„Nicht damit gerechnet“: HSV-Geste hat Polzin vorm TV „viel gegeben“
Am Dienstag war Merlin Polzin wieder dort, wo er sich mit am wohlsten fühlt, wenn es um Fußball geht: auf dem Trainingsplatz. Der HSV-Coach liebt die akribische Arbeit auf dem Geläuf, vermutlich genauso sehr wie die Atmosphäre bei Heimspielen nebenan im Volksparkstadion. Weil er kurzfristig erkrankte, konnte Polzin am Freitag aber nicht dabei sein, als seine Profis mit 3:0 gegen Kaiserslautern gewannen, sondern er saß vor dem Fernseher. „Ich glaube, das ist Horror“, mutmaßte sein Vertreter Loic Favé. Das konnte Polzin nun bestätigen.
Komplett genesen ist der 34-Jährige noch nicht. „Es ist schon wieder besser, aber es waren sehr intensive Bett-lastige Tage. Ich bin von Freitag bis gestern nur im Bett gewesen“, sagte Polzin am Dienstag nach dem ersten HSV-Training der Woche. Es habe ihn „komplett umgehauen mit Fieber, Schüttelfrost, Kopf- und Gliederschmerzen. Es war ein bisschen mehr als eine Erkältung“. Und deswegen musste er am Freitagabend dann auch zu Hause bleiben.
HSV-Coach Polzin nach Krankheit zurück auf dem Platz
Auch am Dienstagmorgen war sich Polzin noch nicht sicher, ob er in den Volkspark fahren sollte, aber sein Zustand sprach am Ende dafür. „Ich fühle mich jetzt wieder so, dass ich mit dem, was ich mache, helfen kann“, erklärte der Coach, der während der Einheit nun bloß noch aufs laute Brüllen verzichten musste, aber trotzdem unterstützend wirken konnte. „Das war am Freitag nicht der Fall.“ Und deshalb entschied er sich auch gegen den Stadionbesuch.
Sorgen bereitete Polzin das aber nicht – weil er seinen Kollegen vertraute. „Wir arbeiten im Trainerteam so eng zusammen, dass es sehr auf Augenhöhe ist, was die Inhalte angeht. Und ich weiß, dass ein Loic und ein Richi (Assistent Richard Krohn; d. Red.) mit 100 Prozent deutlich besser sind als ich, wenn ich irgendwie kränkelnd an der Seite stehe. Deshalb ist mir die Entscheidung nicht leichtgefallen, aber ich hatte ein gutes Gefühl dabei.“ Vor dem Fernseher zuschauen zu müssen statt bei seiner Mannschaft und beim Staff zu sein, sei trotzdem hart gewesen.
„Kein schönes Gefühl“: Aber Polzin vertraute HSV-Kollegen
„Natürlich ist es kein schönes Gefühl gewesen, weil man gerne helfen möchte – und seiner Mannschaft und seinem Trainerteam Impulse geben möchte, um das Spiel zu gewinnen. Das hat überwogen. Aber ich hatte relativ schnell ein gutes Gefühl vor dem Fernseher und in dem Austausch, den wir hatten.“ Polzin stand während der Partie gegen den FCK in Verbindung zu Videoanalyst Eduard Riesen und der wiederum in direktem Kontakt zu Co-Trainer Krohn auf der Trainerbank, während Favé an der Seitenlinie stand. In den eigenen vier Wänden befand Polzin zügig, „dass wir ein richtig gutes Spiel machen und dass wir viele Dinge, die wir über Monate erarbeitet haben, gut umsetzen“.
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Deshalb sei es zwar „Horror“ gewesen, „nicht mit dabei zu sein“ in der Arena, kann er Favés Sätze bestätigen. Aber Polzin erkannte von zu Hause aus: „Man hat relativ schnell gemerkt, dass es ein guter Abend für uns wird.“ Darum gab er seine Ideen auch nicht im Minutentakt an Analyst Riesen weiter. „Und weil ich den Jungs vertraue“, betont Polzin. „Es wäre ein schlechtes Zeichen, wenn ich sage, dass ich den Jungs vertraue, aber alle zwei Minuten etwas an die Bank weitergeben will.“ Zudem wisse er aus seiner alten Rolle als Co-Trainer sowie Spielanalyst, dass es nicht zielführend sei, zu viele Inhalte zu platzieren. „Deshalb waren es eher vereinzelte Infos – und vollstes Vertrauen in Loic, dass er die Dinge so umsetzt wie wir sie sonst gemeinsam entscheiden. Das haben sie überragend gemacht.“
HSV-Staff überraschte Polzin: „Eine sehr schöne Geste“
Und nach der Partie durfte er dann ja auch mehr oder weniger live mitfeiern – denn für den gemeinsamen Jubel der Profis und des Staffs vor der Nordkurve wurde er per Videocall dazugeschaltet. „Ich hatte den Fokus komplett auf dem Spiel und habe nicht damit gerechnet, dann während des Kreis dazugeschaltet zu werden“, verriet Polzin nun, dass er durchaus überrascht war von der Aktion seines Teams. „Wie Loic es gesagt hat: Es war eine sehr schöne Geste, die da aus dem Trainer- und Staff-Team kam. Das hat mich natürlich mehr als gefreut – auch wenn Worte nicht so wirklich ankamen bei der Lautstärke, die im Stadion vorherrschte.“ Das war dann aber auch nicht wichtig.
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Entscheidend sei die Aktion an sich – weil sie unterstreiche, welcher Geist sich innerhalb des HSV derzeit festigt. „Es war wieder ein kleiner Moment, in dem man merkt: Okay, wir sind auf dem richtigen Weg“, findet Polzin. „Und unabhängig davon, wie die Spiele ausgehen: Wir tun es füreinander. Das hat mir in dem Fall viel gegeben von der Bedeutung her, dass ich ein Teil davon sein konnte.“ Polzin war bei der ausgelassenen Feierei mittendrin – und will es in den kommenden Tagen, sobald seine Stimme wieder mitspielt, auch wieder auf dem HSV-Trainingsplatz sein.
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