Überraschung im Doping-Prozess: Urteil erneut verschoben – Vuskovic weint vor Gericht
Auch am dritten Verhandlungstag hat es kein Urteil im Doping-Prozess um HSV-Profi Mario Vuskovic gegeben. Das Gericht will und muss in dem Fall weiter beraten, teilte es an diesem Freitag bei der Anhörung in Frankfurt mit. „Wir brauchen eine angemessene längere Zeit, um einen Beschluss zu fassen. Nur so können wir eine entsprechende Entscheidung treffen“, verkündete DFB-Richter Stephan Oberholz.
Eine vierte Verhandlung in Präsenz wird es aber nicht geben. Heute und in den folgenden Tagen werde man sich zu Beratungen zurückziehen, eine Entscheidung werde „den Betroffenen schriftlich in den nächsten 14 Tagen zugestellt”, sagte Oberholz. Damit ist auch ein Blitz-Comeback von Vuskovic vorerst noch nicht möglich, er bleibt bis zu einem Urteil weiterhin vom DFB gesperrt.
HSV-Profi Vuskovic bricht vor Gericht in Tränen aus
Bei der Anhörung am Freitag beteuerte Vuskovic noch einmal seine Unschuld. „Ich bin unschuldig, und meine Familie und Anwälte arbeiten daran, es zu beweisen“, erklärte der HSV-Profi. „Ich habe im Sport niemals betrogen und das werde ich auch niemals tun. Das, wodurch ich und meine Familie in den letzten Monaten gehen mussten, würde ich meinem ärgsten Feind nicht wünschen.“
Dann brach Vuskovic vor Gericht in Tränen aus. „Jeden Tag hoffe ich, dass dieser Albtraum zu Ende geht“, sagte er. „Vor allem befürchte ich, dass es morgen einen anderen Athleten treffen kann. Ich wünsche mir, dass niemand durch das gehen muss, was ich jetzt erlebe. Ich bedanke mich bei meinem Verein, meinen Fans, meiner Familie, den Anwälten und allen, die sich hinter mich gestellt haben.“
Vuskovic-Anwalt Dr. Rain beantragte Freispruch vor Gericht
Im Rahmen der dritten Verhandlung am Freitag war auch versucht worden, eine Kompromisslösung zu finden. „Wir haben Möglichkeiten gesucht, das Verfahren konsensual zu lösen. Das ist leider gescheitert“, erklärte Richter Oberholz. In einem solchen Fall hätte das Urteil abgekürzt werden können.
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Zuvor hatte Vuskovic’ Anwalt Dr. Joachim Rain einen Freispruch beantragt, „weil Mario Vuskovic nicht gedopt hat“, wie er in seinem Schlussplädoyer unterstrich: „Es gibt kein System, das man hier aufdecken könnte. Er hat kein Epo gekauft, kein Epo genutzt oder genommen. Ich habe – wie alle anderen auch – damit aufgehört, an diesem Fall zu verdienen, weil ich einfach das Gefühl habe, dass hier großes Unrecht geschieht. Das kann Mario Vuskovic nicht zugemutet werden.“
Selbst die Anklage in Person von Dr. Anton Nachreiner, Vorsitzender des DFB-Kontrollausschusses, betrachtete Vuskovic zwar für schuldig, riet dem Gericht aber eine „eventuelle Strafmilderung für einen 21-Jährigen jungen Mann, der einmal einen Fehler gemacht hat“. Nachreiner betonte, dass es nicht seine Aufgabe sei, „die vermutlich sehr erfolgreiche Karriere zunichte zu machen. Die endgültige Zielsetzung darf nicht sein, die Leute kaputt zu machen und zu einem vorzeitigen Karriereende zu führen, sondern, dass die Leute wieder auf einen rechten Weg kommen.“
Prof. Dr. Lorenz Hofbauer unterstützte die HSV-Anwälte
Die HSV-Anwälte wurden diesmal unterstützt von Prof. Dr. Lorenz Hofbauer, Oberarzt am Uniklinikum Dresden. Er ist einer derjenigen, die auch Gutachten für den HSV erstellt und die Urinprobe als mangelhaft und damit als ungültig bezeichnet hatten. Auch am Freitag bekräftigte er abermals, dass das Resultat der A- und B-Probe eine willkürliche Auswertung sei. Er veranschaulichte vor Gericht, wie schwer so ein positiver Befund wirklich zu erkennen ist. Fast alles sei Interpretationssache und könne nicht wirklich nachgewiesen werden, sagte Hofbauer.
Kritisiert hatten die HSV-Anwälte insbesondere, dass eine C-Probe des Urins trotz des Wunsches von Seiten des Gerichts nicht entnommen wurde. Der unabhängige kanadische Gutachter Jean-François Naud hatte die Durchführung einer C-Probe verweigert, weil er die Resultate der A- und B-Probe für korrekt hielt. Die Vuskovic-Seite wirft der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) vor, Naud dazu aufgerufen zu haben, keine weitere Analyse vorzunehmen. Darüber gebe es jedoch keine Erkenntnisse, teilte das Gericht am Freitag mit.
Fehlende C-Probe für Vuskovic-Anwälte Beweisvereitelung
Vuskovic’ Anwälte bezeichneten das Fehlen einer C-Probe als Beweisvereitelung und beantragten, dass diese in einem WADA-fremden Labor durchgeführt wird. Die WADA jedoch erklärte sich grundsätzlich nicht einverstanden mit einer weiteren Analyse – aus ihrer Sicht sei das positive Ergebnis von Sven Voss aus Kreischa gültig und entspräche den internationalen Standards. Die Bestätigung einer B-Probe in einem anderem Labor sei demnach nur mit Ausnahmegründen möglich, die in diesem Fall nicht vorlägen. Oberholz sagt zu diesen Vorgängen: „Inwieweit es Auswirkungen auf das Verfahren haben wird, dass keine weitere Analyse durchgeführt wurde, ist eine Frage, die das Sportgericht irgendwann beantworten muss.“
Dass es überhaupt zu einem dritten Verhandlungstag kam und das Urteil nicht – wie ursprünglich geplant – schon nach zwei Anhörungen gefallen war, lag an ebendiesen Zweifeln an Vuskovic’ Urinprobe. Die weitere Verhandlung am vergangenen Freitag wurde dann nochmals um eine Woche verschoben, weil Vuskovic’ Anwalt „einen neuen, umfangreichen Verteidigungsschriftsatz eingereicht hat, der als Anlage auch vier neue, ergänzende Bewertungen wissenschaftlicher Fachberater enthält. Die notwendige und sachgerechte Auseinandersetzung damit wäre bis zum ursprünglichen Termin an diesem Freitag nicht mehr möglich gewesen“, hatte der Sportgerichts-Vorsitzende Oberholz damals erklärt.