Weitspringerin Malaika Mihambo mit Silbermedaille
  • Hat einige Lösungsansätze für die Förderung des deutschen Sports: Weitspringerin Malaika Mihambo
  • Foto: imago/Chai v.d. Laage

Problem Fußball? Silber-Gewinnerin nimmt Gesellschaft in die Pflicht

Nach der Schlussfeier in Paris ist Aufräumen angesagt. Auch im deutschen Sport, wo sich trotz diverser olympischer Glücksmomente eine gewisse Ernüchterung einstellt. Platz 10 im Nationenvergleich bedeutet das schlechteste Abschneiden seit 72 Jahren, 33 Medaillen stellen den Tiefstwert seit der Wiedervereinigung dar. Lösungen müssen her, wenn die Sportnation ihren Namen noch verdienen will.

„Man kann nicht nur sagen, es liegt an der Politik, es geht auch um die Gesellschaft. Es geht auch um die Frage: Wollen wir als Gesellschaft sagen, Fußball geht uns über alles“, sagte Weitsprung-Silbermedaillengewinnerin Malaika Mihambo im Interview mit der „Welt“ und stellte damit die Grundsatzfrage in einem Land, in dem der Fußball auch in der Medienpräsenz König ist.

Mihambo wünscht sich einen Ansatz, der mehr über die Breite kommt und auch „die Kinder” abholt, sie plädiert dafür, „dass man auch Sportarten stärkt, die außerhalb des Fußballspektrums liegen und die Vielfältigkeit fördert.” Von einer starken Basis würde dann auch die Spitze profitieren, diese müsse langfristig „unseren Talentepool besser nutzen”.

Rendschmidt: „Einiges komplett überdenken“

Kanu-Olympiasieger Max Rendschmidt legt den Fokus eher auf die Spitzenförderung. „Man muss die Konzepte im Leistungssport überarbeiten, bei der Förderung an Stellschrauben drehen oder auch einiges komplett überdenken”, sagte der Fahnenträger bei der Schlussfeier dem Westfälischen Anzeiger. Der 30-Jährige klagte über Mittelkürzungen trotz Erfolgen, er vermisst auch Kommunikation: „Ich habe oft das Gefühl, dass von den verantwortlichen Stellen einfach nicht zugehört wird.”

Faeser: „Modernisieren und transparenter gestalten“

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) als Dachverband und die Politik als größter Geldgeber stehen unter Zugzwang. Zumindest wurde in Paris noch einmal unterstrichen, dass eine weitere – diesmal effiziente – Spitzensportreform mit dem Herzstück einer unabhängigen Sportagentur endlich entschlossen angegangen werden soll.

„Modernisieren, entbürokratisieren und transparenter gestalten” lauten die Schlagworte von Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Es wird Zeit, das machte Jörg Bügner, Sportvorstand des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, in Paris deutlich: „Wir schreiben Excel-Tabellen, die anderen trainieren. Das kann nicht sein.”

Bislang lief die Reform der Reform schleppend, Kompetenzgerangel zwischen Sport und Politik sowie eine schwierige Haushaltslage führten vor Olympia zwischenzeitlich zum Stillstand. Immerhin erhöht der Bund die Förderung nun um 49 Millionen Euro auf 331 Millionen – womit Deutschland im internationalen Vergleich etwa mit Großbritannien ziemlich gut dasteht.

Olympia in Deutschland ein erster Schritt?

Entscheidend(er) wird aber sein, das Geld an die richtigen Stellen zu bringen. Bis die Maßnahmen einen sichtbaren Aufwärtstrend im Nationenvergleich zeigen – Platz fünf ist das mittelfristige Ziel des DOSB – dürften aber selbst im Bestfall einige Jahre vergehen.

Einen Impuls verspricht sich Faeser durch das gemeinsame Bestreben von Sport und Bund, Olympia erstmals seit 1972 wieder nach Deutschland zu holen. Frankreich habe bewiesen, „wie Olympische Spiele im eigenen Land eine ganze Generation für den Sport begeistern und zu Spitzenleistungen führen können”, erklärte die SPD-Politikerin am Montag in einem Statement.

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Tatsächlich ist der Heimvorteil leicht belegbar. Gastgeber schneiden im Medaillenspiegel in aller Regel überdurchschnittlich gut ab. An der Stimmung allein liegt das aber nicht. Vor allem das Sportfördersystem passte, sei es durch finanziellen Einsatz oder optimale Verteilung. „Olympia kann nicht dieser Heilsbringer sein, der alles ändert”, glaubt auch Mihambo. (sid/bv)

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