Schweißausbrüche, wenig Antrieb: Offene Worte von Ex-HSV-Stürmer Harnik
Er wird das Derby diesmal nur am TV verfolgen. In der vergangenen Saison war Martin Harnik noch beide Male mittendrin, als der HSV dem FC St. Pauli jeweils 0:2 unterlag. Vor wenigen Wochen aber beendete der 33-Jährige seine Profi-Karriere und geht seitdem für Oberliga-Meister TuS Dassendorf auf Torejagd. Eine Entscheidung, die Harnik nicht bereut. Der Druck im Profifußball setzte ihm vor allem seelisch enorm zu, wie er nun offenbarte.
14 Jahre lang war Harnik Profi, bei Werder Bremen, in Düsseldorf, Stuttgart, Hannover und dem HSV. 323 Mal spielte er in der Ersten und Zweiten Liga, dazu 68 Mal für Österreich. Eine schöne Zeit. Aber auch eine, die ihn immer wieder zermürbte. „Ich habe mich mit jedem meiner Vereine stark identifiziert und immer den direkten Kontakt mit den Mitarbeitern gesucht“, erklärte er gegenüber „SPOX“ und „Goal“. „Es baut einen enormen Druck auf, wenn man von ihnen hört: ‚Wenn ihr nicht aufsteigt, weiß ich nicht, ob ich nächstes Jahr noch einen Job habe.’“
Ex-HSV-Profi Harnik: So sehr setzten ihm Misserfolge zu
Schon erschreckend, wie sich die Gemengelage aus Druck und öffentlicher Erwartungshaltung auf Harnik auswirkte. „Vor Spielen habe ich manchmal Schweißausbrüche mit kaltem Schweiß bekommen“, lässt er wissen. „Erfolglose Phasen raubten mir viel Energie. Wenn ich morgens aufgewacht bin, habe ich mich oft ausgelaugt gefühlt. Ich hatte wenig Antrieb, war träge und bin schwer aus dem Bett gekommen.“ Anders im Erfolgsfalle: „Da war ich auch nach zwei Stunden Schlaf super drauf und voller Energie. Diese Achterbahnfahrt der Gefühle war brutal für mich.“
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Kein Wunder, dass Harnik für sich mit dem Profifußball abgeschlossen hat. Während zahlreiche Fußballer nach der aktiven Karriere Trainer oder Manager werden, sagt der gebürtige Hamburger klipp und klar: „Ich sehe mich künftig zu nullkommanull Prozent im Profifußball. Ich will mich als Unternehmer in der freien Wirtschaft probieren und meine bereits bestehenden Projekte intensiver begleiten.“ Da ist Harnik schon bestens aufgestellt. Er ist Gesellschafter der Firma „Party Helden“ (Kostüme, Party-Deko, Luftballons//insgesamt sechs Läden) und betreibt zusammen mit Wolfsburgs Stürmer Daniel Ginzcek in Stuttgart den Fleisch-Tempel „Meat Club“.
Für Dassendorf erzielte Harnik gerade seinen ersten Treffer
Bevor sich Harnik komplett seinen Geschäften widmet, will er aber erst mal fleißig für Dassendorf knipsen. Am Wochenende, beim 4:0 gegen Concordia, erzielte er seinen ersten Treffer. Und selbst wenn er das große Stadtderby am Freitag mit ein wenig Wehmut verfolgen dürfte, weiß er: „Wenn ich für Dassendorf ein katastrophales Spiel mache und wir verlieren, wird sich das nicht auf mein Privatleben auswirken. Das ist eine große Erleichterung für mich.“