Ludovit Reis breitet die Arme aus und guckt frustriert

Ludovit Reis stand der Frust nach dem 2:2 des HSV auf Schalke ins Gesicht geschrieben. Foto: imago images/Beautiful Sports

Polzin wie Baumgart: So sah HSV-Kapitän Reis den plötzlichen Abwehr-Job

Was, wenn Miro Muheim, Noah Katterbach, Nicolas Oliveira und Aboubaka Soumahoro ausfallen, und wenn dann auch noch Aushilfs-Linksverteidiger Silvan Hefti gelbvorbelastet ist? Dann wird Merlin Polzin kreativ. Auf Schalke war es Ludovit Reis, der nach der Pause plötzlich eine Doppelrolle bekleidete, die an Steffen Baumgart erinnerte. Denn Reis verteidigte wie einst unter dem Ex-Coach gegen den Ball auf der Außenbahn – und verlor vor dem 2:2 durch Moussa Sylla das Kopfballduell gegen Adrian Gantenbein. Das sorgte bei Reis für Frust.

„Wir müssen uns an die eigene Nase fassen“, suchte der Niederländer, der den HSV in der Veltins Arena wegen Sebastian Schonlaus Bankplatz wieder als Kapitän aufs Feld geführt hatte, nach dem Remis nicht nach Ausreden. „Wenn wir mit einem Mann mehr sind, müssen wir einfach angreifen.“ Und auch wenn sein Team die Spielkontrolle über weite Strecken auf seiner Seite hatte, beklagte Reis nach dem Abpfiff doch: „Das Tempo muss viel höher sein.“

Der 24-Jährige selbst initiierte viele Offensivszenen, hatte im Topspiel die meisten Ballbesitzphasen aller Akteure (127) und lief 11,78 Kilometer. Auch, weil er in der 47. Minute aus 14 Metern zu zentral abschloss, verpasste es der HSV aber, auf 3:1 zu stellen und die Partie somit frühzeitig zu entscheiden. „Wir haben schon etwas probiert mit Dompé an der Seite und mit Fabio (Baldé; d. Red.), der gut reingekommen ist“, sagte Reis. „Die Flanken müssen nur viel besser sein.“ Und am Ende war es eine Hereingabe der Gastgeber, wegen der der Ausgleichstreffer fiel.

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Schwach war vor allem, wie Dennis Hadzikadunic das Kopfballduell gegen den elf Zentimeter kleineren Torschützen Sylla verlor (81.). In der Entstehung des Treffers nach Flanke von Tobias Rohr stand aber auch Reis im Fokus – weil er als Linksverteidiger bei gegnerischem Ballbesitz mit im eigenen Strafraum verteidigte und gegen Gantenbein den Kürzeren zog. „Sie haben mir das erklärt“, sagte Reis über die Halbzeit-Entscheidung der HSV-Trainer, die zur Pause neben Immanuel Pherai auch den vorbelasteten Hefti vom Feld nahmen. „Wir wollten kein Risiko eingehen, was die Gelben Karten angeht“, bestätigte Polzin, dessen Positionsverschiebung von Reis an eine Baumgart-Idee erinnerte.

„Alles okay“: Gelbe Karte für Hefti hatte Folgen für Reis

Um neben Jonas Meffert und den in der Vorsaison überragenden László Bénes auch Reis auf dem Feld zu haben, hatte der Ex-HSV-Trainer den Vize-Spielführer vor ziemlich genau einem Jahr häufig als Teilzeit-Rechtsverteidiger eingesetzt. Im Ballbesitz war Reis damals wie heute im Zentrum, auf seiner Lieblingsposition, positioniert, in der Defensive aber spielte er in der Rückrunde 2023/24 mehrfach rechts hinten – und auf Schalke nun links hinten.

„Ich mache das für die Mannschaft. Wenn der Trainer das will, dann mache ich das“, sagte Reis in den Katakomben der Veltins Arena. „Ich habe meine 100 Prozent gegeben. Ich weiß, was Merlin von mir will, wenn er etwas zu mir sagt. Er vertraut mir voll. Und wenn er das zu mir sagt, nehme ich das auf mich. Es ist alles okay.“ Polzin konnte sich die besondere Rolle für Reis sowie die taktische Anordnung ohne klassischen Linksverteidiger nach der Pause auch deshalb leisten, weil die Hausherren nach Kenan Karamans Foul an Jonas Meffert früh in Unterzahl geraten waren.

Zudem war Hefti (wie sonst Muheim) in Durchgang eins häufig von der linken Abwehrseite in die Mitte gezogen, um die Zentrale mit einem weiteren Sechser zu überladen und den direkten Passweg auf Flügelflitzer Dompé zu öffnen. Von der offensiven Ausrichtung her änderte sich, wenn der HSV den Ball hatte, in Hälfte zwei daher gar nicht so viel.

HSV-Leader Reis fordert: „Können jetzt nicht negativ sein“

„Wir haben in der zweiten Halbzeit noch mehr Spielkontrolle gehabt, haben sowohl das Restfeld gut verteidigt als auch es geschafft, immer wieder Situationen im letzten Drittel herzustellen“, befand Polzin, als er über die taktische Umstellung sprach. Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Klare Torchancen erspielte sich der HSV in der zweiten Hälfte trotz Überzahl nicht – auch, weil viele Dompé-Flanken diesmal nicht genau genug waren. „Und dass sie dann das 2:2 machen, da müssen wir uns, wie gesagt, an unsere eigene Nase fassen“, bemängelte der frustrierte Reis.

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Von einem herben Rückschlag wollte der Mittelfeldmann aber nicht sprechen. „Natürlich müssen wir über die Details sprechen, was wir besser machen müssen“, so Reis. „Aber wir können jetzt nicht negativ sein – und machen weiter.“

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