HSV-Keeper Heuer Fernandes mit klarer Kampfansage
Abhaken, weitermachen, fertig. Daniel Heuer Fernandes hat klare Lehren aus seinen ersten beiden HSV-Jahren gezogen, der 28-Jährige vermittelt nicht den Eindruck, als könne ihn zurzeit irgendetwas umwerfen – weder die Derby-Pleite bei St.Pauli (2:3) noch der Zweikampf mit dem gerade verpflichteten Marko Johansson. Im Gespräch mit der MOPO zeigt sich der Deutsch-Portugiese wild entschlossen, seinen Status als Nummer eins zu verteidigen.
MOPO: Vor ein paar Tagen stellte der HSV Ihnen mit Marko Johansson einen neuen, ehrgeizigen Keeper-Kollegen an die Seite. Mit welchen Gefühlen haben Sie das verfolgt?
Daniel Heuer Fernandes: Es wurde ja immer offen kommuniziert, dass noch ein neuer Torwart kommen wird. Nun ist er da. Für mich ist alles gut so weit.
Johansson soll HSV-Keeper Heuer Fernandes herausfordern
Setzt Sie das nicht zusätzlich unter Druck? Von Johansson erhoffen sich die Vereinsbosse, dass er Sie zum Duell herausfordert.
Ich bin da ganz entspannt. Das ist ja nichts, was es in der Fußball-Welt noch nicht gegeben hat, sondern Normalität. Die Konstellation ist klar: Beide wollen spielen, aber nur einer wird es am Ende auch.
Sie sind diesbezüglich allerdings ein gebranntes Kind. Vor Jahresfrist wechselte Sven Ulreich vom FC Bayern zum HSV und schnappte Ihnen prompt Ihren Stammplatz weg. Nun ist Ulreich weg – und Johansson da.
Aber ich denke schon, dass die Situation diesmal eine ganz andere ist. Ich spüre das klare Vertrauen der Verantwortlichen. Mit meinen ersten Saisonspielen war ich zufrieden, doch darauf ruhe ich mich natürlich nicht aus. Ich kann sagen, dass ich mich klar als den Torwart sehe, der spielt. Das ist dann schon ein Unterschied zur vergangenen Saison.
Heuer Fernandes war ein Jahr fast ohne Spielpraxis
In Ulreichs Schatten haben Sie fast ein Jahr Spielpraxis verloren. Spürten Sie das, nachdem Sie wieder ran durften?
Die Anspannung vor dem ersten Spiel war schon recht groß. Es war das erste Saisonspiel, dazu gleich auf Schalke, das macht etwas mit dir. Aber nach und nach kam der Rhythmus zurück und jetzt ist es schon wieder wie früher.
Dennoch: Vergangene Woche verloren Sie das Stadtderby bei St.Pauli, seitdem hängen die Wolken im Volkspark deutlich tiefer. Haben Sie die Partie schon verdaut?
Das tut natürlich weh. Ich schlafe generell nach Spielen unabhängig vom Ergebnis meistens schlecht, aber diesmal war es noch eine Stunde weniger. Aber wir müssen jetzt nach vorn schauen. Die Punkte gegen Pauli werden wir uns nicht mehr zurückholen können, zumindest nicht jetzt.
Zeigte der HSV bei St. Pauli zu wenig Bereitschaft?
Dennoch: Zahlreiche Fans warfen der Mannschaft mangelnden Biss vor, Ihr Trainer Tim Walter sprach von fehlender Bereitschaft. Das waren schon deutliche Vorwürfe.
Wir sind hart in die Analyse gegangen. Völlig zurecht. In manchen Momenten sahen wir sicherlich nicht gut aus. Aber ich kann für alle sprechen und sagen, dass wir die Partie unbedingt gewinnen wollten und jederzeit versucht haben, das Spiel noch rumzureißen.
Nach solchen Spielen wird im Fußball generell gern die Mentalitätsfrage gestellt. Gladbachs Ex-Nationalspieler Christoph Kramer erklärte kürzlich, das sei totaler Quatsch – weil Mentalität ja eine Grundvoraussetzung dafür sei, überhaupt Profi zu werden.
Da gebe ich ihm Recht! Anders gesagt: Hätten wir keine Mentalität, dann hätten wir nach dem 1:3 gesagt: Ist uns egal. Aber jeder hat gesehen, dass wir wollten.
„Das St. Pauli-Spiel war ein Schockmoment“
Eine Derby-Niederlage wirkt immer etwas länger nach. Wie können Sie das Erlebte aus den Klamotten schütteln?
Das St.Pauli-Spiel war ein Schockmoment, da müssen wir nichts beschönigen. Aber es ist wichtig, jetzt schnell ein positives Gefühl zurückzubekommen, zu punkten, und uns oben festzusetzen. Dann kommt auch die Souveränität zurück.
Die Zahl der Zweifler ist dennoch gestiegen.
Aber wer unsere ersten Spiele gesehen hat, der dürfte bemerkt haben, dass wir viel Spaß und einen klaren Plan haben. Nimmt man das Pauli-Spiel raus, waren wir ja auch recht erfolgreich. Ich glaube fest an unsere Qualität. Jeder weiß natürlich auch, dass uns am Ende nur Siege recht geben werden.
Mit Darmstadt siegte Heuer Fernandes 2019 beim HSV
Mit Darmstadt kommt am Sonntag Ihr Ex-Verein. Aus den letzten fünf Spielen im Volkspark holten die Hessen vier Siege und ein Remis. Sie selbst waren beim 3:2 im März 2019 dabei.
Ich kenne die Situation natürlich, wenn du als vermeintlich kleiner Verein hier in der Gästekabine sitzt und weißt: Gleich geht es raus ins große Stadion. Aber wir müssen einfach genauso motiviert wie der Gegner sein. Das ist der Schlüssel. Es gibt keinen Grund, dass wir dann nicht gewinnen sollten.
Ein Wiedersehen gibt es mit Klaus Gjasula, der den HSV erst in der Vorwoche verließ. Er spielt jetzt ohne Helm. Werden Sie ihn wiedererkennen?
Da Klaus ja auch immer ohne Helm bei uns trainiert hat, wird das kein Problem sein (lacht). Ich freue mich auf ihn. Er ist ein super Typ, hat einen tollen Charakter. Klaus hatte immer einen Witz auf Lager. Nach dem Spiel ist er herzlich Willkommen in unserer Kabine.
Ex-HSV-Profi Gjasula sprach von großem Druck in Hamburg
Gjasula berichtete zuletzt im „Abendblatt“ auch davon, wie groß der Druck gerade für HSV-Profis sei. Er sprach davon, dass die Lust am Spiel sehr schnell zur Last werden könne. Können Sie diese Einschätzung nachvollziehen?
Ich versuche, bei aufkommender Kritik klar zu differenzieren. Es gibt Meinungen, die wichtig sind – und zwar von den Menschen, die neben dir sitzen oder einen Raum weiter, in der Trainer-Kabine. Alles andere muss man nüchtern einordnen. Bei Social Media etwa kritisieren dich Personen zum Teil auch zurecht bei schlechten Leistungen, sagen dir aber auch, dass du der Größte bist, wenn es gut läuft. Das darf man nicht zu sehr an sich heranlassen.
Aus Ihnen spricht die Weisheit von mittlerweile neun Profijahren.
Vielleicht ist es so (lacht). Aber ich denke, dass ich während meiner Jahre beim HSV insgesamt gereift bin. Ich habe viele Erfahrungen gesammelt. Aus meiner Sicht hat mich das alles nur stärker werden lassen – als Torwart und Mensch.