Oliver Zeidler küsste Freundin Sofia
  • Oliver Zeidler erhält von seiner Sofia seine goldige Belohnung.
  • Foto: imago/Laci Perenyi

Liebe, Familie, Tattoo, Job: Was Sie über Gold-Gigant Zeidler wissen müssen

Am Ziel seiner Träume – auf dem Olymp. Gold! Deutschlands Ruder-Riese Oliver Zeidler hat sein Tokio-Trauma überwunden, ist bei seinen zweiten Sommerspielen seiner Favoritenrolle gerecht geworden und im Einer zum Olympiasieg gejagt. Eine Demonstration der Stärke des dreimaligen Welt- und Europameisters, der noch bis 2016 erfolgreicher Schwimmer war. Die Krönung einer einzigartigen Karriere, verrückten Story. Familien- und Liebesgeschichte. Die MOPO erklärt den Gold-Giganten.

Nach seinem „Rennen für die Ewigkeit“, wie es der hellblonde Hüne nennt, hatte er noch reichlich Energie. Während andere Ruderer entkräftet aus ihren Booten krabbelten und über den Anleger wankten, drehte Zeidler nach den extrem dominanten 2000 Metern, auf denen er in 6:37,57 Minuten die Weltelite deklassiert und mit fünf Sekunden Vorsprung triumphiert hatte, noch rudernd eine Ehrenrunde vor der Tribüne, kletterte aus seinem Einer und rannte (!) einige hundert Meter bis zu Freundin Sofia, die ihm in die Arme sprang. Umarmungen, Küsse, Freudentränen.

Zeidler sprintet nach Gold-Coup zu Freundin Sofia

Der größte Tag für den Größten. Historisch dazu! Das erste olympische Einer-Gold für Deutschland seit 1992. Da war der 28-Jährige noch gar nicht geboren. „Ich kann das alles noch gar nicht realisieren“, so Zeidler. „Die letzte Stunde war sehr emotional.“ Zeidler hat für einen großen olympischen Moment gesorgt. Er ist ein ganz besonderer Typ. Einer wie keiner. 

KOPF: Seit Sommer 2022 arbeitet Zeidler mit der Sportpsychologin Dr. Annelen Collatz zusammen, es geht vor allem um Druckbewältigung. Das Mentale hat ihm in der Vergangenheit den ein oder anderen Strich durch die Rechnung gemacht. 2021 bei den Spielen in Tokio war er als großer Gold-Favorit schon im Halbfinale ausgeschieden, weil er mit den schwierigen Bedingungen überfordert war. Von einem Tokio-„Trauma“ sprach Vater Heino. Ausgerechnet der überraschende zweite Platz beim Weltcup in Luzern im May sei der Knackpunkt und entscheidend für den Paris-Coup gewesen, sagte Zeidler auf MOPO-Nachfrage. „Dort Zweiter zu werden, hat eigentlich komplett den Druck rausgenommen. Ich wusste: wenn ich nicht zu viel will bei Olympia, wie ich es in Luzern wollte, dann wird das auch was“, erklärt der Modellathlet. Nicht mit der Brechstange, sondern mit der nötigen Lockerheit. „Ich habe Nervenstärke bewiesen. Ich habe das Finale wirklich genossen und es ist wie ein Traum vergangen.“

KÖRPER: Zeidler ist ein wahrer Kraftprotz, ein Schrank. 2,03 Meter groß, 106 Kilo schwer, durchtrainiert, breites Kreuz, Muskelpakete. Die perfekten Maße und Hebel, was seine Dominanz erklärt. Keiner hat so viel Power und dabei auch Ausdauer wie Zeidler. Ein Körper, der im Rennen rund sieben Minuten höchster Belastung standhalten muss und an der Schmerzgrenze arbeitet. Wie eine menschliche Maschine.

ANFÄNGE: Zeidler begann als Schwimmer, war erfolgreich bei den Junioren, zweimal Deutscher Meister. Als er sich 2016 nicht für die Olympischen Spiele in Rio qualifizierte und sich zum Jahresende auch noch seine Trainingsgruppe auflöste, hörte der gebürtige Dachauer mit dem Beckensport auf. Eigentlich nur um fit zu bleiben, probierte er Rudern aus – aus naheliegenden Gründen:

Vater Heino ist sein Trainer und war auch Ruderer

FAMILIE: Der Gold-Held kommt aus einer Ruder-Familie, wie sie im Bilderbuche steht. Vater Heino (52), der auch sein Trainer und im Hauptberuf Polizist ist, war selbst Ruderer und WM-Vierter 1994. Opa Hans-Johann Färber wurde 1972 in München Olympiasieger im Vierer Steuermann. Tante Judith Zeidler gewann 1988 Gold im DDR-Achter. Onkel Matthias Ungemach Weltmeister 1990 im Achter und 1991 im Vierer mit Steuermann, Zeidlers jüngere Schwester Marie-Sophie Zeidler gewann bei den Juniorinnen schon WM- und EM-Medaillen – und wird vom Opa trainiert. Die ganze Familie war auf der Tribüne. „Während der Siegerehrung habe ich sie gesehen und es war ein schönes Gefühl“, erzählt er. Sein Opa sei wohl am aufgeregtesten von allen gewesen.

KARRIERE: Besser gesagt, die zweite Karriere. Im Alter von 20 Jahren, spät. Im Rudern avanciert Zeidler zum Shootingstar, wird 2017 gleich U23-Vize-Europameister, stößt schnell in die Weltspitze vor, 2018 bestritt er erstmals Weltcuprennen, 2019 wurde er erstmals Europa- und Weltmeister, wiederholte das noch jeweils zweimal. Ein Raketen-Aufstieg. „Mein Vater ist ein super Trainer. Er hat mir alles beigebracht, vom ersten Zug an. Ich bin ihm sehr dankbar, weil ich das alles ohne ihn niemals geschafft hätte“, bedankt sich der frischgebackene Olympiasieger emotional. „Und genauso dankbar bin ich meiner Mutter und meiner ganzen Familie, dass sie so viel auf uns verzichtet und uns unterstützt haben.“

Oliver Zeidler mit Goldmedaille und Deutschland-Fahne imago/Moritz Müller
Oliver Zeidler mit Goldmedaille und Deutschland-Fahne
Oliver Zeidler mit Goldmedaille und Deutschland-Fahne

LIEBE: Zeidler ist mit der Schweizer Ruderin Sofia Meakin (26), die ebenfalls in Paris am Start ist, zusammen. Beide sind seit gut einem Jahr ein Paar. Zu seinem Einer-Finale erschien sie in Schweizer Teamkleidung aber mit geschminkten Deutschland-Flaggen auf den Wangen. „Sie macht mich einfach glücklich“, sagte Zeidler nach seinem Gold-Coup. „Sie hat mir auch so ein bisschen Leichtigkeit gegeben im letzten Jahr, die mir manchmal gefehlt hat. Ich bin sehr, sehr dankbar sie zu haben.“ Den Abend vor dem Rennen verbrachte er mit seiner Freundin, im Schweizer Teamhotel. Fernsehen gucken, reden, lachen, ablenken. Kopf freibekommen, Liebe tanken. „Wir führen eine Fernbeziehung, haben uns vor Paris sechs Wochen nicht gesehen. Das war schwer“, erzählt Zeidler ganz offen.

GLÜCKSBRINGER: Nach dem Überfahren der Ziellinie reckte Zeidler die linke Faust empor und streifte sich das Schweißband vom linken Handgelenk. Darunter: ein blaues Armband mit silbernem Anhänger, den er küsste. Auf der einen Seite der kleinen Metallscheibe der Eiffelturm und die olympischen Ringe eingraviert, auf der Unterseite die Worte „Dream Team“. Seine Freundin hat das gleiche.

MOTTO: Zeidler hat es mal so auf den Punkt gebracht: „Effizienz ist der Schlüssel, Charakter ist der Antrieb, Erfolg ist das Ergebnis.“

MUSIK: Im Training hört er gerne Musik, steht auf härtere Klänge, die ihn pushen. Favorit: Linkin Park.

TATTOO: Nach den Spielen von Tokio hatte sich der Ruder-Riese trotz der sportlichen Enttäuschung die Olympischen Ringe in den Nacken tätowieren lassen. Was denn jetzt nach dem Gold-Coup komme, wollte die MOPO wissen. Zeidler lacht, winkt ab und sagt mit einem Grinsen: „Mit Tattoos bin ich durch, glaube ich. Ich bin ganz zufrieden mit meinem Körper. Ich brauche da keine Verbesserungen vornehmen.“ 

JOB: Nach dem Abitur absolvierte Zeidler ein duales Studium zum Steuerberater, machte dann 2020 sein Master und arbeitet abseits von Wettkämpfen und Training für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte. Die Kopfarbeit mit Zahlen tue ihm gut.

ZUKUNFT: Der Gold-Gigant ist noch nicht satt. „Ich habe auf jeden Fall Lust auf mehr und Olympia“, sagt Zeidler noch in der Stunde des Sieges. „Nochmal Gold wäre auf jeden Fall eine Sache, sich dann wirklich endgültig in die Geschichtsbücher einzutragen.“ Dort steht er schon. Und auf dem Olymp. Als Ruder-Gott.

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