Pfiffe gegen HSV-Profi Jatta: Keine Reue! Karlsruhe wehrt sich gegen Rassismus-Vorwurf
Ob man sich tatsächlich, wie so oft behauptet, immer zwei Mal im Leben trifft, sei dahingestellt. In der Welt des Fußballs ist es ganz sicher so, in jeder Saison. Und das Wiedersehen, das am Sonnabend im Volkspark steigt, hat es ganz besonders in sich: Der HSV gegen Karlsruhe, zwei Vereine, die sich spätestens seit Ende August nicht mehr richtig grün sind. Was die Angelegenheit verschärft: Nach den bösen Pfiffen der KSC-Fans gegen Bakery Jatta gibt es weiterhin keine Anzeichen von Reue beim Karlsruher Anhang.
Die Wogen der Entrüstung schlugen hoch an diesem 25. August 2019. Es war die Phase, in der die von der „Sport-Bild“ aufgeworfene Diskussion um Jattas richtige Identität alles andere überlagerte. Und es war der Tag, an dem die KSC-Fans den Gambier fast von der ersten Minute an bei jedem Ballkontakt auspfiffen und beschimpften. „Die sollen nach Hause gehen“, schimpfte HSV-Angreifer Teamkollege Lukas Hinterseer. Das Wort Rassismus machte zügig die Runde, Jattas Berater Efe Aktas nahm es sogar in den Mund.
HSV-Profi Jatta hat die Pfiffe gegen ihn nicht vergessen
Und Jatta selbst? Der sagte nach dem 4:2-Erfolg gar nichts. Das soll auch vor dem Wiedersehen so bleiben. Aus seinem näheren Umfeld ist aber noch immer zu hören, dass der 21-Jährige lange unter den Geschehnissen von Karlsruhe gelitten und sie in der gesamten Diskussion um sich als absoluten Tiefpunkt empfunden habe. Da gebe es noch eine offene Rechnung. Anders als vor Wochenfrist gegen Nürnberg, den Verein, der nach den Jatta-Debatten in der Hinrunde als Erster Protest gegen die Wertung der Partie einlegte. Das fand er nicht so schlimm, dem FCN sei er nicht böse. Dem KSC sehr wohl.
Wolfgang Sauer zeigt dafür nur wenig Verständnis. Als die MOPO den Fanbeauftragten des KSC am Mittwoch erreicht, ist er zunächst einmal erstaunt. „Ich habe schon gehört, dass unser Spiel beim HSV als heiße Nummer wahrgenommen wird“, sagt er. „Aber warum eigentlich? Ehrlich gesagt, verstehe ich das nicht.“
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KSC-Fanbeauftragter sagt: „Uns Rassismus zu unterstellen, ist lächerlich!“
Sauer kann sich noch sehr gut an den 25. August erinnern. Und er hat eine Wahrnehmung, die sich von denen der Hamburger unterscheidet. „Uns da Rassismus zu unterstellen, ist lächerlich“, sagt er klipp und klar. „Die Pfiffe kamen erst, als der Spieler Jatta ganz früh eine Schwalbe gemacht hat. Das war ein Täuschungsversuch, da waren die Leute halt sauer. 80 Prozent der Pfiffe danach gehen darauf zurück!“
Mag sein. Was aber ist mit den übrigen 20 Prozent? „Es kam dann eines zum anderen“, meint Sauer, der seit 2011 Fanbeauftragter der durchaus als heißblütig bekannten KSC-Gemeinde ist. „Die Diskussion um Jatta wurde damals ja schon länger geführt.“ Zur Erinnerung: Dem Gambier wurde damals unterstellt, er habe sich seine Aufenthaltserlaubnis mithilfe einer falschen Identität erschlichen, heiße eigentlich Daffeh und sei zwei Jahre älter. „Keiner wusste genau, wer er war, ob alles rechtens lief“, meint Sauer. Den Einwand, dass es sich bei den Pfiffen dann aber ja doch wenn nicht Rassismus zumindest um Vorverurteilung gehandelt habe, will er nicht gelten lassen: „Ohne die Schwalbe läuft das alles anders.“
Nur KSC-Sportchef Kreuzer zeigte nach den Pfiffen Reue
Eine Sichtweise, die zumindest nicht von Reue zeugt und in Hamburg entsprechend aufgenommen werden dürfte. Zumindest KSC-Sportchef Oliver Kreuzer hatte nach dem Hinspiel die Traute, den eigenen Anhang zurechtzuweisen. „Das war nicht gut von unseren Fans“, ließ der Ex-HSV-Manager wissen und blieb damit der einzige aus dem Karlsruher Lager, der sich selbstkritisch äußerte.
Der Rest schwieg oder beschwichtigte, was die ganze Angelegenheit noch etwas unappetitlicher machte. Das haben sie sich beim HSV gemerkt, auf dem Platz und den Rängen gleichermaßen. Auch deshalb, so heißt es von Vereinsseite, wolle man sich dazu nicht mehr äußern. Sei doch ohnehin schon genug Musik im Spiel. Vor einem Wiedersehen, das vieles sein mag, eines aber sicher nicht: ganz normal.