Der HSV im Kader-Check: Wo braucht es noch Transfers?
Die Transferperiode, sie dauert noch bis zum 31. August an. Vieles kann noch geschehen, auch in den letzten Tagen und Stunden, wie der Last-Minute-Transfer von Ex-Keeper Sven Ulreich vor Jahresfrist offenbart hat. Und doch bietet der anstehende Saisonstart schon jetzt die Gelegenheit, die bisherigen Aktivitäten und den HSV-Kader einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Manches ist auf dem Papier besser als während der letzten Spielzeit – woanders drückt aber auch noch der Schuh.
Wie im Vorjahr haben Sportvorstand Jonas Boldt und Sportdirektor Michael Mutzel bislang sechs Neuzugänge verpflichtet. Der Unterschied: Im Transfersommer 2020 kam mit Moritz Heyer nur ein Profi kostenpflichtig an die Elbe (600.000 Euro Ablöse an den VfL Osnabrück), die übrigen fünf – unter anderem Simon Terodde, Toni Leistner und Amadou Onana – waren ablösefrei. Neben der Abgabe von Ex-HSV-Profi Berkay Özcan (für 2,5 Millionen Euro zu Basaksehir Istanbul) ein zentraler Grund dafür, dass sich das Transferplus im letzten Jahr bei 2,45 Millionen Euro einpendelte.
HSV: Die Transfers im Vergleich zum Vorjahr
In diesem Sommer sieht der Rechenzettel etwas anders aus. 500.000 Euro Einnahmen (Rick van Drongelen zu Union Berlin) stehen 1,6 Millionen Euro Ausgaben gegenüber. Zwar wurden Neu-Kapitän Sebastian Schonlau sowie Mittelfeldstratege Ludovit Reis ebenfalls ablösefrei geholt, zudem mit Mikkel Kaufmann ein Talent gebührenfrei ausgeliehen – für die übrigen Neuzugänge mussten die Verantwortlichen aber die Tasche zücken. Dahingehend war Robert Glatzel am teuersten (900.000 Euro), Jonas Meffert auch nicht viel billiger (500.000 Euro). Für Leihgabe Miro Muheim wurden außerdem 200.000 Euro Gebühr fällig. Unterm Strich bleibt daher ein Defizit von 1,1 Millionen Euro.
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Ein Umstand, der sich aber auch im Marktwert der Mannschaft ausdrückt. Während die Profis in der abgelaufenen Spielzeit laut „transfermarkt.de“ einen Gesamt-Wert von insgesamt 35,6 Millionen Euro aufwiesen, stehen für die anstehende Runde knapp drei Millionen mehr (38,53 Millionen) zu Buche.
In Abwehr und Mittelfeld ist der HSV gut aufgestellt
Aber auch ein Umstand, der sich im besten Fall in einer besseren Qualität niederschlagen soll – im Zweifel auch zulasten der Spieler-Quantität. So hat sich die Konkurrenz-Gemengelage auf den einzelnen Positionen durchaus verändert. In der Innen- und Rechtsverteidigung ist die Ausgangssituation vergleichbar mit 2020/21. Wie in der letzten Runde stehen zwei rechte (Jan Gyamerah, Josha Vagnoman) sowie fünf zentrale Abwehrspieler zur Verfügung. Statt van Drongelen und Gideon Jung ergänzen nun Schonlau und der beförderte Maximilian Rohr die Auswahl aus Leistner, Jonas David und Stephan Ambrosius (noch verletzt).
Auch im Angriff ist der Status quo vergleichbar mit jenem aus der letzten Saison. Manuel Wintzheimer und Robin Meißner sind noch da, Glatzel ist der erhoffte Eins-zu-eins-Ersatz für Terodde und Kaufmann ist allein dazu imstande, die Teilzeitkräfte Lukas Hinterseer (in der Winterpause nach Südkorea gewechselt) und Bobby Wood (im April in die US-amerikanische MLS) zu ersetzen.
Der HSV im Kader-Check: Wo drückt der Schuh?
Spannend wird es an anderer Stelle. Nominell besser aufgestellt sind die Rothosen nunmehr auf der Linksverteidiger-Position, Muheim fungiert hier ab sofort als Alternative für Tim Leibold – ein Back-up, das der neue Vize-Kapitän zuletzt nicht hatte. In der Mittelfeldzentrale dürfte der HSV dank kluger Transfers (zumindest zahlenmäßig) ebenfalls besser aufgestellt sein. Kiel-Neuzugang Jonas Meffert stellt mehr als nur eine zusätzliche Option auf der Sechs dar – für die etablierten Kräfte Heyer, Klaus Gjasula und Onana ist er jedenfalls ein neuer, zusätzlicher Konkurrent. Wobei bei letztgenanntem derzeit auch ein Transfer im Raum steht.
Und auch weiter offensiv, wo Reis den abgewanderten Aaron Hunt ersetzt, sieht’s gut aus. Zudem gesellt sich mit Anssi Suhonen eine neue, ernstzunehmende Alternativlösung neben die bekannten Gesichter Jeremy Dudziak und David Kinsombi. Verglichen mit Moritz-Broni Kwarteng, der unter Horst Hrubesch Zweitliga-Luft schnappen durfte, den Verein nun aber verließ, zweifelsohne ein Upgrade.
So weit, so gut. Doch wo drückt der Schuh noch? Zweifelsohne im Kasten. Da, wo Ulreich in der abgelaufenen Runde noch ganz oben stand, sind die übrigen Torhüter in der Hierarchie nun erst einmal jeweils einen Platz nach oben gerutscht. Daniel Heuer Fernandes ist – stand jetzt – die Nummer eins, hinter ihm konkurrieren Tom Mickel und Nachwuchs-Keeper Leo Oppermann. Ein etwaiger neuer Torwart, etwa der gehandelte Oliver Christensen von Odense BK aus Dänemark, würde dem Kader noch gut zu Gesicht stehen.
Transfer-Schluss 31. August: Holen Boldt und Mutzel noch Neue?
Zudem ist die Lage auf den Außenbahnen nicht zu vergleichen mit jener aus 2020/21. Sonny Kittel und Bakery Jatta, die bedingt durch die taktische Ausrichtung des Trainers auch zentral auflaufen könnten, gehen vorneweg. Mit Aaron Opoku gibt’s allerdings nur eine weitere Option – letztes Jahr, als Khaled Narey, Ogechika Heil und zumindest auch in der Hinserie der nun wieder verliehene Xavier Amaechi bereitstanden, war die Auswahl größer.
Gut möglich, dass Boldt und Mutzel in den kommenden Wochen hier noch einmal aktiv werden. Schließlich hatte Vorstand Boldt zuletzt immer wieder betont, dass bis zum „Stichtag“ Ende August noch vieles passieren könne. Spätestens dann darf Tim Walter zufrieden sein mit dem Kader, den ihm seine Vorgesetzten erstellt haben. Ein Kader, der durchaus das Potenzial hat, besser zu sein als der letztjährige – auf dem Papier.