„Wie krass muss man den Verein lieben?“ Stadionsprecher staunt über die HSV-Fans
580 Tage musste er auf diesen Moment warten. 580 Tage, in denen Christian Stübinger bis dahin schon HSV-Stadionsprecher war – in dieser Funktion aber noch kein einziges Mal ein volles Volksparkstadion erleben durfte. Am 19. April hatte das Warten ein Ende. DFB-Pokal-Halbfinale. Gegner: der SC Freiburg. Ausverkauftes Haus. Nicht nur dieses Erlebnis lässt Stübinger im Rückblick auf das Jahr 2022 staunen – sondern auch und vor allem die HSV-Fans.
Jene Fans, die 2022 endlich und vollständig in die Stadien zurückkehren durften. „Die Sehnsucht war gigantisch“, erklärt der 34-Jährige im Gespräch mit der MOPO. Stübinger, hauptberuflich Moderator bei Radio Hamburg, bildet seit September 2020 gemeinsam mit Christina Rann das Stadionsprecher-Duo beim HSV. Für ihn ein Traumjob – diese Ansicht hat sich 2022 noch weiter verstärkt. Weil Stübinger erstmals nicht vor 1000 oder 5000, sondern vor 57.000 Zuschauern alles reinlegen durfte in seine Ansprache.
Christian Stübinger erzählt von seinem besonderen HSV-Jahr 2022
„Ich habe etwas verspürt, was ich schon lange nicht mehr verspürt habe. Eine positive Aufregung, eine Vorfreude, ein Kribbeln“, erinnert er sich an das Freiburg-Spiel (1:3). Und sagt lachend: „Es ging eigentlich nur darum, die Woche bis dahin möglichst schadlos zu überstehen.“ Die Vorfreude im Vorfeld sei ungreifbar gewesen, „unfassbar groß“. Viel größer als die Enttäuschung über das Halbfinal-Aus.
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Die, gesteht Stübinger, habe sich auch nach der Relegationspleite gegen Hertha BSC in Grenzen gehalten. Obwohl er selbst ein emotional mitfiebernder HSV-Fan ist – und obwohl es schon der zweite Nicht-Aufstieg war, seitdem er Stadionsprecher ist. Bei allem Schmerz: „Es war sportlich fair, dass sich die Hertha durchgesetzt hat“, meint Stübinger, der das Resultat schnell abgehakt hat.
Stübinger schwärmt von den HSV-Fans: „Das ist echt einmalig“
Der Familienvater erinnert sich lieber an andere Momente. An das „krasseste Auswärtserlebnis“ etwa, das er beim Hinspiel vor rund 20.000 HSV-Fans in Berlin erlebt habe: „Die Stimmung im Stadion – das war unglaublich.“ Stübinger gerät ins Schwärmen, wenn er erzählt über jene Anhänger, die ihm beim Verlesen der Mannschaftsaufstellung alle zwei Wochen die Nachnamen der HSV-Profis entgegenschreien.
„Ich sehe jetzt eigentlich das erste Mal so richtig, was das Volksparkstadion in der Lage ist zu leisten“, staunt er. „In dieser Saison zeigt sich ganz besonders, wie sehr der HSV im Herzen der Stadt ist. Das ist unfassbar.“ Über 51.000 Zuschauer kommen im Schnitt, selbst im letzten Heimspiel vor der Winterpause kamen über 55.000 Fans in den Volkspark.
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„Gegen Sandhausen, in unserem fünften Zweitliga-Jahr – da schütteln andere Vereine mit dem Kopf“, betont Stübinger. „Wie krass muss eine Stadt ihren Verein lieben? Das ist echt einmalig und rührt einen manchmal richtig.“
Radio-Moderator freut sich auf Rückrunde – und glaubt an HSV-Aufstieg
Emotional soll es auch am 29. Januar wieder werden, wenn der HSV mit einem Heimspiel in die Rückrunde startet. Endlich, nach dann elf Wochen Pause, findet Stübinger: „Ich habe echt schon wahnsinnig Bock darauf. Ich glaube nicht, dass es viele Menschen gibt, die sich so sehr auf einen Arbeitstag freuen wie ich.“ Nicht ganz 580, dann aber immerhin 78 Tage ohne Heimspiel werden vergangen sein bis zur Partie gegen Braunschweig.
Und noch ein Datum hat der Stadionsprecher fest im Blick: den 28. Mai. Den Tag des letzten Spiels der Saison – den Tag, an dem der Aufstieg endlich feststehen soll. „Ich sage, dass es klappt. Das sage ich aber auch jedes Jahr“, räumt Stübinger ein und lacht los. „Was den HSV angeht, bin ich ein Daueroptimist.“