„Täglich erniedrigt“: Skandal um deutsche Turn-Stars weitet sich aus
Blanker Psychoterror, normale Differenzen oder gar haltlose Vorwürfe? Um die Trainingsmethoden und Verhaltensweisen einer Kunstturn-Trainerin aus Chemnitz ist ein Meinungsstreit entbrannt. Die Folgen sind noch unabsehbar.
Am Freitag erhoben die ehemalige Schwebebalken-Weltmeisterin Pauline Schäfer und fünf weitere Athletinnen im „Spiegel“ schwere Anschuldigungen gegenüber der Trainerin Gabriele Frehse. Nun nehmen einige unmittelbar Beteiligte die 60-Jährige – zumindest teilweise – in Schutz.
Der Turn-Krieg: Scheder verteidigt Trainerin Frehse
Sophie Scheder, 2016 Olympia-Dritte am Stufenbarren, berichtete von „Momenten, bei denen ich mit meiner Trainerin nicht immer auf einen Nenner kam. Doch solche Differenzen gibt es in allen Lebensbereichen und sind meiner Meinung nach ganz normal. Jede Athletin nimmt das Gesagte anders wahr, und dass der Ton bei Trainern auch mal schärfer ist, sollte kein Vorwurf sein, sondern ist einfach nur menschlich“.
Ihre Kollegin Schäfer hingegen empfand den Umgangston und das Verhalten ihrer langjährigen Betreuerin als unmenschlich. „Täglich erniedrigt zu werden – das hinterlässt irgendwann Spuren“, sagte die 23-Jährige. Immer wieder, so Schäfer weiter, sei sie auch wegen ihres angeblich zu hohen Körpergewichts verbal massiv beleidigt worden.
Frehse wehrt sich: „In den Vorwürfen stecken Verleumdungen drin“
„Die Vorwürfe sind haltlos, es stecken viele Verleumdungen drin. Ich bin sehr traurig darüber und hätte damit nicht gerechnet. Ich muss das alles erst einmal durcharbeiten“, sagte die Beschuldigte dem MDR und kündigte an, sich rechtliche Schritte vorzubehalten.
Arbeits- und möglicherweise sogar strafrechtlich noch brisanter ist, dass die Trainerin Schäfers Schwester und Trainingskollegin Helene offenbar ein verschreibungspflichtiges Schmerzmittel ohne ärztliche Indikation verabreichte.
Unstrittig ist, dass der Deutsche Turner-Bund (DTB) daraufhin die beim Olympiastützpunkt Chemnitz angestellte Übungsleiterin von DTB-Trainings- und Wettkampfmaßnahmen für das Jahr 2019 ausschloss.
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Offen ist aber weiterhin, ob es nach den erneuten Vorwürfen für Frehse überhaupt eine Zukunft auf dem Turnpodium geben kann. Der Verband kündigte in einer Stellungnahme an, die Sachverhalte unverzüglich und unabhängig aufklären zu lassen.
„Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, würde dies in keiner Weise den Werten des DTB und den Rahmenbedingungen für ein verantwortungsvolles Training entsprechen“, hieß es in der Mitteilung. Der zuständige DTB-Sportdirektor Wolfgang Willam gab zunächst keine Stellungnahme ab.