HSV-Legende: Jimmy Hartwig verrät: Darum bin ich jetzt Mitglied beim FC St. Pauli
Er steht für bessere Zeiten des HSV. Jimmy Hartwig wurde 1979, 1982 und 1983 Deutscher Meister und 1983 Europapokalsieger der Landesmeister. Die MOPO sprach mit dem Paradiesvogel über die aktuelle Situation seines Ex-Klubs.
„Von der Mannschaft hätte ich bei diesem Spielermaterial erwartet, dass sie zum jetzigen Zeitpunkt mit vier, fünf Punkten Vorsprung auf dem 1. Platz steht. Aber ich bin überzeugt: Der HSV wird aufsteigen – wenn er sich verstärkt, am besten hinten und vorn.“
Jimmy Hartwig rät HSV-Fans: Bleibt bescheiden!
Wenn es tatsächlich mit der Rückkehr in die Bundesliga klappen sollte, müsse man sich in Bescheidenheit üben: „Die Anhänger sollten nicht gleich wieder von der Champions League träumen. Man braucht Zeit, um sich zu stabilisieren.“
Vergleiche mit seinem Giganten-Team von Anfang der 1980er Jahre hält der gebürtige Offenbacher für unzulässig: „Sowas wird es vermutlich nie wieder geben. Es war eine glückselige Konstellation, sportlich und menschlich passte alles zusammen. Im Training ging es zur Sache, da haben wir uns auf die Füße getreten und beschimpft. Aber abends haben wir dann zusammen ein Bier getrunken.“
Jimmy Hartwig vermisst echte Führungsspieler beim HSV
Echte Führungsspieler hat Hartwig bei seinen Nachfolgern nicht ausgemacht: „Da ragt niemand heraus, keiner steht im Fokus. Aber ich glaube, dass Dieter Hecking ohnehin mehr auf den Mannschaftsgeist setzt. Man spürt schon den Willen aller zum Miteinander. Allerdings fehlt mir der letzte Biss. Das ist mir zuletzt vor allem beim 1:1 in Sandhausen aufgefallen. Mit der Mentalität, die der Gegner gezeigt hat, hätte der HSV das Spiel gewonnen.“
Heckings Arbeit findet der 65-Jährige, der in seinen 182 Bundesligaspielen für den HSV zwischen 1978 und 1984 für einen Mittelfeldspieler überaus vorzeigbare 52 Tore erzielte, richtig gut: „Es tut weh, die Entwicklung der vergangenen Jahre sehen zu müssen. Aber beim HSV ist man mit diesem Trainer auf dem richtigen Weg, der Kahlschlag war wichtig.“
Dieter Hecking erhält ein großes Lob von Hartwig
Hartwig mag den angestrebten Hecking-Fußball: „Er lässt gern schnell von hinten heraus spielen. Er will mutigen, offensiven Fußball sehen. Für mich ist Hecking am jetzigen Erfolg seines letzten Klubs Gladbach beteiligt. Er hat die Basis gelegt, Marco Rose ist kein Wundertrainer.“
So sehr Hartwig dem HSV die Daumen drückt, weil er dort seine größten Erfolge feierte und auch Nationalspieler wurde – sein Verhältnis zum Klub ist gespalten: „Beim Walk of Fame hinterm Volksparkstadion gibt es jede Menge Fußabdrücke – nur meinen nicht.“
Vereins-Legende Jimmy Hartwig fühlt sich vom HSV im Stich gelassen
Hartwig fühlte sich in der Vergangenheit schon mehrfach ungerecht behandelt: „Ich hatte zweimal Krebs, trage einen Herzschrittmacher. Aber viele im Umfeld des HSV haben so getan, als sei ich nie krank gewesen. Das tat weh, auch das mich viele als chaotischen, schlimmen Typen abgestempelt haben.“
Auf seine Karriere ist Hartwig stolz, auf sein jetziges Leben ebenfalls: „Ich bin Gesundheitsbotschafter der AOK Nordost, halte Vorträge in Schulen.“ Gleichzeitig reist er als Integrationsbotschafter des DFB durch ganz Deutschland, spricht über Ehrenamt, Integration und Fair Play.
FC St. Pauli-Mitglied Jimmy Hartwig singt Stücke von Bertolt Brecht
Mit seinem Gesundheitszustand ist Hartwig, der seit Jahren keinen Alkohol mehr trinkt, zufrieden („Ich lasse mich regelmäßig durchchecken, das ist wie früher ins Training gehen“). Seine große Leidenschaft ist seit Jahren die Theaterschauspielerei: „Ich spiele ab März wieder auf kleinen Bühnen, singe Gospel- und Soullieder oder Stücke von Bertolt Brecht wie Mackie Messer. Ich trage auch Geschichten aus meinem Leben vor.“
Kaum einer hat mehr zu erzählen als Jimmy Hartwig, der mit Ehefrau Stefanie Almer und Tochter July in Inning am Ammersee, nur 700 Meter entfernt von Schlagerstar Helene Fischer, lebt. Der MOPO versichert er: „Ich bin ein total glücklicher Mensch.“
Jimmy Hartwigs Vorliebe für den FC St. Pauli: Schulte ist schuld
Was kaum jemand bisher wusste: Die HSV-Legende ist seit sechs Jahren Mitglied beim Stadtrivalen St: Pauli! Hartwig: „Dazu hat mich der damalige Sportchef Helmut Schulte gebracht. Ich liebe die Atmosphäre am Millerntor, weil du dort viele Menschen von der Straße antriffst, die wegen des Fußballs dort hingehen. Da wird nicht so sehr auf Schicki-Micki gemacht. Das ist noch echter Fußball. Auf Sicht wünsche ich mir, dass St. Pauli zusammen mit dem HSV irgendwann mal wieder in der Bundesliga spielt.“