Lichtblick trotz Glatzel-Drama: Diese drei großen Fragezeichen gibt es jetzt beim HSV
Man konnte den Eindruck gewinnen, dass Petrus am Sonntag auch noch unbedingt seinen Senf dazugeben wollte. Am Tage nach dem Schock um Robert Glatzel präsentierte sich der Volkspark in erbärmlichem Zustand, es regnete und windete rund um die Heimat des HSV. Passend zur aktuellen Stimmungslage, denn der monatelange Ausfall des Torjägers sorgt für große Ernüchterung. Alle Augen richten sich nun auf Davie Selke: Kann der 29-Jährige Glatzels Ausfall vergessen machen? Ja, er kann – sagen zumindest die Zahlen!
Er nahm sie dankbar auf, die Genesungswünsche der Kollegen. Samstagabend bereits hatte Jean-Luc Dompé Glatzel via Instagram alles Gute gewünscht. „Stay strong“ lautete die mit einem Herzen verzierte Botschaft des Franzosen, auf die der Angreifer Sonntagfrüh dann antwortete. „My guy“, so die anerkennende Antwort Glatzels und zugleich erste öffentliche Reaktion des Stürmers nach der so folgenschweren Diagnose.
Trainer Baumgart erfuhr auf Sylt von dem Glatzel-Schock
Am Samstagabend hatte der HSV kurzzeitig für Schockstarre bei seinen Fans gesorgt, als er die Schwere der Glatzel-Verletzung öffentlich machte. Der 30-Jährige zog sich am vergangenen Donnerstag im Test gegen Aarhus GF (1:1) einen Sehnenabriss im Hüftbereich zu, muss operiert werden und wird danach monatelang fehlen. Scheun Schiet, lautete die kollektive Reaktion, gepaart mit der Frage: und nun?
Tatsächlich ergeben sich für Trainer Steffen Baumgart, der während seines Golf-Trips auf Sylt von der Glatzel-Diagnose erfuhr, drei Fragen, die es ab Dienstag zu klären gibt. Dann beginnen Baumgart und sein Team mit der Vorbereitung auf das Spitzenspiel gegen den 1. FC Magdeburg (20. Oktober, 13.30 Uhr).
Selke trifft beim HSV so gut wie nie zuvor
Fragezeichen eins: Kann Selke den Glatzel machen? Fest steht: Dem HSV bricht sein mit Abstand bester Torjäger der vergangenen Jahre weg. 77 Treffer erzielte Glatzel seit Sommer 2021 in seinen 120 HSV-Pflichtspielen, auch aktuell führt er die Zweitliga-Torschützenliste mit sieben Toren an. Aber: Auch Selke traf in dieser Saison bereits dreimal. Und schaut man sich die nackten Zahlen an, muss dem HSV trotz Glatzels Ausfall nicht bange sein.
321 Minuten benötigte Selke in dieser Saison für seine drei Zweitligatreffer, im Schnitt trifft er alle 107 Minuten. Nun dienen die bislang acht absolvierten Spieltage zwar noch nicht als Grundlage für langfristige Bewertungen. Doch nimmt man Selkes Bilanz als Maßstab, fällt auf: Niemals zuvor in seiner Profi-Karriere wies er eine bessere Statistik auf. In den vergangenen Jahren benötigte er 212 (Saison 2023/24), 191 (2022/23) und 249 Minuten (2021/22) pro Tor. Am ehesten reichte er in der Serie 2016/17 im Trikot von RB Leipzig an seinen heutigen Wert heran (damals waren es 109 Minuten pro Tor).
Bleibt Baumgart beim System mit zwei Stürmern?
Interessant werden Selkes Zahlen insbesondere dann, wenn man sie mit denen von Glatzel vergleicht. Der 30-Jährige weist zwar in dieser Serie den überragenden Wert von nur 61 Spielminuten pro Tor auf. In den Jahren zuvor, in denen er ebenfalls verlässlich knipste, aber waren es erst 131, dann 158 und in der Vorsaison 119 Minuten pro Treffer. Rein statistisch trifft Selke in dieser Saison also besser als Glatzel in seinen vergangenen drei Spielzeiten. Nur eine Momentaufnahme? Oder ein Trend, der dem HSV Hoffnung macht?
Welcher Youngster profitiert beim HSV vom Glatzel-Aus?
Fragezeichen zwei: Passt Baumgart sein Spielsystem an? Sollte der Trainer an seinem zuletzt praktizierten System mit zwei Stürmern festhalten wollen, würden Selke und Ransford Königsdörffer als Duo in der Spitze agieren. Eine weitere Variante böte sich Baumgart, indem er nur auf eine Spitze setzt – wie an den ersten drei Spieltagen dieser Saison, als Glatzel ebenfalls verletzt war. Dann wäre Platz für einen weiteren Akteur im offensiven Mittelfeld oder eine etwas defensivere Marschroute mit zwei schnellen Flügeln (Jean-Luc Dompé und Bakery Jatta). Dank seines breiten Kaders hat Baumgart alle Möglichkeiten, auf die Glatzel-Verletzung zu reagieren.
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Fragezeichen drei: Nutzt ein Youngster die Chance? Durch Glatzels Ausfall wird ein Platz im Kader frei. Durchaus möglich, dass Baumgart nun einen zusätzlichen Stürmer ins Aufgebot nimmt. In Frage kämen der formstarke Omar Sillah (21), der in den vergangenen neun Regionalligaspielen für die U21 achtmal traf, und Otto Stange. Der 17-Jährige, der auch schon unter Baumgarts Vorgänger Tim Walter zweimal im Profikader stand (allerdings ohne Einsatz) knipste in dieser Saison in vier U19-Nachwuchsligapartien viermal.