„Fortschritt war das nicht“: Wildes 2:2 in Rostock befeuert HSV-Trainerfrage erneut
Das hatten sie sich anders vorgestellt. Spiel eins nach der Entlassung von Tim Walter endete für den HSV enttäuschend, auch mit Merlin Polzin als Cheftrainer läuft es nicht rund. Das teilweise vogelwilde 2:2 (1:0) beim stark abstiegsbedrohten FC Hansa Rostock muss als weiterer Rückschritt gewertet werden. Stellt sich die Frage: Verpflichtet der HSV nun doch einen neuen, erfahrenen Trainer, um das Ruder im Aufstiegskampf rumzureißen?
Als er eine knappe Stunde nach dem Abpfiff um ein Fazit seines ersten Spieltags als Cheftrainer gefragt wurde, musste Polzin unvermittelt lächeln. Bei aller Enttäuschung, die den HSV nach dem Remis an der Ostsee umwehte, das alles war schon etwas ziemlich Großes für den 33-Jährigen, der zuvor als Assistenztrainer unter Walter gearbeitet hatte. „Natürlich war es etwas Besonderes, dieses Spiel als Trainer begleiten zu dürfen“, ließ Polzin wissen. Was er nicht weiß, ist, wie es nun für ihn weitergeht: „Das liegt ja aber auch nicht in meiner Verantwortung.“
Dompé schoss den HSV in Rostock in Führung
Wie Jonas Boldt diese Frage beantworten wird, dürfte sich bereits zeitnah zeigen. Der Sportvorstand hatte Polzin nach Walters Aus das Vertrauen als neuem Chef ausgesprochen. Der Auftritt des HSV in Rostock aber wirft die Frage auf, ob die Entscheidungsträger nicht doch noch reagieren – und einen neuen Mann holen, der über mehr Erfahrung als Chef verfügt. Denn festzustellen bleibt: Der Auftritt in Rostock verschlechterte die Lage im Aufstiegskampf weiter. Der Rückstand auf Rang zwei und Kiel wuchs auf nun bereits vier Punkte an. Kein guter Samstag für den HSV.
Dabei waren die Hamburger, gemessen an den Torchancen, mit dem Punkt sogar recht gut bedient. Nimmt man aber den Spielverlauf als Maßstab, hätten man sich von dem für Zweitliga-Verhältnisse luxuriös zusammengestellten Kader zumindest nach der Führung deutlich mehr Souveränität erwartet. Jean-Luc Dompé hatte sich links sehenswert durchgetankt und die Kugel ins rechte Eck geschossen, das 1:0, da war der HSV auf der Siegerstraße (34.).
Wie die Profis dann insbesondere nach der Pause mit ihrer Führung umgingen, sorgte auch bei ihnen für Ratlosigkeit. „Gerade nach dem 1:0 hätten wir eigentlich richtig Selbstvertrauen haben müssen“, monierte Torjäger Robert Glatzel und zog die Lippen zusammen. Sein entsprechendes Urteil: „Ein Fortschritt war dieses Spiel leider nicht.“
Nach dem Ausgleich schwamm der HSV in Rostock
Vielmehr war das Gegenteil der Fall. Weil der HSV einen vermeintlichen Matchball durch Immanuel Pherai liegen ließ und sich nur Sekunden später nach einem Konter das 1:1 durch Perea fing (50.). „Danach haben wir es nicht mehr geschafft, die Stabilität aufrecht zu erhalten“, bemängelte Polzin. „Dann wurde es wilder.“
So wild, dass der HSV defensiv teilweise schwamm und Hansa sogar dem Sieg nahe kam. Der katastrophale Rückpass des eingewechselten Ransford Königsdörffer landete bei Gudjohnsen, der HSV-Keeper Matheo Raab umkurvte und aus spitzem Winkel zur Rostocker Führung traf (82.).
Glatzel rettete dem HSV einen Punkt in Rostock
Immerhin, es reichte noch zu einem Zähler. Weil Glatzel Pherais Flanke zu seinem 15. Saisontor über die Linie drückte (86.). 2:2 also. Und dennoch zu wenig.
Das wussten auch die HSV-Profis, die mit sparsamen Gesichtszügen in die Kabine marschierten. Noch steht nicht fest, ob sie auch in der kommenden Woche gegen Elversberg von Polzin als Cheftrainer angeleitet werden. „Ich mache mir mehr Gedanken darüber, dass wir wieder nicht gewonnen haben, weil wir es auf dem Platz selbst in der Hand haben“, erklärte Glatzel, ließ dann aber doch einen Blick in sein Seelenleben zu: „Wenn Merlin bleibt, freue ich mich, er ist ein super Trainer. Wenn jemand anderes kommt, nehme ich das auch an. Dann heißt es trotzdem wieder im nächsten Spiel Vollgas zu geben, unabhängig davon, wer an der Seitenlinie steht.“
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Und Polzin? Der freut sich schon auf die kommende Trainingswoche. „An den Dingen, die nicht so gut waren, werden wir weiter hart arbeiten“, erklärte er kurz vor der Rückreise nach Hamburg. Es gibt sehr viel zu tun, so viel steht fest.