HSV-Trainer Steffen Baumgart wollte zwischendrin schon nicht mal mehr hingucken.
  • HSV-Trainer Steffen Baumgart wollte zwischendrin schon nicht mal mehr hingucken.
  • Foto: WITTERS

Nach Gipfel der Peinlichkeit: Baumgart rechnet mit HSV-Verlierern ab

Letztlich hatten die HSV-Profis Glück, dass sich auch mehrere Tausend Osnabrücker Fans im Volkspark befanden, denn im Jubel der Gäste gingen die Pfiffe der eigenen Fans nach Spielende unter. Dabei war jede Unmutsbekundung verdient nach diesem 1:2 (1:1) gegen das Schlusslicht und einem schweren Rückschlag im Aufstiegskampf.

Es gab Redebedarf, Steffen Baumgart hatte keine Zeit zu verlieren. Noch bevor seine Profis wie üblich nach Abpfiff für Interviews zur Verfügung standen, bat der Trainer sie geschlossen in die Kabine, um Tacheles zu reden. „Er hat uns gesagt, dass wir so nicht spielen können“, ließ Robert Glatzel wenig später wissen. „Dass wir uns mehr wehren, mehr Charakter zeigen müssen in solchen Phasen und es nicht reicht, wenn jeder nur 80 oder 90 Prozent gibt.“ Dann fasste der Torjäger des Malheur des Nachmittags selbst zusammen: „Es ist natürlich extrem bitter, weil die Ausgangslage wirklich wie gemalt für uns war.“

Pomadiger Auftritt sorgt beim HSV für Fragezeichen

Das war sie. Ein Sieg gegen den VfL hätte gereicht, um Zweiter zu werden und den Gipfelsturm Richtung Bundesliga gehörig in Gang zu bringen. Stattdessen bot der HSV gegen das Schlusslicht den Gipfel der Peinlichkeit.

Uninspiriert, pomadig, harmlos. Ein erschreckender Auftritt, von vorn bis hinten. Ein früher Rückschlag durch Kunzes 0:1 (6.). Der psychologisch wichtige Ausgleich direkt vor der Pause durch Glatzels Strafstoß. Dann aber – nach Königsdörffers Mega-Chance (52.) – so gut wie nichts mehr. Stattdessen gegen den dezimierten VfL (Gyamfi sah Gelb-Rot/76.) sogar der Knockout durch Cuisances Strafstoß zum 1:2 (89.). Notizen eines missratenen Tages.

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Wie aber war das möglich? Wieso ist der HSV auch unter Baumgart offenbar nicht in der Lage, seine größere Qualität gerade gegen kleinere Gegner entsprechend auszuspielen? Schon im Hinspiel, damals unter Tim Walters Regie, unterlag der HSV dem VfL sang- und klanglos 1:2.

Baumgart stellt die Mentalitätsfrage

Baumgart meint, die Antwort zu kennen und legte sofort den Finger in die Wunde. „Es geht nicht um die Qualität der Mannschaft“, sagte der Trainer, „sondern es geht darum, dass ich das, was ich an Qualität habe, auch mit Willen rüberbringe.“ Dann wurde er deutlicher: „Wenn du gegen eine Mannschaft wie Osnabrück spielst, die um ihr Leben kämpft, musst du das auch tun. Mir haben hier und da Leidenschaft und auch Herz gefehlt. Es reicht nicht, nur optisch gut auszusehen.“

Überdeutliche Worte des Trainers, der sich bereits in seiner zweiten HSV-Woche genötigt sieht, die verbale Peitsche rauszuholen. Einmal in Fahrt, sprach Baumgart dann auch gleich Grundsätzliches an, das er in den vergangenen Jahren noch aus der Ferne registrierte. „Es gibt Gründe, warum dieser Verein und wir so lange hier sind, in der Zweiten Liga“, erklärte der 52-Jährige. „Diese Gründe haben nie etwas mit der Qualität zu tun gehabt, sondern damit, dass ich über Grenzen gehen muss. Ich muss meinen eigenen Schweinehund überwinden, um dahinzugehen.“

Schon gegen Düsseldorf: Der HSV muss Antworten liefern

Sätze, die wie eine Abrechnung klangen und die Frage aufwerfen: Hat der HSV ein Mentalitätsproblem? Unabhängig davon, welcher Trainer an der Seitenlinie steht? Die Leistung gegen Osnabrück offenbarte zumindest, dass Baumgart nicht nur an der Taktik feilen muss, sondern deutlich größere Aufräumarbeiten im Volkspark fällig sind. Das Wort Mentalität fiel nach dem Abpfiff häufig,  auch die schläfrige Art und Weise, wie seine Mannschaft in den ersten Minuten auftrat, ging dem Trainer gegen den Strich. Es gehe darum, „auch schon in den ersten zehn Minuten Vollgas zu geben. Es ist meine Verantwortung, die Jungs dahin zu kriegen“.

Viel zu tun nach einer verpassten Chance. Statt die Konkurrenz auf Distanz zu halten, steht der HSV nun am Freitag in Düsseldorf selbst unter Druck. Was Baumgart da sehen will, verdeutlichte er seinen Profis nach dem Abpfiff gegen Osnabrück in der Kabine. Noah Katterbach hatte gut zugehört. „Er fordert von uns, dass man auch wenn Dinge nicht klappen, den Einsatz sieht und die Fans merken, dass wir 100 Prozent auf dem Platz lassen und für diesen Verein bluten, für die Farben kämpfen“, so der Linksverteidiger.

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Nur dann kann es in dieser Saison was werden mit dem Aufstieg. Oder wie Baumgart es sagt:  „Mit Fußballpielen allein wird das nichts. Sondern nur, indem du allen zeigst, dass du auch aufsteigen willst.“

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