• Hemmt sie die Abstiegserfahrung der letzten Jahre? Robin Himmelmann, Max Dittgen, Marvin Knoll.
  • Foto: imago images/Oliver Ruhnke

Kritik auch an Schultz: Sportpsychologe befürchtet Abstiegs-Gen beim FC St. Pauli

Der FC St. Pauli befindet sich nach dem 10. Spieltag im Tabellenkeller auf Platz 17. Die Profis von Trainer Timo Schultz holen trotz durchaus vorhandener Qualität nicht alles aus sich heraus, wirken oft gehemmt und haben deshalb seit dem 4:2 am 2. Spieltag gegen Heidenheim kein Spiel mehr gewonnen, jüngst sogar dreimal hintereinander verloren.

Die MOPO befürchtet: Die Kiezkicker haben zu viel Keller im Kopf, weil die meisten von ihnen eine Vergangenheit haben, die direkt oder indirekt mit dem Abstieg zu tun hat. 

Fakt ist: In den vergangenen Jahren mussten Akteure wie Robin Himmelmann, Daniel Buballa, Christopher Avevor, Philipp Ziereis oder auch Marvin Knoll zu oft  mit dem Kiezklub ums Überleben kämpfen. Was schließlich auch stets gelang – mal mehr, mal weniger dramatisch.

Fünf Neue kamen von einem Absteiger zum FC St. Pauli

Fakt ist auch: In dieser Saison wurden mit Daniel-Kofi Kyereh, Maxmilian Dittgen (beide kamen vom SV Wehen Wiesbaden) und Simon Makienok (Dynamo Dresden) drei Spieler von einem Absteiger verpflichtet. Ebenfalls hinzu kam in diesem Sommer Lukas Daschner vom Drittligisten MSV Duisburg, der 2019 mit den „Zebras“ die Klasse in der 2. Liga nicht halten konnte – genau wie Boris Tashchy, der danach ans Millerntor wechselte und bislang kein einziges Tor für die Braun-Weißen erzielen konnte.

Sportpsychologe: St. Pauli-Profis fühlen sich als Verlierer

Der Hannoveraner Sportpsychologe Matthias Herzog (44) bestätigt den Verdacht der MOPO, dass sich der (vor allem erfolglose) Kampf um den Klassenerhalt zumindest im Unterbewusstsein verfestigt haben könnte: „Es ist bei einigen mit Sicherheit der Fall, dass es sich in ihren Köpfen verankert hat: ‘Ich bin ein Verlierer.’ Und wenn sie irgendwann erneut hören, dass es nicht nur um ihre eigene Existenz geht, sondern auch um die des Vereins und dessen Angestellten, dann breitet sich ein Negativ-Gefühl aus: ‘Bitte nicht schon wieder.’ Das muss schnell wieder aus dem Bewusstsein heraus. In einem Zustand von Angst können die Spieler höchstens 60 Prozent ihrer Leistung abrufen.“

Auch St. Pauli-Coach Timo Schultz hat Fehler gemacht

Um gegenzusteuern müsse Coach Schultz einiges optimieren. Herzog, der bereits vor Saison in der MOPO vor einem zu sanften Umgang des Übungsleiters mit der Mannschaft gewarnt hatte („Nur mit Kuscheln gibt es keine Top-Leistung“): „Erst nach der Niederlage in Braunschweig ist es ihm klargeworden, dass es andere Mittel braucht. Das hätte früher kommen müssen.”

Sportpsychologe nennt Jürgen Klopp als Vorbild

Der Trainer habe einen gänzlich anderen Kurs fahren wollen als sein „böser“ Vorgänger Jos Luhukay, von dem sich der eine oder andere Spieler unterdrückt fühlte.

Herzog: „Jürgen Klopp gilt in Liverpool auch als Freund der Spieler, hat aber von Anfang an zwischendurch immer wieder auch eine harte Hand gezeigt. Die Mischung macht’s.“

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Was der Sportpsychologe ebenfalls für wichtig hält: „Schultz darf klar und deutlich mit seinen Jungs kommunizieren.“ Er sollte nicht herumeiern und erklären, dass der eine oder andere „vielleicht mehr Druck braucht“. Das wäre Verlierer-Sprache. Er müsse konsequent Ziele formulieren. Motto: „Wir fahren jetzt die nötigen Punkte ein und dafür verbessern wir folgendes.“ Es ginge um eine positive, um eine Gewinner-Sprache.

Vorwurf: St. Pauli gibt sich seit Jahren mit zu wenig zufrieden

Die wiederkehrenden Absturz-Probleme des FC St. Pauli in den vergangenen Jahren begründet  Herzog auch mit den äußeren Umständen: „Die Fans und der Verein haben sich zu oft mit zu wenig zufrieden gegeben. Es wurde der Eindruck vermittelt, dass die 2. Liga ihnen reicht, auch der Status als Nr. 2 in der Stadt. Eine solche Einstellung bremst das Leistungspotenzial.“

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