Ungeduld-Geständnis von Sommer-Zugang: Jetzt muss er beim HSV liefern
Merlin Polzin fing am Dienstag doch noch an, zu pokern. „Wir haben Hannover ein bisschen beobachtet und sind nicht abgeneigt, Dinge anzupassen“, sagte der HSV-Trainer, als er auf die Besetzung auf den defensiven Außenbahnen angesprochen wurde. Findet er jetzt, da Miro Muheim gelbgesperrt ist und Noah Katterbach mit einem Kreuzbandriss ausfällt, trotzdem eine Startelf-Lösung, die nicht Silvan Hefti beinhält? Falls ja, würde das die Geduld des Sommer-Neuzugangs, der nicht zufrieden ist mit seiner Hinrunde, auf eine neue Probe stellen.
Stefan Kuntz und Claus Costa entschieden sich kürzlich auch deshalb dagegen, auf Katterbachs Verletzung mit dem Transfer eines Außenverteidigers zu reagieren, weil sie Hefti vertrauen. Der Plan der HSV-Bosse lautete: Selbst wenn Muheim mal fehlen sollte, so wie nun am Sonntag (13.30 Uhr, Liveticker auf MOPO.de) gegen Hannover 96, dann gibt der HSV-Kader (zusätzlich zu Youngster Nicolas Oliveira) eine einwandfreie Alternative her. Und zwar: Der zuletzt gesetzte William Mikelbrencis rückt von der rechten auf die linke Defensivseite, dafür beginnt rechts Hefti.
Miro Muheim gesperrt – Chance für HSV-Verteidiger Hefti?
Die Sperre Muheims bietet dem Schweizer die Chance, sich nachhaltig zu empfehlen und dem gerecht zu werden, was sich Kuntz im Sommer von seiner Verpflichtung erhofft hatte: eine Konstante auf der Rechtsverteidigerposition. Diesen Wunsch konnte Hefti nicht erfüllen. Zum einen, weil er zwischen Oktober und November sechs Pflichtspiele verletzt verpasste. Und zum anderen, weil er dann, wenn er auf dem Platz gefragt war, zu oft zu wackelig agierte.
Das weiß der 27-Jährige selbst. Im Vereinspodcast „Pur der HSV“ räumt Hefti ein: „Natürlich bin ich nicht zufrieden mit meiner Hinrunde. Im Großen und Ganzen war es okay, also nicht schlecht – aber ich glaube, da hätte ich meine Qualitäten noch mehr einbringen können.“ Weil die Verantwortlichen von ebendiesen Fähigkeiten überzeugt waren, überwiesen sie Anfang August 1,2 Millionen Euro an den FC Genua. Hefti wechselte nach Hamburg, um die Vakanz hinten rechts zu besetzen, und er sagt noch immer: „Für mich war es eine super Möglichkeit, zum HSV zu gehen.“
Hefti nicht froh über Hinrunde: „Bin kritisch mit mir selbst“
Nach vier Startelf-Einsätzen in Serie zu Saisonbeginn kam dann aber die Rücken-Verletzung – und es dauerte bis zum 14. Dezember in Ulm, bis Hefti wieder starten durfte. Der HSV enttäuschte im damals dritten Spiel unter Merlin Polzin aber komplett und der Ex-U21-Nationalspieler musste zur Pause runter. „Das war ein nicht wirklich gutes Spiel von uns“, sagt Hefti rückblickend. „Darum muss man selbstkritisch sein und sagen: Das hätten wir natürlich gewinnen müssen, um schnellstmöglich wieder in die Spur zu kommen – und damit auch ich persönlich wieder voll in den Rhythmus komme.“ Das misslang Hefti nach einer Phase ohne viel Einsatzzeit, die an seinen Nerven nagte.
„Ich bin schon eher ein ungeduldiger Mensch, das muss ich zugeben“, gesteht Hefti im HSV-Podcast. Er betont gar: „Ich habe eine große Erwartungshaltung an mich selbst, bin kritisch mit mir selbst.“ Den großen Druck im Volkspark, mit dem man vor allem als Neuzugang erst einmal zurechtkommen muss, will er nicht als Ausrede nutzen. „Darauf will ich auch nicht eingehen, das ist Part of the Game, das gehört dazu“, sagt Hefti. „Und es macht auch Spaß, wenn man sich dem stellen kann, wenn man das rocken und erfolgreich gestalten kann. Dann ist das noch umso cooler und besser.“ Sein Problem indes ist: „Weil ich viel von mir erwarte, bin ich da ein bisschen ungeduldig manchmal.“
HSV-Schweizer hat spezielle Methoden für harte Phasen
Es liegt auf der Hand, dass diese Charaktereigenschaft ihn im Laufe der Hinrunde bisweilen vor Herausforderungen gestellt hat. Hefti hat allerdings Mittel gefunden, um sportliche Dellen mental durchzustehen. „Man sollte es nicht ignorieren“, sagte er zwar. „Aber man kann es auch größer machen – und dann erdrückt es dich vielleicht.“ Wichtig sei aus Heftis Sicht, „dass man den Fokus nicht verliert – nicht nur auf das Ziel, sondern auch die tägliche Arbeit. Darauf sollte man sich konzentrieren können, vielleicht kleine Steps machen jeden Tag“. Um diese Schritte zu gehen und um sich wieder in eine gute Form zu bringen, greift Hefti auf besondere Methoden zurück. Er hat sogar Rituale.
Hefti verrät, dass er sich im Alltag, aber auch vor dem Training regelmäßig Notizen macht. Es passiere häufig, dass er auf ein Blatt Papier oder in eine App auf seinem Handy schreibe, was er zum Beispiel „im Training bewirken oder genau machen möchte. Das kann auch einfach eine gute Flanke sein oder was auch immer. Dann kann man sich nach dem Training reflektieren und das abhaken oder eben nicht“. Hauptsache in Schriftform, „dann ist es noch mal ein bisschen verstärkt“. Das Notizbuch verwendet er dabei manchmal gar lieber als sein Smartphone und er erklärt: „Es geht nicht nur um Fußball. Wenn man ansonsten Dinge erledigen muss, überlege ich mir: Was ist jetzt wichtig?“
HSV-Coach Polzin pokert: Dreierkette oder Hefti gegen 96?
Gegenwärtig ist es für Hefti vor allem wichtig, nach einer schwierigen Hin- zügig und erfolgreich in der Rückrunde anzukommen. „Ich habe das Gefühl, dass ich auf einem guten Weg bin, in eine sehr gute Form zu kommen“, gibt er sich optimistisch. „Das ist mein Ziel – und der Grund, warum ich im Sommer verpflichtet wurde: um mit meinen Qualitäten dem Team bestmöglich zu helfen, die Ziele zu erreichen.“ Dass der HSV die Aufstiegsmission eindeutig formuliert hat, findet Hefti „richtig so“, denn: „Mit dem Verein muss man das machen.“ Der Schlüssel sei Konstanz.
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Womöglich wird das Heimspiel gegen Hannover für Hefti der erste Schritt, um selbst zu einer beständigen Größe für den HSV zu werden. Es „würde sich anbieten ….“, dass Hefti am Sonntag hinten rechts und Mikelbrencis dafür hinten links spielen würde, sagte Polzin am Dienstag – ehe das Pokern des Trainers, der Alternativen aufzählte, begann: „… wenn wir nicht auf Dreier- oder Fünferkette gehen, wenn Nico (Nicolas Oliveira; d. Red.) nicht spielt oder wenn wir nicht noch eine verrückte Idee haben.“ Der ungeduldige Hefti präferiert ziemlich sicher die nicht-verrückte Option.
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