Merlin Polzin umarmt Jonas Meffert

Erfolgsgarant: HSV-Trainer Merlin Polzin (l.) eilt mit seinen Profis (hier Jonas Meffert) gerade mit großen Schritten dem Ziel Aufstieg entgegen. Foto: WITTERS

Es begann mit einem Schwur: So formte Polzin den HSV zum Aufstiegsfavoriten

Rang eins nach 26 Spieltagen, drei Zähler Vorsprung auf den Relegationsplatz – niemals zuvor in seiner Zweitliga-Historie stand der HSV zu so einem späten Zeitpunkt der Saison an der Tabellenspitze. Hamburgs Fans genießen die Situation und träumen vom Aufstieg. Was aber macht den HSV plötzlich so stark? Wieso haben die Profis deutlich erkennbar alle Handbremsen gelöst und starten seit Jahresbeginn durch? Das Geheimnis des Erfolges hängt nicht zuletzt mit einem Kniff zusammen, den Trainer Merlin Polzin und sein Staff vor rund zwei Monaten anwendeten und der sich sofort auszahlte.

Daniel Elfadli wusste auch nicht so recht, was er davon halten sollte, dass der HSV-Express nun gezwungenermaßen erst mal aufgehalten wird. „Die Länderspielpause kommt ein bisschen zum falschen Zeitpunkt“, erklärte der Mittelfeldmann nur wenige Minuten nach dem 3:0 in Magdeburg. „Den Flow hätten wir jetzt gut in die weiteren Spiele mitnehmen können.“ Aber was soll’s, sagte er dann, zuckte lächelnd mit den Achseln und zog weiter.

Der HSV spielt plötzlich auch im Zweitliga-Frühjahr stark

Eine Zuversicht und eine Gelassenheit, die nicht nur Elfadli, sondern auch seine Kollegen ausstrahlen und die man in den vergangenen Jahren im Volkspark nicht kannte. Selbst das so oft gefürchtete Frühjahr kann dem HSV offenbar nichts anhaben, nach der März-Auftaktpleite in Paderborn (0:2) folgten die Topleistungen gegen Düsseldorf (4:1) und in Magdeburg. Was aber ist in diesem Jahr anders?

Eine Erklärung: Obwohl der HSV den in der Breite am stärksten besetzten Kader seiner Zweitliga-Geschichte besitzt, gibt es trotz des Konkurrenzkampfes keinerlei Eifersüchteleien im Team. Wo früher zumindest hinter vorgehaltener Hand genörgelt wurde, ziehen nun alle an einem Strang. Ein Verdienst von Coach Polzin und seinen Assistenten Loic Favé und Richard Krohn.

Den Grundstein legte HSV-Trainer Polzin im Türkei-Camp

Als maßgeblich für den enormen Zusammenhalt werden intern die Tage im Winter-Trainingslager im türkischen Belek bezeichnet. Während Polzins Vorgänger Steffen Baumgart am liebsten auf einen Trip in den sonnigen Süden verzichtet hätte, betonte Polzin gegenüber Sportvorstand Stefan Kuntz die Sinnhaftigkeit der Reise, um die Mannschaft zum Jahresstart noch weiter zusammenzuschweißen zu können.

Ein Schachzug, der aufging. Die Arbeit auf dem Platz war das eine. Daneben aber nutzte das Trainer-Team insbesondere die Abende im Teamhotel „Kempinski The Dome“ zu intensiven und teils langen Gesprächen mit jedem Profi. Ziel der Treffen war es, die Sinne für das große Ziel zu schärfen und jedem Einzelnen begreiflich zu machen, wie wichtig er für den gemeinsamen Erfolg ist – unter realistischer Einschätzung der eigenen Rolle im Team und befreit von persönlichen Eitelkeiten. „Ich habe der Mannschaft gesagt, dass es für mich nicht darum geht, dass wir einen Konkurrenzkampf um Positionen haben, sondern es der Anspruch eines jeden Spielers sein muss, im Training so Gas zu geben, dass die Mannschaft erfolgreich wird“, ließ Polzin wissen und fügte an: „Es geht darum, die Mannschaft durch die Duelle besser zu machen.“

HSV-Kapitän Schonlau ist auch als Reservist wichtig

Ein Schwur, den ganz offensichtlich alle Spieler mittragen. Sinnbildlich dafür stehen Sebastian Schonlau und Ransford Königsdörffer. Nachdem der Kapitän jahrelang gesetzt war, verlor er in diesem Kalenderjahr seinen Stammplatz, spielte in den vergangenen vier Partien keine Minute mehr. Dennoch ist nach jedem Spiel erkennbar, wie aufrichtig er sich mit seinen Kollegen freut.



MOPO

Die WochenMOPO – ab Freitag neu und überall, wo es Zeitungen gibt!
Diese Woche u.a. mit diesen Themen:

  • Exklusiv! Das geheime Kiffer-Paradies: Ein Besuch im Cannabis-Club
  • Totgerast: Der kleine Mirza (2) starb wegen eines illegalen Straßenrennens
  • Spektakuläre Bilder: Das Geheimnis um Hamburgs Schwebebahn
  • Große Rätselbeilage: Knobelspaß für jeden Tag
  • 20 Seiten Sport: HSV-Frauen schreiben Geschichte, der Poker um Selke & Schweinsteiger schwärmt von St. Pauli
  • 20 Seiten Plan7: Comedians aus aller Welt beim Krass-Festival & die besten Kultur-Events der Woche



Auch Königsdörffer, der in Magdeburg nur von Beginn auflief, weil Davie Selke gelbgesperrt war, erklärte nach seinem Doppelpack: „Es ist nicht schön, wenn man immer die zweite Wahl ist in manchen Momenten. Aber es gehört dazu, damit muss man klarkommen und sich in den Dienst der Mannschaft stellen, damit sie Erfolg hat.“

Polzin holte mit dem HSV im Schnitt 2,15 Punkte pro Spiel

Die HSV-Profis haben verstanden, was Polzin und seine Assistenten von ihnen erwarten. Das Resultat ist ein verschworener Haufen, der füreinander durchs Feuer zu gehen scheint und von Erfolg zu Erfolg eilt. Von 13 Partien unter Polzin verlor der HSV nur eine, holte im Schnitt 2,15 Punkte. Das schaffte zuvor in Liga zwei kein anderer Zweitliga-Trainer mit dem HSV, noch unter Baumgart waren es im Schnitt 1,6 Zähler.

Das könnte Sie auch interessieren: Verletzt! HSV-Profi sagt Länderspielreise ab

Vor den abschließenden acht Saisonspielen sind die Aussichten für den HSV rosig. „Wenn wir weiter so auftreten, sollten wir es schaffen“, erklärte Königsdörffer nach dem Sieg in Magdeburg in betont nüchternem Tonfall, aber voller Überzeugung. Eben so, wie er und seine Kollegen gerade auftreten – im Stile einer Mannschaft, die ihre Selbstzweifel verloren hat und daran glaubt, den Weg diesmal endlich bis zum Ende zu gehen.

Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp
test