Olympia-Kolumne: Darmspiegelung auf Lebenszeit für den Olympiasieg
Bonjour Hambourg! „Lächerlich.“ Das ist das Wort, das der mehrfache Olympiateilnehmer und Medaillengewinner wählt, als wir in einem netten Zwiegespräch im „Deutschen Haus“, der legendären olympischen Begegnungsstätte, auf das Thema Prämien für deutsche Athletinnen und Athleten bei diesen und auch den vorangegangenen Spielen zu sprechen kommen. Die Miene meines Gesprächspartners wird düster. Es ist besser, seinen (oder ihren) Namen nicht zu nennen. Das Thema ist durchaus heikel. Beim Vergleich mit anderen Ländern wird es interessant, mitunter amüsant und sogar verrückt.
Der Medaillen-Spiegel ist eine Sache, das vom Magazin „Forbes“ recherchierte olympische Prämien-Ranking eine andere – und da kackt Deutschland ziemlich ab, um es mal deutlich zu sagen.
20.000 Euro zahlt die Stiftung Deutsche Sporthilfe für einen Olympiasieg, 15.000 für Silber, 10.000 für Bronze. Klingt erstmal ganz okay. Die Plätze vier bis acht werden in Abstufung mit Beträgen von 5.000 bis 1.500 Euro honoriert. Klingt irgendwie deprimierend, wenn man bedenkt, dass Platz acht bei Olympischen Spielen ein Ausweis von Weltklasse ist. Was kann man sich für 1500 Euro leisten? Jemandem im Straßenverkehr als „Idiot“ beschimpfen, zum Beispiel. Ich schweife ab.
Deutsche Sportler kriegen 20.000 Euro Prämie für Gold
Wer mehrfach erfolgreich ist, hat monetär nichts davon. Die Regelung sieht vor, dass nur einmalig das beste Resultat honoriert wird. Wirklich leistungsgerecht ist das nicht.
Mein Gesprächspartner rechnet mir nun vor, was von so einer Gold-Prämie alles abgeht. Steuern, selbst organisierte Physiotherapie, manchmal zusätzliche Reisekosten und und und. Sogar die Abreise aus Paris, sagt er, müssten viele deutsche Athletinnen und Athleten selbst zahlen. Ich kriege nicht mehr alles zusammen, denn es war schon spät und mein Olympia-Tag lang, aber ich weiß noch, dass am Ende der Rechnung eine Summe stand, die so gar nicht nach strahlendem Olympiasieger klang. „Und wir reden hier von Gold – nicht von Bronze oder Platz fünf“, sagte er. „In manchen Ländern kriegst Du als Olympiasieger ein Haus, unsere Gold-Prämie reicht vielleicht gerade für die Maklergebühr.“
Hong Kong zahlt 768.000 Dollar für Olympiasieg
Andere Länder, andere Summen. Das Prämien-Ranking der Spiele in Paris – der Einfachheit halber in Dollar angegeben – wird von Hong Kong angeführt. Satte 768.000 Dollar werden für einen Olympiasieg bezahlt. Umgerechnet 35 Mal so viel wie für ein deutsches Gold. Und: selbst Platz acht ist in Hong Kong mit 50.000 Dollar doppelt so viel wert wie ein wie ein deutscher Olympiasieg.
Singapur zahlt für Gold satte 748.000 Dollar. Israel 218.000, Serbien 218.000 (ein nettes Taschengeld für Herrn Djokovic). Wer in Paris für Serbien eine Medaille jedweder Farbe gewinnt, bekommt zudem ab dem 40. Lebensjahr eine monatliche Rente ausgezahlt. Viele Länder handhaben das so. Schön und fair: In Litauen bekommen auch die Trainer der Medaillengewinner die Prämie.
Ungarn auch Bronze mit 88.000 Dollar fürstlich entlohnt (fast viermal mehr als für deutsches Gold).
Schweden zahlt keine Prämien, Dänemark erlässt Steuern
Die Skandinavier gehen wie bei so vielen Dingen einen Sonderweg. Während Schweden, Norwegen und Island gar keine Prämien zahlen, dafür enorm in eine möglichst optimale Vorbereitung ihrer Olympioniken investieren, zahlt Dänemark zwar vergleichsweise bescheidene 15.000 Dollar für Gold – die aber steuerfrei. Ich finde: darüber sollte auch in Deutschland nachgedacht werden.
Klar: kleinere Länder mit weniger Olympia-Teilnehmenden und geringeren Medaillen-Erwartungen können den Einzelnen mehr zahlen. Aber auch bei großen Delegationen wie Italien (196.000 Dollar für Gold – und im Medaillenspiegel aktuell knapp vor Deutschland), Spanien (102.000) oder Gastgeber Frankreich (85.000) wird weit mehr als in Deutschland ausgeschüttet. In Ungarn wird man auch für Bronze fürstlich entlohnt (88.000 Dollar – fast viermal mehr als für deutsches Gold). US-Athleten müssen sich mit knapp 40.000 Dollar begnügen. Für NBA-Megastar LeBron James: Peanuts.
Wehrpflicht-Befreiung, Auto – oder ein Klo als Prämie
Manche Länder belohnen ihre Olympiasieger mit besonderen Maßnahmen. Wer für Südkorea Gold holt, wird von der Wehrpflicht befreit. Malaysia schenkt ein Auto.
Fun Fact: Liechtenstein lobte für Medaillen in Paris 28.000, 22.000 und 17.000 Dollar aus. Dazu muss man wissen: das Fürstentum hatte genau einen (!) Athleten bei den Spielen. Mountainbiker Romano Püntener. Er landete auf Rang 28. Rein finanziell ein Griff ins Klo. Für ihn. Apropos:
Medaillengewinnern unseres Nachbarlandes Österreich spendiert ein Sponsor ein Klo. Kein Scheiß! Sie bekommen von dem Sanitär-Unternehmen eine Luxus-Toilette im Wert von rund 3500 Euro. Eine – nun ja – sehr lebensnahe Prämie. Die üblichen Fragen, was man denn mit der Prämie anzufangen gedenke, erübrigen sich. Nicht gerade bedarfs-, aber auf jeden Fall bedürfnisorientiert.
Philippinischer Turn-Held Yulo schießt Prämien-Vogel ab
Gar nicht retten vor Prämien kann sich der philippinische Turner Carlos Edriel Yulo, der alles andere als ein Exot in seiner Sportart ist, sondern absolute Weltklasse und in Paris Doppel-Olympiasieger am Boden und am Sprung. Volksheld wäre eine Untertreibung. Ihn erwartet in der Heimat ein Staatsempfang, zu dem er mit einer Charter-Maschine fliegt. Die Regierung zahlt ihm 173.000 Dollar und die Sportkommission legt nochmal die gleiche Summe drauf. Zudem bekommt er eine schöne möblierte Drei-Zimmer-Wohnung in Manila, was tatsächlich sogar größer ist als es klingt, denn Yulo misst nur 1,50 Meter.
Mehrere Restaurants spendieren dem Gold-Turner auf Lebenszeit und kostenlos Ramen-Suppe, Kekse und gegrilltes Hähnchen. Um seine Gesundheit muss er sich angesichts des Völlerei-Risikos nicht sorgen. Diverse medizinische Dienstleistungen gehören zum goldenen Rundum-Paket. Eine Klinik spendiert Yulo ab dem 45. Lebensjahr kostenlose Darmspiegelungen. Diese Prämie ist nun wirklich für’n Arsch.
Au revoir Hambourg … et à bientôt!