„Nicht meine Position“: Baumgart überrascht mit HSV-Taktik – harte Kritik für Bénes
László Bénes hatte sich fest entschlossen gezeigt. „Ich freue mich sehr, dass ich endlich zurück bin“, hatte der Slowake angesichts seiner abgesessenen Rotsperre gesagt – und im Interview mit der MOPO angekündigt: „Unsere Fans sind heiß, unser Team ist heiß – und ich bin heiß.“ Und in der Tat kochte es am Freitagabend in den Köpfen von Bénes und Steffen Baumgart – allerdings vor Wut, Enttäuschung, Frust. Nicht zuletzt war der Coach überhaupt nicht zufrieden mit der Art und Weise, wie Bénes beim 0:2 in Düsseldorf seine ungewohnte Rolle als Linksaußen angenommen hatte. Und der 26-Jährige selbst, als zentraler Achter in dieser Saison bis dato brutal effektiv (elf Tore, acht Assists), machte kein Geheimnis daraus, was er von der neuen Position hält.
„Es weiß jeder, dass es vielleicht nicht meine Position ist“, sagte Bénes in den Katakomben der Merkur Spiel-Arena mit gesenktem Kopf – ohne sich aber über die unerwartete taktische Vorgabe an ihn zu beklagen. „Was ich gebracht habe, ist Energie. Das kann ich immer zeigen, egal, welche Position ich spiele. Das ist klar meine Stärke.“ Die aber vor allem in der ersten Spielhälfte überhaupt nicht zu sehen war, vielmehr fremdelte Bénes mit seiner Rolle.
Bénes fremdelte mit seiner Rolle als Linksaußen beim HSV
Wie genau die im Optimalfall hätte aussehen sollen, war am Freitagabend gar nicht so leicht zu bestimmen. Gegen den Ball spielte der HSV teils in einem 4-1-3-2-System, Immanuel Pherai schob aus dem Mittelfeld eine Position nach vorne und lief die Fortuna-Abwehrkette in einer Art Doppelspitze mit Robert Glatzel an; in der offensiven Dreierreihe dahinter bildete Bénes den linken Part. Mit dem Ball hatte die Ausrichtung des HSV zu Beginn etwas von einem 4-1-4-1-System, in dem Pherai und Ludovit Reis vor Jonas Meffert und hinter Glatzel das Zentrum beliefen – während Bénes als Pendant zu Rechtsaußen Bakery Jatta die (halb-) linke Offensivseite bespielte.
„Ich habe einen Tag vor dem Spiel vom Trainerteam erfahren, dass ich auf dem Flügel spiele, aber trotzdem immer mal wieder innen den Ball abhole und einfach für offensive Aktionen sorge“, beschrieb Bénes nach Abpfiff selbst seinen taktischen Aufgabenbereich. „Ich habe heute in einer ungewohnten Position gespielt, aber trotzdem war das in Ordnung“, versuchte sich der Nationalspieler an einer sachlichen Einordnung. „Es geht nicht darum, welche Position oder Aufstellung wir spielen.“ Zumal Baumgart diese Ausrede auch nicht zählen lassen hätte. Der HSV-Coach zeigte sich auch nach der Pleite überzeugt von seiner Entscheidung – und sparte nicht mit direkter Kritik.
HSV-Trainer Baumgart verteidigt die Bénes-Entscheidung
„Es war eine mannschaftliche Maßnahme, die wir getroffen haben. Da ging es ums Anlaufen, ums vordere Anlaufen“, erklärte Baumgart, warum er Bénes für den klassischen Außenspieler Ransford Königsdörffer in die Startelf gestellt hatte. Pherai, Reis und der nicht mehr rotgesperrte Bénes standen erstmals in dieser Saison gemeinsam von Beginn an auf dem Platz, Baumgart wollte offenbar niemanden aus dem Mittelfeld-Trio opfern und stattdessen alle drei wohl spielstärksten HSV-Profis aufbieten, um den direkten Zug zum gegnerischen Tor nach dem erschreckenden Auftritt gegen den VfL Osnabrück (1:2) zu erhöhen. Doch die Maßnahme verpuffte. Weil Bénes die Rolle nicht annahm?
„Ich bin mir relativ sicher, dass er es mit der Position nicht so umgesetzt hat wie ich es mir vorgestellt habe“, fand Baumgart – nicht nur einmal auf der Pressekonferenz – deutliche Worte. „Die Maßnahme ist trotzdem die richtige.“ Im Nachhinein mit Konjunktiven zu arbeiten, also zu spekulieren, was gewesen sein könnte, hätte Bénes auf seiner zweifellos besten Position in der Zentrale gespielt, sei nicht seine Art. „Es war eine klare Entscheidung, die Entscheidung war gut“, blieb der 52-jährige Trainer überzeugt. „Die Umsetzung war nicht gut.“ Auch von Bénes.
Bénes selbstkritisch: „Ganz schlechte Leistung von uns“
Baumgart ließ in seinen Ausführungen Verständnis dafür durchklingen, dass bei einen Spieler, der zuletzt dreimal in Folge zum Zuschauen verdammt war, nicht sofort alles auf Anhieb wieder funktionieren könne. Bénes, der unter der Woche eine Startelf-Garantie von seinem Coach erhalten hatte, fehlte in Düsseldorf aber auch in der zweiten Hälfte über weite Strecken die Bindung zum Spiel. Auch der Seitenwechsel des Linksfußes mit Jatta nach der Pause brachte zunächst nicht die erhoffte Wirkung.
Aber immerhin, so Baumgart mit Blick auf die Gelb-Rote Karte für Moritz Heyer in der 52. Minute: „Ich glaube, dass Laci eher zum Ende hin, als wir einer weniger waren, mehr zur Geltung kam – am Anfang nicht.“ Von weiterer Einzelkritik wolle er absehen an diesem missratenen Abend, an dem der HSV als Kollektiv neben sich stand. Da wollte und konnte auch Bénes nicht widersprechen.
„Ich finde, es war ein ganz, ganz schlechtes Ergebnis für uns. Nach einer Heimspiel-Niederlage wieder eine Niederlage“, fasste er die missliche Lage zusammen – und forderte: „Wir müssen ganz schnell wieder Stabilität reinkriegen und auf dem Platz alles geben. Von allem fehlt etwas. Von der Mentalität, von der Genauigkeit, von den Ballverlusten. Das ist zu wenig.“ Egal auf welcher Position.