Krasser Aufstieg: HSV-Bezwinger Elversberg darf von der Bundesliga träumen
Als Horst Steffen im Oktober 2018 die SV Elversberg im Abstiegskampf der Regionalliga Südwest übernahm, lief auf Schalke noch regelmäßig die Hymne der Champions League. Eher triste Wochenendausflüge auf Dorfsportplätze wie Balingen oder Walldorf standen damals magischen Europapokal-Abenden in Königsblau gegenüber. Gut sechs Jahre später prallen diese einst so verschiedenen Welten in der 2. Bundesliga aufeinander – und das sogar mit der „kleinen“ SV Elversberg in der Favoritenrolle.
Der familiäre Klub aus der 12.800-Einwohner-Gemeinde Spiesen-Elversberg kann mit einem Sieg gegen das „große“ Schalke am Freitag (18.30 Uhr/Sky) die Herbstmeisterschaft klarmachen. Am vergangenen Spieltag übernahm die SVE, die auch schon den HSV geschlagen hat (4:2), erstmals die Tabellenführung – und weckt im Saarland 31 Jahre nach dem Abstieg des 1. FC Saarbrücken Hoffnungen auf Bundesliga-Fußball. „Träumen darf jeder im Saarland. Ich habe noch keine Fantasie, dass das ein Aufstieg in die erste Liga wird“, sagt Trainer Steffen nüchtern.
Trio für Elversbergs Durchmarsch verantwortlich
Er selbst ist gemeinsam mit Sportvorstand Nils-Ole Book sowie dem Aufsichtsratsvorsitzenden Frank Holzer, dessen Firma Ursapharm Hauptgeldgeber ist, einer der Motoren des Erfolgs. Aus einem Team im Abstiegskampf der Regionalliga formte der dienstälteste Coach der Vereinsgeschichte ein Spitzenteam, schaffte nach zwei zweiten Plätzen den ersehnten Aufstieg. Es folgte der direkte Durchmarsch als Drittliga-Meister – und ein Premierenjahr in Liga zwei ohne Abstiegssorgen.
Unruhe wie auf Schalke kennt man an der Kaiserlinde nicht. „Vielleicht ist das Unaufgeregte schon unser Erfolgsgeheimnis“, erklärte Book: „Wir legen größten Wert darauf, dass wir auf dem Boden bleiben. Wir leben hier auch nicht im Luxus. Grundlage unseres Erfolgs sind Fleiß, Demut und harte Arbeit.“ Ohne diese Attribute hätte der Verein „im Profifußball keine Daseinsberechtigung mehr“.
Wichtiger Baustein sind zudem die alljährlichen Leihgeschäfte. Stuttgarts Super-Joker Nick Woltemade schoss die SVE einst in Liga zwei, Paul Wanner, derzeit vom FC Bayern beim 1. FC Heidenheim geparkt, war tragende Säule auf dem Weg zum Klassenerhalt in der Vorsaison.
Mit Topscorer Fisnik Asllani und Muhamed Damar von der TSG Hoffenheim sowie Frankfurts Elias Baum fand der Sportvorstand auch in dieser Spielzeit junge Leih-Juwele. Dazu entwickelte Steffen bereits seit der Regionalliga treue Profis wie Kapitän Robin Fellhauer oder Torhüter Nicolas Kristof stets weiter.
Steffen: Aufstieg „nicht realistisch“
Im verflixten zweiten Jahr liegen die Elversberger freilich nur vier Punkte vor Platz zehn, sie sind mit 28 Zählern nach 16 Spieltagen auch der punktschlechteste Tabellenführer der Liga-Historie. Aufstiegsträume seien angesichts der knappen Tabellensituation daher noch „nicht realistisch“, sagt Steffen: „Wenn wir am 30. oder 31. Spieltag diese Position haben, können wir weiterträumen.“
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Bei aller Bescheidenheit würden die „im Flow“ befindlichen Elversberger einen Aufstieg „auf jeden Fall annehmen“, sagt Book. Die für das bis 2026 im Bau befindliche Stadion nötige Sondergenehmigung solle ebenso wenig wie der fehlende Rathausbalkon zum unüberwindbaren Hindernis werden. Im Fall der Fälle, so Bürgermeister Bernd Huf in der „WAZ“, werde wie schon nach der Drittligameisterschaft von einem lokalen Gerüstbauer „ein mobiler Balkon“ vor dem Rathaus aufgebaut. (sid/tm)