Nach Achter-Enttäuschung: Hamburger Johannesen fordert Veränderungen
Nach den ersten Spielen ohne Medaille für den Deutschland-Achter seit Peking 2008 ist das Flaggschiff des deutschen Ruder Verbandes am Scheideweg angelangt. Seit Silber bei den Spielen Tokio 2021 fährt der deutsche Achter der absoluten Weltspitze hinterher. Blech. Platz vier in Paris war undankbar, aber nicht unerwartet. Die Enttäuschung dennoch groß. Der Ruf nach Veränderung deutlich. Wird Hamburgs Ruder-Star Torben Johannesen der neue Schlagmann? Macht er überhaupt weiter?
Die gemeinsame Zeit mit Ehefrau Kristin und Töchterchen Ella Sofia (2) in Paris bringt ihn auf andere Gedanken. Die Familie bleibt noch ein paar Tage in der Olympiastadt. „Ich muss das erst mal verdauen“, so Johannesen, der bei den Spielen Tokio 2021 mit dem Achter noch Silber geholt hatte. Auch für die Spiele 2024 hatte er sich eine Medaille zum Ziel gesetzt – obwohl er wusste, dass das verdammt schwer werden würde. Am Ende fehlten 4,52 Sekunden zu Bronze. Klingt für Außenstehende wenig, ist aber viel.
Torben Johannesen überzeugte als Schlagmann
„Wir haben uns gut verkauft“, sagt der 29-Jährige. „Aber man ist nicht glücklich mit Platz vier. Das ist verständlich.“ Enttäuschend ist vor allem die Entwicklung der letzten Jahre nach Olympia-Gold 2012 in London sowie jeweils Silber in Rio und Tokio.
Der Hoffnungslauf (Platz zwei) und der Endlauf seien „mit die stärksten Rennen der ganzen Saison“ gewesen, findet Johannesen. Wichtiges Detail: In beiden war er der Schlagmann. Im Hoffnungslauf war er kurzfristig für den erkrankten Mattes Schönherr auf die Position gerückt, nach der überzeugenden Vorstellung dann auch im Finale dort geblieben, obwohl Schönherr wieder fit war und auf der Position zwei ruderte.
„Vielleicht haben wir die Besetzung ein bisschen spät gefunden, die uns jetzt da den Spirit gebracht hat“, sagt der dreimalige Weltmeister Johannesen. Wäre die Saison besser gelaufen und der Achter in Paris stärker gewesen, wenn Johannesen schon früher auf die Schlagmannposition gerückt wäre? Das ist spekulativ. „Hätte-hätte-Fahrradkette, was wäre wenn? Das kann ich jetzt nicht sagen.“ Aber: „Ich habe mich da wohlgefühlt. Ich würde jetzt nicht sagen, dass uns das schlechter gemacht hat.“
Johannesen fordert Reformen im Verband
Wie geht es weiter mit dem Deutschland-Achter?
„Das kann ich nicht für jeden sagen. Ich werde erst mal meine Zeit nehmen mit der Familie, mit Freunden und erst mal in den Urlaub gehen. Danach sehen wir uns alle in Rendsburg wieder.“ Beim traditionellen Kanal-Rennen (6. bis 8. September). Nicht ausgeschlossen, dass Johannsen nach der Saison seine Karriere beendet. Bereits nach Tokio hatte er das kurzzeitig erwogen.
Das könnte Sie auch interessieren: „Kurz mal weg“: ARD-Kult-Kommentator bei Gold-Ritt zu Tränen gerührt
Wofür er sich stark macht, sind Reformen im Deutschen Ruder Verband (DRV). Johannesen befürwortet unter anderem eine Zentralisierung. „Das muss so kommen“, sagt er. „Der Verband muss sich umstrukturieren.“ Nach Olympia wird es einen neuen Cheftrainer geben, einen neuen Sportdirektor. Mann oder Frau. Das steht noch nicht fest. „Da wird sich, glaube ich, vieles tun. Mal gucken, wer es wird. Ich hoffe, dass dann auch die Veränderungen für den Verband kommen.“ Ob er diese Zukunft aktiv mitgestaltet, im Achter, ist noch unklar. Jetzt wolle er „das Rudern erst mal hintenanstellen“.