Gibt es den nächsten HSV-Knall? Welche Fragen Kuntz beantworten muss
Die Fragen werden nur so auf ihn herniederprasseln. Zwei Tage, nachdem Stefan Kuntz vom Aufsichtsrat zum neuen Sportvorstand des HSV ernannt wurde, spricht der 61-Jährige am Donnerstag erstmals öffentlich über seine neue Aufgabe. Die Wichtigste aller Fragen, die ab 12.30 Uhr im Pressekonferenzraum des Volksparkstadions gestellt werden dürfte, wird der neue Boss dann aber wohl noch gar nicht beantworten können.
Nichts ist seit Dienstag im Volkspark mehr so, wie es war. Das liegt allerdings nicht allein an Kuntz‘ Inthronisierung und der Ablösung von Vorgänger Jonas Boldt, sondern auch darin begründet, dass der HSV vorerst nicht mehr Herr im eigenen Hause ist. Seit der Schlüsselübergabe, die zufällig auf Boldts letzten Arbeitstag fiel, hat die UEFA den Hut auf. Und das merkt man auch.
Rund ums Stadion sind Ordner postiert, die streng darauf achten, dass nur zutrittsberechtigte Personen das EM-Stadion betreten. Auch Kuntz wird sich gewiss erklären müssen, wenn er am Donnerstag mit dem Auto an seinem neuen Arbeitsplatz vorfährt. Sicher ist sicher und so gut kennt man ihn hier ja noch nicht, Ordner können da sehr hartnäckig sein.
Dienstag nahm HSV-Boss Kuntz Kontakt zu Baumgart auf
Boldt hatte Probleme dieser Art nicht, als er sich am Mittwoch von den Mitarbeitern der Geschäftsstelle verabschiedete und sie alle zu einer Mahlzeit und Getränken einlud. Es war ein Abschied, der durchaus als rührend empfunden wurde. Nun aber wartet auf Boldts Nachfolger eine Menge Arbeit und die bereits eingangs erwähnte Frage: Wie geht es mit Baumgart weiter?
Bereits am Dienstag hatte Kuntz nach MOPO-Informationen telefonisch Kontakt zum in der Kritik stehenden Trainer aufgenommen und um ein möglichst zeitnahes Treffen gebeten. Das allerdings ließ sich auch für den neuen Sportvorstand nicht so leicht in die Tat umsetzen. Erst im Verlaufe des Mittwochs kehrte Kuntz aus seinem Mallorca-Urlaub nach Deutschland zurück, der Gipfel mit dem Trainer – wie Kuntz früherer Bundesligastürmer und noch dazu ausgebildeter Polizist – wird entsprechend erst am Donnerstag in aller Ausführlichkeit steigen können.
Es ist ein Austausch, der mit großer Spannung erwartet wird und zugleich richtungsweisend sein dürfte. Stimmt die Chemie zwischen den beiden Ex-Profis? Passt die Spielphilosophie, die Kuntz künftig vorschwebt, zum von Baumgart gewünschten Pressing? Und: Ist der neue Boss bereit, die Wünsche des Trainers in Bezug auf neue Spieler umzusetzen? Oder fordert Baumgart aus Sicht seines Vorgesetzten zu viel?
Welche Forderungen wird HSV-Trainer Baumgart stellen?
Der Coach, der seit Ende Februar beim HSV im Amt ist und aus seinen zwölf Partien nur mittelmäßige 20 Punkte holte, hat sehr konkrete Vorstellungen davon, wie er den Kader umgestalten möchte, um im kommenden Jahr das Ziel Aufstieg erreichen zu können. Auch Namen schweben Baumgart längst vor, vordergründig von Spielern, die eher über Robustheit und nicht über die feine Klinge kommen.
Schon vor knapp zwei Wochen, nach dem 0:1 in Paderborn und dem Ende aller Aufstiegsträume, betonte Baumgart: „Welche Jungs sind wirklich die richtigen, um diesen Angriff auf die Bundesliga wirklich anzunehmen? Was brauchen wir, um in Hamburg an diesem Standort wirklich aufzusteigen? Braucht es nur die besten Spieler? Oder auch Jungs, die vielleicht andere Qualitäten haben?“ Über all das werden sich Baumgart und Kuntz nun austauschen.
Die Personalie des Trainers ist diejenige, über die der neue Boss am dringlichsten befinden muss, aber nicht die einzige. Nach Boldts Entlassung stellt sich auch die Frage nach der Zukunft von Claus Costa und Horst Hrubesch.
HSV-Zukunft von Claus Costa und Horst Hrubesch ist offen
Sportdirektor Costa, absoluter Vertrauensmann von Boldt, wird in der Branche geschätzt, konnte allerdings nie aus dem Schatten seines Mentors treten. Wie Kuntz die Fähigkeiten des 39-Jährigen beurteilt und vor allem, für wie loyal er ihn hält, ist offen.
Vereinslegende Hrubesch, von Boldt im Sommer 2020 zurück zum HSV geholt und Nachwuchs-Direktor des Vereins, kennt Kuntz bestens vom DFB, wo er 2017 die U21 vom einstigen Kopfball-Ungeheuer übernahm. In der Branche wird getuschelt, die beiden würden nicht unbedingt auf einer Wellenlänge funken. Nur Gerede oder doch mehr?
HSV-Idol Hrubesch fährt als Nationaltrainer zu Olympia
Hrubesch, der seit Oktober 2023 auch Bundestrainer der DFB-Frauen ist und mit dem Team die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Paris schaffte, koppelte seinen HSV-Verbleib im Laufe der vergangenen Jahre mehrfach an Boldts Zukunft im Volkspark. Eine Entscheidung, wie es nun mit dem 73-Jährigen weitergeht, dürfte voraussichtlich erst nach den Spielen (26. Juli bis 11. August) fallen.
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Bis dahin, das ist für Kuntz eine gute Nachricht, wird auch die Zufahrt zu den Parkplätzen vor dem Volksparkstadion wieder deutlich unkomplizierter sein. Ob auch Baumgart dann noch seinen PKW dort abstellen wird, muss sich in den kommenden Tagen herausstellen.