• Zwei Jahre lang galten HSV-Vorstandsboss Bernd Hoffmann (r.) und Aufsichtsrat Marcell Jansen als eingespieltes Team. Ein Verhältnis, das nun Risse bekommen hat - nicht zum ersten Mal.
  • Foto: Imago / Witters / MOPO-Montage

HSV-Führungskrise: Jansen und Hoffmann: Das Ende einer Zweckehe?

Die Köpfe rauchen. Und der Aufsichtsrat des HSV dürfte schon in dieser Woche vor einer Entscheidung stehen. Die Gräben im Vorstand scheinen so tief zu sein, dass eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Bernd Hoffmann auf der einen sowie Jonas Boldt und Frank Wettstein auf der anderen Seite kaum möglich erscheint. Zum Zünglein an der Waage im Zwist könnte mit Marcell Jansen ein Mann werden, den bis vor Kurzem nur wenige im Kreis der Hoffmann-Gegner erwarteten. Es könnte das Ende einer Zweckehe sein.

Sie galten bis vor Kurzem noch als Verbündete, nicht unbedingt auf menschlicher Ebene, aber sehr wohl im Sinne der Sache. Hoffmann und Jansen. Eine Allianz, die beim HSV als gesichert galt. Mittlerweile hat sich der Wind gedreht.

HSV-Aufsichtsrat

Die Mitglieder des HSV-Aufsichtsrats: Marcell Jansen, Thomas Schulz, Michael Krall, Markus Frömming, Dr. Andreas C. Peters, der Vorsitzende Max-Arnold Köttgen und Felix Goedhart (v.l.). 

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Jansen, beim HSV nicht nur Präsident sondern dadurch auch Aufsichtsrat, gilt im Kontrollgremium als einer der größten Kritiker des Vorstandschefs und formulierte seinen Unmut am vergangenen Donnerstag innerhalb des Gremiums deutlich hörbar. Stolpert Hoffmann nun über den Mann, der zwei Jahre lang als sein Zögling galt? Und vor allem: Wie kam es zu dem vermeintlichen Bruch?

Schon seit 2009 beäugte Jansen HSV-Klubboss Hoffmann kritisch

Im Grunde genommen war damit ja zu rechnen, so wird es innerhalb des HSV getuschelt. Denn was viele vergessen haben: Schon in der Vergangenheit beäugte Jansen Hoffmann überaus kritisch. Ursprung dafür waren die für den HSV im sportlichen Desaster endenden „Werder-Wochen“, als der Verein im Frühjahr 2009 im Europa-League- und DFB-Pokal-Halbfinale an den Bremern scheiterte und auch die durchaus mögliche Meisterschaft verspielte. Jansen war einer der Stars dieses HSV-Teams. Dass der tief enttäuschte Hoffmann – damals wie heute Vorstandsboss – Mannschaft und Trainer als Hauptschuldige abstempelte aber mit Selbstkritik sparte, merkte sich Jansen sehr genau.

Jansen Hoffmann

HSV-Präsident Marcell Jansen und Bernd Hoffmann trafen sich im Februar mit Klaus-Michael Kühne.

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Der Ex-Nationalspieler hatte dann auch Zweifel, als Hoffmann sich vor rund zwei Jahren im Kampf ums HSV-Präsidentenamt hauchzart gegen Jens Meier durchsetzte und in den Aufsichtsrat einzog. Wenige Tage zuvor, Anfang Februar 2018, war Jansen selbst ins Kontrollgremium gewählt worden. Erst ein intensiver Austausch der beiden soll die Vorbehalte Jansens gegenüber dem wiedererstarkten Hoffmann zerstreut haben, weil dieser rückblickend eigene Fehler bei der Aufarbeitung der „Werder-Wochen“ eingeräumt haben soll. Das stimmte Jansen versöhnlich.

Jansen wurde zu Hoffmanns Wunsch-Nachfolger als HSV-Präsident

Fortan harmonierten sie. Das führte soweit, dass Jansen zu Hoffmanns Wunschkandidaten avancierte, als es um die Nachbesetzung des Präsidentenamtes ging. Eine Rochade, die nötig wurde, weil Hoffmann sich in Rekordzeit vom Präsidenten und Aufsichtsratschef zum neuen Vorstandsboss hochgearbeitet hatte – ab Mai 2018 kommissarisch, ab September dann hauptamtlich. Sein Plan ging auf: Im Januar 2019 wurde Jansen HSV-Präsident und Hoffmanns Nachfolger. Kritiker des Vorstandschefs sahen darin nichts anderes als den geglückten Schachzug, Macht und Rückhalt im Verein weiter auszubauen.

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Rund ein Jahr später ist von der viel gepriesenen Harmonie der beiden nicht mehr viel geblieben. Wie es dazu kam, darüber kursieren unterschiedliche Darstellungen. Personen, die dem Hoffmann-Lager zuzuordnen sind, vertreten die Ansicht, Jansen – angetrieben von seinem Intimus, HSV-Investor Klaus-Michael Kühne – wolle selbst Vorstandsboss werden. Möglichst zügig. Im Jansen-Lager hingegen wird das als kompletter Unfug abgetan. Vielmehr sei der 34-Jährige der Ansicht, Hoffmann mische sich zu sehr in die Belange anderer ein und verletze den Teamgedanken. Des Weiteren wird erzählt, Hoffmann habe Jansen zuletzt mehrfach das Gefühl gegeben, ihn nur bedingt ernst zu nehmen. Üble Nachrede oder mehr als das?

Hat Jansen erneut das Vertrauen in Hoffmann verloren?

Jansen selbst wollte sich auf MOPO-Anfrage nicht äußern. Interessant hallen aber in jedem Fall die Worte nach, die er vor zwei Jahren, angesprochen auf Hoffmanns HSV-Comeback, fallen ließ. „Das Wichtigste für mich ist, dass der Aufsichtsrat ein gemeinsames Ziel hat“, sagte er damals. „Es geht nur um den Erfolg des HSV. Wenn ich das Gefühl habe, dass es um Teamplay geht und auch so bleibt, ist für mich alles gut.“ Dieses Vertrauen scheint ihm auf Hoffmann bezogen zumindest derzeit abermals abhandengekommen zu sein und könnte das Ende der Zweckehe eingeläutet haben.

Wie aber geht es weiter? Am Mittwoch wollen Aufsichtsratsboss Max-Arnold Köttgen, sein Stellvertreter Andreas Peters und eben Jansen als Präsident Einzelgespräche mit Hoffmann, Sportvorstand Boldt und Finanzvorstand Wettstein führen. Da soll herausgefiltert werden, ob es in dieser Zusammenstellung noch weiter gehen kann. Anschließend könnte schon die Entscheidung im siebenköpfigen Rat fallen, der Vorstände mit einfacher Mehrheit entlassen kann.

Abstimmungs-Mehrheit im HSV-Aufsichtsrat gilt als offen

Darüber, welchen Verlauf diese Abstimmungen nehmen könnten, lässt sich nur spekulieren. Die Stimmenverhältnisse sind momentan eng und gelten als nahezu ausgeglichen. „Aber wir brauchen jetzt einen teamfähigen Vorstand“, sagte ein Aufsichtsrat der MOPO. „Das wird gerade in der Nach-Corona-Zeit unabdingbar und existenziell wichtig sein.“

Wie tief sind die Gräben? Die Einzeltermine der Räte mit den Vorständen sollen Aufschluss bringen. Für Jansen und Hoffmann bilden sie die nächste Episode ihrer langen, gemeinsamen HSV-Zeit. Völlig offen, ob dieser Weg weitergeht – oder einmal mehr unter lautem Getöse enden wird.

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