HSV-Trainer Tim Walter jubelt nach dem Tor zum 2:0
  • HSV-Trainer Tim Walter durfte in Nürnberg jubeln, muss aber dennoch weiter um seinen Job zittern.
  • Foto: IMAGO / HMB-Media

HSV siegt – aber reicht das für Walter? Kein klares Bekenntnis zum Trainer von Boldt

Der Weihnachtsklassiker von Mariah Carey sorgte schon in der Halbzeitpause für lächelnde Gesichter und schunkelnde Fans. „I don’t need a lot for Christmas“, ertönte aus den Lautsprechern im Max-Morlock-Stadion. Was der HSV vor dem Fest dringend benötigte, war aber etwas anderes als das im Song von der US-Amerikanerin Gesungene. Er brauchte drei Punkte. Um Platz drei in der Tabelle zu verteidigen – vor allem aber auch für Tim Walter. Und nach Abpfiff machte sich dann auch ein breites Grinsen im Gesicht des Trainers breit, weil sich seine Profis beim 1. FC Nürnberg ein 2:0 (0:0) erspielten – und sie durch den ersten Auswärtssieg seit fast vier Monaten auch Walters Job retteten? Ein klares Bekenntnis vom Sportvorstand gab es nicht.

Nein, ein Sieg nur für den Coach sei es nicht gewesen, betonte Sebastian Schonlau, nachdem er und seine Kollegen sich vor dem vollen Auswärtsblock für den Sieg zum Jahresabschluss hatten feiern lassen. „Es war einfach ein Sieg für uns“, sagte der HSV-Kapitän am frühen Samstagnachmittag. „Wir wissen, dass es natürlich in dieser Woche ein bisschen ungemütlicher geworden ist. Wir wollten gewinnen, weil wir nicht zufrieden waren mit uns.“ Umso schöner sei es daher, die Hinserie mit einem Dreier in der Fremde zu beenden.

Tim Walter hatte einen HSV-Sieg in Nürnberg angekündigt

Walter, der die Diskussionen um seine Person natürlich mitbekommen hatte, hielt Wort. „Meine Aufgabe ist es, dass wir heute hier gewinnen“, sagte er vor dem Spiel bei Sky. „Und das werden wir auch am Ende.“ Tatsächlich gewann der HSV – aufgrund zweier später Tore. Robert Glatzel (80.) und Jean-Luc Dompé (90.+7) sorgten mit ihren Treffern dafür, dass der HSV das Jahr 2023 einigermaßen zufriedenstellend auf dem dritten Platz beendet.

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„Am Ende einer schwierigen Hinrunde sind 31 Punkte schon okay“, befand Schonlau. Im Frankenland hatte es zunächst aber lange danach ausgesehen, als würde der HSV die Hinrunde mit der schlechtesten Ausbeute seit dem Abstieg beenden. Der FCN hatte in der ersten Halbzeit mehr vom Spiel und durch Daichi Hayashi (8.), Johannes Geis (27.) und Kanji Okunuki (45.) aussichtsreiche Möglichkeiten. Zudem retteten Startelf-Debütant Nicolas Oliveira und William Mikelbrencis, die für Miro Muheim (Sperre) und Ignace Van der Brempt (muskuläre Probleme) auf den Außenverteidiger-Positionen begannen, im Verbund gegen Benjamin Goller, der frei durch war (20.).

Der HSV hatte in der ersten Halbzeit auch mehrfach Glück

„Natürlich hatten wir auch mal ein bisschen Glück“, gestand Schonlau. Der HSV bekam viele Räume zum Kontern – spielte diese aber schlecht aus, wie auch der Kapitän einräumen musste. Glatzel trat freistehend über den Ball (19.), Levin Öztunali aus spitzem Winkel am Tor vorbei (31.) und Bakery Jatta Nürnbergs Keeper Carl Klaus im Eins gegen Eins nur an (33.). „Es ging viel hin und her mit Chancen auf beiden Seiten“, erkannte Walter treffend. Es war eine unterhaltsame erste Hälfte. Aber keine, in der der HSV unbedingt für seinen Trainer spielte. Und nach der Pause?

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Als Hayashi über Daniel Heuer Fernandes hinweg an die Latte lupfte (57.), hatten die Gäste großes Glück. Walter sprach hinterher von einem „Schockmoment“, wahlweise auch von einem „Hallo-Wach-Effekt“ für den HSV. Ein Nürnberger Treffer in der zweiten Hälfte hätte die Fortsetzung der Hamburger Auswärtsmisere sehr wahrscheinlich werden lassen – und hätte in Kombination mit einer Niederlage nicht zuletzt für Walter Folgen haben können. Doch der HSV überstand die kritischen Momente und schlug vorne in der Schlussphase zweimal eiskalt zu.

Sieg-Torschützen Glatzel und Dompé erlösen den HSV spät

Glatzel vergab erst noch dreimal (66./67./77.), im vierten Versuch aber erlöste er sich und seine Mannschaft. Eine Jatta-Flanke pflückte der Stürmer herunter und traf in den Winkel. Und der eingewechselte Dompé löste in der Nachspielzeit mit einem feinen Schlenzer auch die letzten Sorgenfalten auf der Stirn des HSV-Trainers. „Da haben wir uns final belohnt“, freute sich Walter wenige Minuten, nachdem er sein Team in die Fan-Kurve geschickt hatte.

Kollektive Erleichterung. Und doch ein Erfolg für den Coach? „Der Sieg hat uns allen gute Argumente geliefert“, sagte Sportvorstand Jonas Boldt – gab aber kein klares Bekenntnis zum Trainer ab: „Ich werde mich nicht zu irgendwelchen Floskeln hinreißen lassen, sondern wir werden unsere Arbeit ganz normal so weitermachen, wie wir das tun. Dazu gehört eine tiefergehende Analyse.“ Diese könne er nicht fünf Minuten nach Spielende liefern. „Ich habe die Diskussion nicht aufgemacht“, sagte Boldt mit Blick auf die jüngst entstandene Trainer-Debatte. „Und ich sehe auch keinen Grund, sie in die eine oder andere Richtung totzumachen.“

HSV-Boss Jonas Boldt gibt kein Bekenntnis zu Walter ab

Man müsse schauen „ob wir auf dem richtigen Weg sind oder vom Weg abgekommen sind und was wir brauchen, um unser Ziel endlich mal zu erreichen“, führte Boldt aus und verwies auf die in der kommenden Woche stattfindende Hinrunden-Analyse. Berichte von „Sport Bild“ und Sky, er habe bereits Gespräche mit Friedhelm Funkel und André Breitenreiter geführt, weil diese Walter ablösen könnten, dementierte der Sportvorstand.

„Friedhelm Funkel treffe ich wahrscheinlich am Montag wieder bei meinem Herrenrat. André Breitenreiter habe ich zuletzt vor meiner Hamburger Zeit getroffen“, ergänzte Boldt, ehe er sich freundlich mit einem „Frohe Weihnachten“ verabschiedete. Von Mariah Careys „All I want for christmas is you“ war da aber längst nichts mehr zu hören.

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