Das große Corona-Beben: Wie lange kann der HSV das überleben?
Nachdem die DFL die Zeichen auf Alarm stellte, wird nun auch im Volkspark jeder Stein umgedreht. Niemand weiß, wann in den Bundesligen wieder gespielt werden kann. Die HSV-Bosse müssen genau kalkulieren, um herauszufinden, wie lange ihr Verein überleben könnte. Da kommt dann auch wieder Investor Klaus-Michael Kühne ins Spiel.
Sie reisten getrennt an und auch wieder ab. Die HSV-Vorstände Bernd Hoffmann und Jonas Boldt wählten unterschiedliche Routen zur DFL-Versammlung in Frankfurt. Aus Schutz vor dem Coronavirus, sagen die einen, wäre aber eigentlich trotzdem nicht notwendig gewesen, meinen die anderen. Sei’s drum. Allen atmosphärischen Störungen zum Trotz werden die Bosse in den kommenden Wochen intensiv zusammenarbeiten müssen. Denn bis Ende März muss der HSV der DFL gemeldet haben, ob und wie er während der Corona-Krise über die Runden kommen will.
HSV-Aufsichtsrat Köttgen bittet Vorstand um Kalkulationen
„Wir müssen einen Überblick darüber bekommen: Wer hält wie lange ohne Spiele aus?“, ließ DFL-Geschäftsführer Christian Seifert am Montag wissen. Wie alle Klubs wird nun auch der HSV einen Notfallplan aufstellen müssen. Nach MOPO-Informationen bat Aufsichtsratschef Max-Arnold Köttgen Finanz-Vorstand Frank Wettstein sogar bereits am Sonntag schriftlich um Kalkulationen für jedes erdenkliche Szenario. Die Antworten darauf soll er nun zeitnah in den kommenden Tagen erhalten.
Aber wie lange kann der Verein ohne TV- oder Zuschauereinnahmen überleben? Was die MOPO erfuhr, dürfte viele Fans zunächst beruhigen. Denn selbst beim Worst-Case-Szenario, dem Abbruch der Saison, der unbedingt verhindert werden soll, wird vereinsintern davon ausgegangen, dass die Existenz des Klubs wohl nicht gefährdet wäre. Die dann zu erwartenden Mindereinnahmen von bis zu 20 Millionen Euro würden dem HSV zwar gehörig wehtun, ihn aber nicht zerstören. Anders könnte es dem Vernehmen nach zum Beispiel bei Werder Bremen, Mainz 05 oder dem 1.FC Köln aussehen.
Bei Geisterspielen verliert der HSV bis zu sieben Millionen Euro – ohne bis zu 20 Millionen!
Klar ist auch: Sollte wieder gespielt werden, sind ausschließlich Geisterspiele zu erwarten. Auch das würde den HSV, der noch fünf Heimspiele hätte, treffen und ihm Einnahmen von bis zu sieben Millionen Euro rauben. Dass einige Vereine während der DFL-Versammlung verlautbaren ließen, Geisterspiele würden sie nicht wollen, sorgte bei den HSV-Delegierten im Übrigen für Unverständnis. DFL-Boss Seifert sah sich daraufhin gezwungen, drastische Worte zu wählen – und daran zu erinnern, dass nur Geisterspiele die Existenz mehrerer Klubs retten könnte.
Wie der HSV die fehlenden Geisterspiel-Millionen aufzufangen gedenkt, wird jetzt geprüft. Der Ansatz: alles kann, nichts muss. So halten sich die Bosse offen, mit Spielern über Gehaltsverzichte zu sprechen, kurzfristig ist das aber nicht geplant. Auch Investor Klaus-Michael Kühne spielt in den Gedanken eine Rolle. Diese Idee könnte in der Tat zügig Fahrt aufnehmen, befinden sich Kühne und der HSV doch ohnehin in Gesprächen im Zuge der auslaufenden Namensrechte am Stadion.
Am Dienstag wird im Volkspark wieder trainiert
Am Dienstag zumindest soll im Volkspark wieder Fußball gespielt werden. Der HSV und auch der FC St. Pauli gehen davon aus, die entsprechenden Ausnahmegenehmigungen der Stadt im Laufe des Tages zu erhalten, das gilt als Formsache. Für den Nachmittag hat Dieter Hecking seine Profis zur Besprechung geladen, anschließend, so ist der Plan, will er mit ihnen auf den Platz marschieren. Wie es danach weitergeht und ob die Profis im Anschluss erstmal trainingsfrei bekommen, all das will Hecking seiner Mannschaft am Dienstag mitteilen.