Fast-Abbruch! HSV verliert Skandal-Spiel gegen Hannover – Walter extrem unter Druck
Die Botschaft, die um kurz nach 20 Uhr auf der Leinwand des Volksparkstadions zu lesen war, war eine deutliche. „Stoppen Sie weitere Störaktionen, sonst droht ein Spielabbruch.“ In diesen Minuten war von den beiden Mannschaften nichts zu sehen – denn Schiedsrichter Sören Storks hatte die Profis des HSV und von Hannover 96 in die Katakomben geschickt. Die Form des Fan-Protests gegen den Investoren-Deal der DFL war am Freitagabend eine neue, sie sorgte aber erneut für eine lange Spielunterbrechung. Irgendwann ging es weiter – und der HSV verlor in der Nachspielzeit dramatisch mit 3:4. Weshalb die Diskussionen um Coach Tim Walter wieder zunehmen.
Weil einige HSV-Anhänger während der Halbzeitpause Fahrradschlösser am Netz des Tores vor der Nordtribüne angebracht hatten, startete die zweite Hälfte mit Verzögerung. Als dann Dennis Hadzikadunic nach einer Ecke per Kopf zum 2:3 aus HSV-Sicht verkürzt hatte (47.), ruhte der Ball erst mal. Für eine ganze Weile.
96-Boss Martin Kind bei HSV-Heimspiel im Fadenkreuz
„Bitte unterlassen Sie Aktionen, die den Spielablauf stören“, lautete eine weitere Botschaft auf der Leinwand. Sie galt in erster Linie mehreren Fadenkreuz-Doppelhaltern im Gästeblock, von denen einer gegen Hannover-Präsident Martin Kind gerichtet war.
Erst 96-Kapitän Ron-Robert Zieler, und dann alle Hannover-Profis mit Trainer Stefan Leitl und Sportdirektor Marcus Mann schritten vor den Gästeblock, um deutlich zu machen, was bevorsteht. Wenn die Plakate nicht verschwänden, sagte der Stadionsprecher, „droht der Abbruch des Spiels“. Und der lag dann auch weiterhin in der Luft, als die beiden Teams nach einer gefühlten Ewigkeit auf den Platz zurückkehrten.
Wie in der Vorwoche im Olympiastadion, als nicht stoppende Tennisball-Würfe aus dem Hertha-Block für eine über 30-minütige Unterbrechung gesorgt hatten, wurde nach rund 36 Minuten aber immerhin weitergespielt. Um 20.20 Uhr wurde beim Stand von 2:3 also wieder angepfiffen – in der Hoffnung, dass weitere Aktionen, die einen Abbruch unausweichlich gemacht hätten, ausbleiben. Sie blieben zum Glück aus. Und der HSV versuchte verzweifelt, den Rückstand umzubiegen.
Pfiffe zur Pause, zwei Rote Karten und der K.o. am Ende
Wie beim 3:4 gegen den KSC lag er schnell mit 0:2 zurück, Nicola Tresoldi per Kopf (11.) und ein Eigentor von Guilherme Ramos (21.) hatten 96 in Führung gebracht. Dabei hatte sich Coach Tim Walter vorm Anpfiff bei Sky noch siegessicher gezeigt: „Am Ende werden wir die Oberhand haben.“ Die Hoffnung kehrte zurück, als László Bénes technisch elegant auf 1:2 verkürzte (24.). Doch Louis Schaub stellte den alten Abstand wieder her (32.) und Walter kam an der Seitenlinie aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus.
Wieder viele Heim-Gegentore. Wieder keine Bestätigung der guten Defensiv-Leistung aus der Vorwoche. Konstanz im positiven Sinne? Mitnichten. Was die Fans auch mit Pfiffen zur Pause quittierten.
Dabei wurde die Mission klar formuliert. „Wir wollen“, hatte Walter angekündigt, „eine Serie starten.“ Schritt eins dafür: Erstmals seit fünf Monaten in zwei aufeinanderfolgenden Zweitliga-Wochen zu gewinnen. Es ist ein Ziel, dessen Erreichen man von einem selbsternannten Aufstiegsanwärter erwarten kann, ja können muss. Und tatsächlich glich der HSV nach der Unterbrechung spät durch Robert Glatzel aus (86.). Doch nachdem Vorlagengeber Bénes wegen rohen Foulspiels Rot sah (88.), traf Sebastian Ernst in der 16-minütigen Nachspielzeit zum 3:4 (90.+7). Hadzikadunic sah noch Gelb-Rot (90.+16). Es war der späte K.o. für den HSV.
HSV-Boss Boldt: „So können wir nicht weiterspielen“
Wieder kein Heimsieg. Wieder keine Siegesserie. Sondern nur Frust. „Wir müssen über die vielen Gegentore zu Hause reden. Das ist sehr, sehr enttäuschend“, sagte Tim Walter. Ins Detail konnte oder wollte er noch nicht gehen – wird es intern aber tun müssen, um seinen Job erneut zu retten.
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„So können wir nicht weiterspielen“, klagte Jonas Boldt. „Wir haben vor der Winterpause bewusst gesagt, dass wir Dinge verbessern wollen. Auswärts haben wir es hinbekommen, hier nicht. Das müssen wir schleunigst ändern.“ Auch wenn er sich bei Sky nicht zur Trainer-Frage äußern wollte, sagte der Sportvorstand doch deutlich: „Die Herangehensweise, wie wir hier arbeiten, müssen wir grundsätzlich hinterfragen.“ Wie schon nach der Hinrunde, als Walter seinen Job behielt. Das Skandal-Spiel könnte aber auch für ihn Folgen haben.