Medaillen, Krimis, Tränen – die große Hamburger Olympia-Bilanz
Die Bilanz der Hamburger:innen bei den Olympischen Spielen in Tokio nach Sportarten von B wie Beachvolleyball bis T wie Tennis.
Bahnrad: Für Leon Rohde ist mit seiner Teilnahme in Tokio „der Traum von Olympia in Erfüllung gegangen“, wie er bilanzierte. Der 26-Jährige landete in der Mannschaftsverfolgung mit dem deutschen Quartett auf Rang sechs. Mehr war angesichts der starken Konkurrenz nicht drin. Highlight: Im Vorlauf fuhren Rohde & Co. auf der schnellen Bahn des Izu Velodroms deutschen Rekord.
Beachvolleyball: Der Traum von einer Medaille erfüllte sich nicht, aber die fünften Plätze für Laura Ludwig/Margareta Kozuch und Julius Thole/Clemens Wickler sind starke Resultate – vor allem bei genauerem Hinsehen. Rio-Olympiasiegerin Ludwig (35) verlor an der Seite von Kozuch (34) im Viertelfinale denkbar knapp mit 19:21, 19:21 gegen die späteren Olympiasiegerinnen Ross/Klineman (USA), die im Finale die Australierinnen Clancy Artacho ebenso schnell abfertigten (21:15, 21:16) wie sie es im Halbfinale noch klarer mit den Schweizerinnen Heidrich/Vergé-Depré gemacht hatten (21:12, 21:11). Im Achtelfinale hatten Ludwig/Kozuch die brasilianischen Weltranglisten-Ersten Agatha/Duda mit 2:1 (21:19, 19:21, 16:14) besiegt. Man könnte sagen: Ludwig/Kozuch trafen einfach zu früh auf das beste Team des Turniers.
Thole und Wickler mit frühem Aus – Handballer enttäuschen
Ähnlich erging es Thole (24) und Wickler (26), die sich im Viertelfinale mit 16:21, 19:21 den russischen Weltmeistern Krasilnikov/Stoyanovskiy beugen mussten, die gegen die Deutschen ihr bis dato bestes Turnierspiel machten und am Ende Silber holten. Das Hamburger-Duo wird in Paris 2024 wieder angreifen. Im Damen-Beachvolleyball steht ein Generationswechsel bevor.
Boxen: Schon die Olympia-Qualifikation von Ammar Riad Abduljabar (25) war eine kleine Sensation. Als einer von nur drei deutschen Boxer:innen verlor er im Viertelfinale gegen den russischen Weltmeister Muslim Gadzhimagomedov, der in Tokio Silber holte. Mehr war für Abduljabar nicht drin.
Handball: Das klare Viertelfinal-Aus der deutschen Handballer gegen Ägypten (26:31) war eine große Enttäuschung. Auch der Hamburger Torhüter-Riese Johannes Bitter (38), der bis dato ein gutes Turnier gespielt hatte, hatte im ersten K.o.-Spiel hinter einer schwachen Abwehr ebenso wie sein Kollege Andreas Wolff einen schweren Stand, aber auch keinen guten Tag.
Hockey-Mannschaften fahren ohne Medaille heim
Hockey: Erstmals seit Sydney 2000 holten die Hockey-Männer keine Medaille. Das 4:5 im Bronze-Spiel gegen Indien bezeichnete Kapitän Tobias Hauke (33) als schlimmste Niederlage seiner Karriere. Der Mann vom Harvestehuder THC hört im DHB-Team auf. Neben Hauke waren für Hamburg auch Constantin Staib (25/Polo Club) und Florian Fuchs (29/spielt für den HC HC Bloemendaal in den Niederlanden).
Auch deutschen Frauen mit stolzen zehn Hamburgerinnen im Team verpassten die angestrebte Medaille, scheiterten im Viertelfinale mit 0:3 an den späteren Silber-Gewinnerinnen Argentinien. „Es tut noch immer weh, weil man viele Jahre in dieses Ziel investiert hat“, sagt Lisa Altenburg mit ein paar Tagen Abstand zur MOPO. Die 31-jährige Stürmerin und zweifache Mutter spielte ein starkes Turnier, macht sich derzeit Gedanken, wie es für sie im DHB-Team weitergeht.
Sprinter sorgen für Überraschung – Ruderer mit gutem Ergebnis
Leichtathletik: Für HSV-Sprinter Lucas Ansah-Peprah (21) und die deutsche 4 x 100-Meter-Staffel war Platz sechs (38,12 Sekunden) im Endlauf ein Achtungserfolg.
Spektakulär: Im Halbfinale hatten sie das US-Quartett hinter sich gelassen, das bei den Stab-Wechseln dilettierte. Beim Sensations-Sieg von Italien (37,50 Sekunden) im Finale hätte der DLV-Vierer mit einem besseren Wechsel von Deniz Almas auf Schlussläufer Ansah-Peprah den neun Jahre alten deutschen Rekord (38,02) brechen können. Ansah-Peprah und HSV-Kollege Owen Ansah (20), in Tokio Ersatzmann, sind Hoffnungsträger für die Zukunft.
Rudern: Auch wennes nicht ganz zum ersehnten Olympiasieg mit dem Deutschland-Achter reichte, freute sich Torben Johannesen (26) über Silber. Angesichts einer holprigen Saison des Paradebootes und nur Platz vier bei der EM im April eine klare Leistungssteigerung und ein großer Erfolg. Ob der dreimalige Welt- und Europameister Johannesen bis Paris 2024 weitermacht, ließ er im Gespräch mit der MOPO zunächst offen.
Tim-Ole Naske (25) verpasste das angesichts der Vorleistungen sehr ambitionierte Medaillen-Ziel mit dem Doppelvierer klar, verpasste mit dem Boot das Finale (im B-Finale Platz zwei). Ersatzmann Stephan Riemekasten kam in Tokio nicht zum Einsatz.
Medaillen mit historischem Wert für deutsche Schwimmer – Heidtmanns Bestleistung reicht nicht aus
Schwimmen: Jacob Heidtmann (26) gelang nach seinem Wohnort-Wechsel in die USA Ende 2019 zu Star-Coach David Marsh nicht der erhoffte große Leistungsschub für Olympia, wo er persönliche Bestzeiten wollte. Schwamm über 400 Meter Lagen zwar die zweitschnellste Zeit seiner Karriere, verpasste das Finale aber klar. Schied auch über 200 Meter Lagen und 200 Meter Freistil im Vorlauf aus. Sein persönliches Highlight: Platz sieben mit der 4×200-m-Freistil-Staffel. „Ich bin sehr stolz, dass mein Traum vom Olympischen Finale endlich Realität wurde“, bilanzierte er.
Die erst 19-jährige Hannah Küchler verpasste bei ihrem einzigen Einsatz in Tokio mit der 4×100-Meter-Freistil-Staffel das Finale klar, was aber erwartet worden war.
Sieg über Djokovich und Gold – Alexander Zverev schreibt Tennis-Geschichte
Segeln: Die fetteste Medaillen-Beute für Hamburg gab es imWasser des olympischen Segelreviers Enoshima, südlich von Tokio. Tina Lutz und Susann Beucke (beide 30) gewannen Silber im 49erFX, Erik Heil und Thomas Plößel holten im 49er Bronze. Das Männer-Duo und Beucke starten für den in der Hansestadt beheimateten Norddeutschen Regatta Verein. Hamburgs Innen- und Sportsenator Andy Grote sprach von einem „sensationellen Ergebnis“.
Tennis: Das einzige Gold für Hamburg gewann Alexander Zverev. Der in der Hansestadt geborene und aufgewachsene Tennis-Star, der schon lange in Monaco lebt, begeisterte mit starkem Tennis – und auch mit seiner eigenen Olympia-Begeisterung. Nach „der besten Woche meines Lebens“ wurde dem 24-Jährigen in Hamburg der Rote Teppich ausgerollt, inklusive Rathausempfang beim Bürgermeister und Eintrag ins – sehr passend – Goldene Buch. „Die Goldmedaille gehört nicht nur mir, sondern der ganzen Stadt Hamburg“, sagte Zverev, der lange als Ich-AG verschrien war, in Tokio und in den Tagen danach aber viele Sympathien gewann.