Leibold-Herausforderer beim HSV – Muheim: „Der Bessere spielt“
Er musste sich gedulden, ehe er so richtig loslegen durfte. Kaum war Miro Muheim beim HSV angekommen, wurde der Schweizer von einer Zerrung ausgebremst. Mit etwas Verzögerung hat er nun den wohl härtesten Kampf angenommen, den es beim HSV geben kann: Der 23-Jährige will hinten links Platzhirsch Tim Leibold verdrängen.
Der Schweiß stand Muheim auf der Stirn, als er am Mittwoch erschöpft aber glücklich von den Trainingsplätzen im Volkspark schritt. „Ist schon anstrengend“, sagte er dann. „Aber das ist ja normal.“ Ein Lächeln, ein Achselzucken, ganz so, als könne er kein Wässerchen trüben. Zumindest seine direkten Konkurrenten dürften ihn auf dem Platz bald anders kennenlernen.
Bereits mit 16 Jahren wechselte Muheim zum FC Chelsea
Muheim weiß, worauf es ankommt. Er hat es früh gelernt, in der vielleicht besten Schule, die es in Europa geben kann. Bereits mit 16 Jahren wechselte er aus Zürich zum großen FC Chelsea und stand dort vier Jahre unter Vertrag. „Das war überragend“, sagt er. „Es war hart, hat mich aber weitergebracht.“ In London lebte Muheim mit drei anderen Spielern bei einer Gastfamilie und lernte, für sich zu sorgen. Und er sah, was man tun muss, um erfolgreich zu sein. Die englischen Nationalspieler Mason Mount, Tammy Abraham und Reece James spielten alle im selben Jahrgang mit Muheim.
Erfolg war auch das Stichwort, mit dem die HSV-Bosse Muheim nun aus St.Gallen nach Hamburg lotsten. „Sie haben sich viel Mühe gegeben, mir erklärt was sie wollen und über ihre Ziele gesprochen“, berichtet der 18-fache Junioren-Nationalspieler. „Das hat mich schnell überzeugt.“ Die Verantwortlichen machten keinen Hehl daraus, dass es im vierten Zweitliga-Jahr endlich mit dem Aufstieg klappen soll. „Das war mir aber schon vorher klar“, sagt Muheim. „Der HSV ist eigentlich ein Erstligaklub. Der Aufstieg ist natürlich das Ziel.“
Seit zwei Jahren werkelt Muheim an seinem Abitur
Aber nicht Muheims einziges. Vor zwei Jahren begann er damit, an einer Online-Privatschule seine Matura (vergleichbar mit dem deutschen Abitur) zu machen. „Jedes halbe Jahr sind Prüfungen. Sechs Fächer muss ich insgesamt abschließen, drei habe ich schon“, sagt der Tausendsassa, der zuvor bereits eine Lehre als Hochbauzeichner begann.
Hoch hinaus will er nun mit dem HSV. Muheim, der bei der Wohnungssuche in Eimsbüttel fündig wurde und schon bald mit seiner Freundin zusammenziehen wird, hat Respekt aber gewiss keinen Bammel vor der Konkurrenz beim HSV. Klar, einen Platzhirsch wie Leibold vor sich zu haben, das ist schon eine Herausforderung. „Aber Konkurrenz belebt das Geschäft, wir pushen uns gegenseitig“, sagt Muheim. „Letztlich spielt der, der besser ist.“
HSV besitzt nach der Saison Kaufoption auf Muheim
Worte eines Mannes, der früh gelernt hat, wie es ist, wenn man die Ellbogen ausfahren muss. In Hamburg will Muheim nun Fuß fassen, um „den nächsten Schritt“ zu machen. Klingt nach einer Plattitüde, trifft bei ihm aber ganz sicher zu: Schlägt die Leihgabe ein, könnte der HSV ihn nach der Saison für eine Summe von 1,5 Millionen Euro fest verpflichten. Auch darüber dürfte der Ausgang des Duells mit Leibold entscheiden.