Christian Titz hält seine Hände an der Seitenlinie in Richtung Boden

Magdeburgs Trainer Christian Titz regte sich am Freitag gleich mehrfach an der Seitenlinie auf. Foto: picture alliance/dpa | Andreas Gora

„Zweimal Foul“: Ausgecoacht? Darum machten Titz alle HSV-Tore wütend

Christian Titz brachte es am Freitagabend mit einem Satz auf den Punkt. Sein Team war beim 0:3 gegen den HSV keinesfalls hoffnungslos unterlegen, aber: „Uns hat eine normale Tagesleistung, eine fehlerfreie Leistung gefehlt, damit dieses Spiel einen anderen Verlauf nehmen konnte.“ Der Magdeburger Trainer wurde von Merlin Polzin ausgecoacht und ging mit seinen Profis hinterher hart ins Gericht – auch wegen der drei Gegentore.

„Wir hatten mehrere Spieler auf dem Platz, die nicht an ihr Niveau anknüpfen konnten“, stellte Titz nach der klaren Heimpleite ernüchtert fest, „und liegen hier dann 0:2 zurück in einem Spiel, bei dem wir wussten, dass wir auf einen starken, konsequenten Gegner treffen, der seine individuellen Qualitäten in der Box hat, der in Umschaltaktionen seine Geschwindigkeit und seine dribbelstarken Spieler hat.“ Und der am Freitag den besseren Matchplan hatte.

Der HSV stellte sich auf den Ballbesitz-Fußball des FCM ein

Polzin und seinen Assistenten war bewusst, dass der Ballbesitz-orientierte Fußball der Magdeburger den HSV vor Herausforderungen stellen würde, daher ließen die Trainer ihre Mannschaft zeitweise bewusst tief verteidigen. „Wir haben uns darauf eingestellt, dass Magdeburg viel den Ball haben kann“, bestätigte Daniel Elfadli und lobte: „Der Plan ist voll aufgegangen.“ Ebendieser sah zudem vor, dass der HSV die Mann-gegen-Mann-Verteidigung des FCM mit einfachen, klaren Pässen in die Spitze aushebelte, wo Ransford Königsdörffer viele Tiefen-Laufwege machte.



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„Wir mussten die Räume mit viel Dynamik aufmachen“, erklärte Elfadli, „und haben sie gut bespielt.“ Das gelang in den ersten 30 Minuten auch wegen des Taktik-Kniffs der HSV-Trainer mit den Außenverteidigern Miro Muheim und William Mikelbrencis. Das 1:0 hatten die Gäste aber einem sauber ausgespielten Konter zu verdanken, nachdem Ludovit Reis im Mittelfeldzentrum (mal wieder) stark antizipierte, den Ball eroberte und den Gegenangriff einleitete.

„Schenken Ball her“: Reis leitet mit Balleroberung 1:0 ein

Die Entstheung des ersten Treffers von Königsdörffer (9.) regte Titz besonders auf: „Wir gehen 0:1 in Rückstand in einer Art, wie wir es eigentlich nicht wollten im Spielaufbau bei Ballbesitz. Wir schenken den Ball ein Stück weit her“, kritisierte der FCM-Coach den Ballverlust von Silas Gnaka in der Nähe der Mittellinie. Zu allem Überfluss aus Sicht der Magdeburger spitzelte Gnaka das Leder im eigenen Strafraum auch noch ein zweites Mal zu HSV-Torschütze Königsdörffer, der den richtigen Moment für den Schuss zunächst noch verpasst hatte. „Dann hatten wir es geklärt“, beschrieb Titz. „Aber leider zum Gegner. Und dann steht es 0:1.“ Weil Königsdörffer im zweiten Versuch eiskalt traf.

Der Matchplan der HSV-Trainer um Assistent Richard Krohn (2.v.r.) ging in Magdeburg voll auf. imago/Matthias Koch
Die HSV-Spieler gehen zum Dank in die Fankurve und applaudieren
Der Matchplan der HSV-Trainer um Assistent Richard Krohn (2.v.r.) ging in Magdeburg voll auf.

Es war nicht das einzige Mal am Freitagabend, dass der HSV die Fehler der Hausherren gnadenlos bestrafte. „Man hat gemerkt, dass wir im Spielaufbau problematisch waren heute“, monierte Titz. „Wir hatten drei, vier Spieler, die weiterhin sehr fehlerhaft waren. Wenn wir es geschafft hätten, nur das ein Stück weit abzustellen, und wären wir vielleicht mit einem 1:0 ins Spiel gestartet, hätte es ein anderes Spiel werden können. Aber dann kriegen wir das 0:2, das wir uns am Ende des Tages selbst reingeschossen haben.“ Verteidiger Marcus Mathisen grätschte eine stramme Königsdörffer-Flanke unglücklich ins eigene Netz (15.), bei diesem Malheur wollte es Titz allerdings nicht belassen.

FCM-Coach Christian Titz erkannte vor dem 2:0 zwei Fouls

„Zur Wahrheit gehört dazu, dass es in der Entstehung vorher zweimal ein Foul war“, meinte Titz erkannt zu haben, ohne dass er ins Detail ging. Worauf der 53-Jährige einerseits angespielt haben dürfte: Knapp 30 Sekunden vorm Eigentor kam Baris Atik nach einem Rempler von Miro Muheim im HSV-Strafraum zu Fall, die Pfeife von Referee Tobias Stieler blieb nach einem langen Magdeburger Flugball trotz Protests allerdings stumm. Der HSV konterte über die linke Seite und dort setzte sich Königsdörffer dann robust, aber wohl gerade noch fair gegen Samuel Loric durch. Der FCM-Rechtsverteidiger ging nach einem leichten Ellenbogen-Einsatz des HSV-Stürmers zu Boden, der vielleicht an der Grenze des Erlaubten war, den Stieler aber zu Recht nicht abpfiff – was Titz aber wohl anders sah.

Zur Wahrheit gehört aber auch: Die Magdeburger Hintermannschaft um Unglücksrabe Mathisen protestierte wegen Königsdörffers Aktion nicht, sondern ärgerte sich nach dem zweiten Gegentor vielmehr über sich selbst. Und kurz nach der Halbzeitpause schauten sich die FCM-Profis dann wieder ratlos an. „Wir haben dreimal gewechselt, wir wollten noch mal Energie reinbringen“, erklärte Titz seine Maßnahme, Patric Pfeifer, Philipp Hercher sowie Xavier Ameachi für Mathisen, Loric und Livan Burcu zu bringen. Auch Ersterer sah in der 53. Minute aber schlecht aus.

Patric Pfeifer ließ sich von Ransford Königsdörffer düpieren

Mit dem 0:3, das Königsdörffer nach einem Solo „wirklich gut“ gemacht habe, sei das Spiel dann erledigt gewesen, befand Titz. Die Art und Weise, wie der 23-Jährige bis in den Strafraum dribbeln konnte, stieß dem Ex-HSV-Coach aber ebenfalls sauer auf. Zum einen, weil sein rechter Flügelspieler (Amaechi) und der rechte Innenverteidiger des FCM (Jean Hugonet) den Hamburger Torschützen auf der Außenbahn hätten doppeln sollen. Und der zentrale Abwehrmann, Ex-Hamburger Pfeifer, hätte im eigenen Sechzehner dann „auf den rechten Fuß“ von Königsdörffer verteidigen müssen. Pfeifer ließ sich allerdings viel zu leicht auswackeln und Königsdörffer traf zum zweiten Mal.

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Drei Gegentore – dreifacher Frust bei Titz, der seinem Team zwar bescheinigte, trotz des deutlichen Rückstands in der Schlussphase noch einmal alles nach vorne geworfen zu haben. „Aber wir waren heute nicht in der Lage, ein Tor zu erzielen“, konstatierte Titz. „Und dann wir es in so einem Spiel schwierig.“ Weil Polzins Matchplan aufging. Und das, obwohl der HSV weniger Ballbesitz (55 zu 45 Prozent pro FCM) und auch eine geringere Torwahrscheinlichkeit (1,73 zu 1,17 x-Goals) vorzuweisen hatte. „Man muss an der Stelle sagen, dass der Fußball, den Christian beim 1. FC Magdeburg spielen lässt, seinesgleichen sucht“, lobte Polzin dann auch seinen Gegenüber. „Es ist unfassbar schwer, sich darauf einzustellen und das Ganze zu verteidigen. Das kann nur funktionieren, wenn all meine Spieler bei 100 Prozent waren in der Arbeit gegen den Ball.“ Das waren sie. Und das wurde schließlich auch Titz zum Verhängnis.

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