Nach 17 Monaten Pause: Hamburger Tennis-Ass muss Comeback absagen
Seit 17 Monaten hat Carina Witthöft kein Match mehr bestritten. Nun musste die Hamburger Tennisspielerin schon zum zweiten Mal ihr Comeback absagen. Auch mentale Probleme spielen eine Rolle.
Kurz und knapp kommentierte Carina Witthöft die überraschende Wende. Wieder wurde das einst verheißungsvollste Tennis-Talent für die Generation nach Angelique Kerber vor einem ungewöhnlichen Comeback-Versuch im letzten Moment gestoppt.
Carina Witthöft: Comeback in Stuttgart geplant
Eigentlich wollte die Hamburgerin am Dienstag in Stuttgart bei der neuen Serie des Deutschen Tennis Bundes (DTB) antreten. Doch dann kam der nächste Rückschlag. Weil ihr die Wade Probleme bereitet, sagte Witthöft kurzfristig ab.
Kehrt Witthöft noch einmal zurück?
Es gebe Schlimmeres, sagte Witthöft am Montag und meinte: „halb so wild“. Doch die Frage, ob die 25-Jährige noch einmal auf die große Tennis-Tour zurückkehren wird, wird dadurch zumindest nicht kleiner.
Ohne den üblichen Druck hätte sie nach ihrer längeren Karriere-Pause bei den alternativen Events in der Coronavirus-Krise aufspielen können – ohne Sorge um ein Erstrunden-Aus, ohne die Erwartungen von Hunderten von Zuschauern.
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Für Witthöft hätten die Spiele am weit abgeschiedenen Bundesstützpunkt in Stuttgart-Stammheim die Chance zum Neuanfang werden können, nachdem sie offen auch über mentale Probleme gesprochen hatte. All den Erwartungen im Einzelsport Tennis fühlte sich die Hamburgerin zuletzt nicht mehr gewachsen. Auch der mentale Stress war ihr zu viel geworden, schlaflose Nächte trieben sie um.
Witthöft: „Ich konnte nichts mehr essen”
Gepaart mit Verletzungen und anderen Interessen führte dies dazu, dass sich Witthöft im Januar 2019 zu einer Auszeit entschied. Sie stieß damit auch auf Kritik, erntete verwundertes Kopfschütteln. „Ich hatte oft ein flaues Gefühl im Magen. Die körperliche Anspannung und die mentale Belastung waren so groß, dass ich nie Appetit hatte und nichts essen konnte“, verriet Witthöft kürzlich in der „Sport Bild“.
Die Schattenseiten des Tennis-Geschäfts
Sie offenbarte mögliche Schattenseiten des Tennis-Geschäfts, die den Zuschauern oft verborgen blieben. Der Druck sei „ins Unermessliche“ gestiegen. „Vor Matches habe ich teilweise ganze Nächte lang nicht geschlafen“, schilderte sie. Bei langen Wartezeiten sei sie dann einfach eingeschlafen, weil sie körperlich am Ende war.
„Ich habe mir alles sehr zu Herzen genommen und war gegen Ende einfach überfordert mit der gesamten Situation. Die ganzen Verletzungen haben es nicht besser gemacht“, begründete sie bei „Advantage – der Tennis & Sportpodcast“.
Im Februar streikte der Rücken
Schon im Februar war ein angestrebtes Comeback bei einem kleineren Turnier in Altenkirchen kurzfristig wegen Rückenbeschwerden gescheitert. Ihr bislang letztes Match, das offiziell bei der Profiorganisation WTA geführt wird, ist eineinhalb Jahre her. Seit der Aufgabe in der ersten Runde der Qualifikation zu den Australian Open 2019 ist sie der Tour fern geblieben.
Rittner: „Der Druck hat sie kaputt gemacht”
Mit der Damen-Chefin Barbara Rittner war Witthöft in einen Clinch geraten. Die frühere Fed-Cup-Teamchefin warf der einstigen Nummer 48 der Welt mangelndes Durchhaltevermögen vor. Die Spielerin des Clubs an der Alster würde ihr Talent verschleudern. „Sie hatte alles, was es benötigt, um unsere nächste Top-10-Spielerin zu werden“, sagte Rittner vor Kurzem: „Aber ich war wohl doch zu weit weg, um zu spüren, dass der Druck sie kaputt gemacht oder gehemmt hat oder dass sie einfach nicht bereit war, diesen Druck auszuhalten.“
In den Fußstapfen von Angelique Kerber
Schon als sie 19 Jahre alt war, hatte Witthöft die dritte Runde der Australian Open erreicht. 2017 feierte sie in Luxemburg ihren ersten und bisher einzigen Titel. Früh wuchsen dadurch die Hoffnungen, dass sie die drohende Lücke nach dem Abtreten der Generation um die dreimalige Grand-Slam-Turniersiegerin Kerber füllen kann.
Ob sie auf die WTA-Tour zurückkehrt, hatte Witthöft zuletzt offen gelassen. Kerber hatte von Anfang an Verständnis: „Es hat jeder seine eigenen Rechte“, sagte die Wimbledonsiegerin von 2018 einmal: „Vielleicht kommt sie in ein paar Jahren wieder, und es hat ihr gut getan.“
Hoffen wir das Beste!