Samstag könnte es bei aller Neuerfindung wieder sehr oft in den Netzen scheppern.