Kuntz trifft Polzin-Entscheidung – HSV-Profis bedauern Baumgart-Rauswurf
Es ist davon auszugehen, dass sich viele HSV-Profis nach der Trennung von Steffen Baumgart noch einmal persönlich bei ihren Ex-Coach gemeldet haben. Öffentlich reagierte in der Woche vor dem KSC-Spiel (3:1) aber nur Fabio Baldé – mit einem Herz auf Instagram. Am Sonntagnachmittag, bei aller Freude über den Erfolg in Karlsruhe und bei allem Lob für Merlin Polzin, kamen drei HSV-Profis erstmals aufs Trainer-Aus zu sprechen. Am Tag danach hat Stefan Kuntz unterdessen eine Coach-Entscheidung fürs anstehende Heimspiel getroffen.
Sebastian Schonlau schätzt Baumgart seit Jahren. So oft wie unter dem entlassenen 52-Jährigen spielte der HSV-Kapitän in seiner Karriere unter keinem Chefrainer – 158-mal. Gemeinsam stiegen sie 2018/19 in die Bundesliga auf, beim SC Paderborn wurde Schonlau Baumgarts Kapitän. Und als der Ex-Coach Mitte Februar beim HSV vorgestellt wurde, war der Abwehrchef sofort wieder seine Vertrauensperson. Deshalb überrascht es wenig, dass Schonlau mit einigen Tagen Abstand emotionale Worte über Baumgarts Aus findet und einräumt: „Es hat mir definitiv wehgetan.“
Schonlau sieht Profi-Verantwortung für den Trainerwechsel
Schonlau bedauert, dass Baumgart den HSV in der Rückrunde der Vorsaison nicht zum Aufstieg führte und dass die Entwicklung in den vergangenen Wochen in die völlig falsche Richtung ging. „Als Spieler und Mannschaft muss man sich das auch immer ein bisschen selbst zuschreiben“, sieht Schonlau sich und seine HSV-Mitspieler mindestens mitverantwortlich für den Trainerwechsel.“ Der 30-Jährige wird auch künftig mit Baumgart in Verbindung bleiben.
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„Steffen ist ein ganz wichtiger Mensch in meinem Leben, zu dem ich immer Kontakt habe. Nur weil wir nicht mehr zusammenarbeiten, werden wir unseren Kontakt trotzdem immer noch pflegen“, erklärt der Spielführer. „Ich bin dankbar, er hat mir sehr viel beigebracht. Deswegen ist es schon schade, dass sie nicht mehr hier sind.“ Schonlau meint auch Baumgarts Assistenten René Wagner und Kevin McKenna, der lediglich wenige Wochen beim HSV war.
HSV-Stürmer Königsdörffer: „Ich mochte Steffen sehr“
Daniel Elfadli sieht die Schuld, wenn man so will, ebenfalls zu großen Teilen bei der Mannschaft. „Denn am Ende des Tages stehen wir auf dem Platz und müssen eine gute Leistung bringen müssen“, so der Abräumer. „Die haben wir so nicht gebracht wie wir es auch selbst erwarten. Wir stehen in der Pflicht und müssen andere Leistungen bringen.“ Am Sonntag in Karlsruhe, beim allerersten HSV-Spiel nach Baumgart, stimmte das Gezeigte – was auch Ransford Königsdörffer freute: „Jeder hat gearbeitet und jeder hat gekämpft“, sagte er. „Eine solide Leistung auf jeden Fall.“
Der Ghanaer, der in der Anfangsphase jeweils nach Ecken von Miro Muheim doppelt scheiterte („Das müssen zwei Tore sein, das nehme ich auf meine Kappe“), war einer der HSV-Profis, die in den neun Baumgart-Monaten einige Schritte nach vorne machten. „Ich mochte Steffen sehr. Ich mag ihn auch weiterhin“, sagt Königsdörffer daher ganz logisch. „So ist manchmal der Fußball.“ So, dass sich die Wege von Klub und Coach trennen, wenn es nicht passt.
Drei HSV-Profis loben die Arbeit von Coach Merlin Polzin
„Der Verein hat die Entscheidung getroffen und die akzeptieren wir auch alle“, sagt Königsdörffer trotz Bedauerns über den Rauswurf Baumgarts. „Wir haben heute gezeigt, dass wir es trotzdem immer noch können und trotzdem noch weitermachen.“ Das muss der HSV auch zukünftig tun – denn dem Sieg in Karlsruhe müssen weitere folgen.
Diese Marschrichtung wird vorerst weiterhin mit Polzin angegangen. Stefan Kuntz bestätigte am Montag, dass der 34-Jährige auch am Sonntag gegen Darmstadt 98 als HSV-Chef an der Seitenlinie stehen wird. „Ich habe bei der Mannschaft eine Befreiung gemerkt. Wir wollen diesen Schwung bis zum Wochenende nicht unterbrechen“, erklärte der Sportvorstand am Tag nach der Partie. „Merlin wird mit seinem Team auch das Heimspiel machen.“ Diese Tendenz war schon im BBBank Wildpark herauszuhören – und nun ist die Trainer-Entscheidung fürs Erste gefallen.
Kuntz bestätigt: Polzin auch gegen Darmstadt auf der Bank
Kuntz gewinnt damit „eine Woche Zeit“, wie er am Montag betont „sarkastisch“ mit Blick auf die Suche nach einem neuen Chefcoach sagte. „Wir machen unseren Job und lassen uns nicht treiben. Es muss eine gute Entscheidung werden.“ Eben diese ist zunächst pro Polzin ausgefallen. Das dürfte den HSV-Profis gefallen, wie nach der Partie in Karlsruhe herauszuhören war. „Man muss ein großes Lob an Merlin und das Trainerteam aussprechen, die sich da wirklich große Gedanken gemacht haben, wie wir als Mannschaft anders auftreten können“, lobte etwa Elfadli.
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Königsdörffer ergänzte: „Jeder hier im Verein und von den Spielern schätzt Merlin und weiß, was er kann.“ Und Kapitän Schonlau sagte noch: „Merlin hat sich darum bemüht, dass wir einfach kicken und frei sind.“ Das wird der gebürtige Hamburger auch in dieser Woche wieder tun. Mindestens. Denn Polzin, der von der Verlängerung seiner Tätigkeit als Chefcoach schon am Sonntagabend nach dem Auswärtssieg erfuhr, könnte auch bis zur Winterpause (Interims-)Trainer bleiben. „Ich schließe gar nichts aus“, wollte sich Kuntz bei dieser Frage noch nicht festlegen.