„Sind nicht naiv“: Relegation letzte Hoffnung für den HSV? Das sagt Boss Boldt
Den Auswärtssieg wegen eigenen Unvermögens vorm Tor des Gegners verspielt. Zwei Punkte verloren und darum auch Platz drei an Fortuna Düsseldorf. Jetzt als Vierter bereits sieben Punkte hinter Kiel auf Rang zwei. Ein Trainer, der sieben Partien vorm Saisonende anerkennen muss: „Wir machen es nicht so gut wie die Teams vor uns.“ Und ein unzufriedener Sportvorstand, der einen Hauptkritikpunkt an die Profis formuliert. Jonas Boldt spricht Klartext, weil er die Tabelle und die wohl letzte HSV-Hoffnung kennt – er wehrt sich aber auch.
„Es lässt sich nicht von der Hand weisen“, räumte der 42-Jährige am Ostermontag ein, „dass wir tabellarisch und punktemäßig nicht da stehen, wo wir stehen wollen.“ Nach der Fürth-Reise wollte der HSV bei 47 Zählern und wieder auf Platz drei stehen – durch das 1:1 ist er nun jedoch erst zum zweiten Mal in dieser Saison nach einem Spieltag nicht mehr in den Top Drei zu finden. „Enttäuschend“, nennt Boldt das – nicht aber die Entwicklung in den fünf Spielen (zwei Siege, ein Remis, zwei Pleiten) unter Steffen Baumgart. Und auch nicht den Auftritt des HSV bei Greuther Fürth.
Boldt: War „kein schlechtes Spiel“ des HSV in Fürth
„Ich wehre mich dagegen, von einem schlechten Spiel zu reden“, betonte Boldt. „Wir waren einfach nicht entschlossen genug, um das Ergebnis auf unsere Seite zu ziehen.“ Die chancenreiche zweite Halbzeit war tatsächlich die bisher wohl beste unter Baumgart, eine solche muss man nach einer derart dünnen ersten Hälfte aber auch erwarten können vom HSV. Genauso wie Dominanz über die kompletten 90 Minuten sowie ergebnismäßige Konstanz über ein einzelnes Liga-Spiel hinaus.
„Wir müssen gucken, dass wir mehr als einen Punkt pro Spiel holen“, benannte Baumgart das Problem, das seit dem Saison-Traumstart mit 13 Punkten aus den ersten fünf Spielen noch unter Tim Walter besteht: In den letzten 22 Partien gab es im Durchschnitt erschreckende 1,45 Punkte pro Partie. Eine Bilanz als Ausdruck von Mittelmaß. Dazu passt: Jetzt, da der HSV defensiv etwas stabiler steht, fehlt offensiv die Kaltschnäuzigkeit – und die richtige Einstellung in weiten Teilen des Kaders?
Die HSV-Bosse vermissen den unbedingten Willen der Profis, nicht nur gewinnen zu wollen, sondern es auch zu tun. Ganz einfach: den Ball mit einhundertprozentiger Überzeugung ins Tor zu schießen. Diesem Hauptkritikpunkt hält Boldt entgegen: „Der Trend von dem, was eingefordert wurde, und was wir umgesetzt haben bei einem starken Heimgegner, war über weite Strecken richtig gut.“
Aufstieg? Die Zeit spricht gegen den HSV und Baumgart
Der Sportvorstand sieht interne Fortschritte, eine voranschreitende Entwicklung unter Baumgart, dem es um Prinzipien und einfache Mittel geht. Die Zeit könnte dennoch gegen den HSV sprechen, dieser Eindruck verfestigte sich am Osterwochenende so stark wie nie.
„Wir haben Platz zwei nicht aus den Augen verloren, aber wir sind natürlich nicht naiv“, stellte Boldt klar. „Wenn du eigentlich einen Rückstand aufholen willst und sich der Rückstand jetzt vergrößert hat und du den dritten Platz verloren hast, ist es jetzt erst mal das Kernziel, den Platz zurückzuerobern.“
Also Rang drei, die aktuell letzte Hoffnung des HSV, dem der Aufstieg unter Boldt bereits viermal misslang. Deshalb kämpft der Manager nicht nur um eine gute Stimmung trotz des erneuten Nackenschlags – sondern auch um seinen Job.
Die kritischen Stimmen aus Teilen des Aufsichtsrats, aus Fankreisen und aus der Öffentlichkeit hat Boldt vernommen, gegenüber Sky erklärte er schon in der Vorwoche: „Für mich ist es wichtig, die Möglichkeit zu haben, mit Menschen weiter etwas vorantreiben zu können. Daran bewerte ich immer auch ligaunabhängig, wie meine eigene Zukunft aussieht.“
Das Gefühl, den HSV weiter stabilisieren und zum Aufstieg führen zu können, hat Boldt nicht verloren. Seine Grundstimmung sei vor dem Saisonfinale „auf jeden Fall“ positiv – selbst, wenn die letzte HSV-Hoffnung nun Relegation heißt. Und das abermalige Scheitern immer realistischer wird.