Box-Kampf des Jahrhunderts findet emotionales Ende – Klitschko begeistert
Es gibt wieder einen unumstrittenen Schwergewichts-Champion: Der Ukrainer Oleksandr Usyk besiegt im Duell um die wichtigsten WM-Titel den Briten Tyson Fury und schreibt Geschichte. Auch ein Deutscher schafft Großes.
Zum ersten Mal nach Lennox Lewis vor 25 Jahren hält mit Usyk ein Boxer alle bedeutenden Weltmeistertitel in der Gewichtsklasse der schweren Männer. Der 37-Jährige besiegte in der Nacht zum Sonntag im Vereinigungskampf den zuvor ungeschlagenen Briten Tyson Fury nach Punkten (115:112, 113:114, 114:113) in der Auseinandersetzung über zwölf Runden.
„Es war so eine große Möglichkeit für mich, für meine Familie und mein Land. Ruhm der Ukraine“, sagte Usyk, der seinen Sieg den ukrainischen Soldaten im Kampf gegen Russland widmete – und seinem 2012 verstorbenen Vater. „Ich glaube, mein Vater schaut auf mich herab und ist sehr glücklich“, sagte Usyk bei Sky: „Papa, ich liebe dich. Ich kann es – und du hast es mir gesagt.“
Tyson Fury fordert Rückkampf
Fury zweifelte derweil das Urteil der Punktrichter an. „Ich glaube ich habe gewonnen. Er hat ein paar Runden gewonnen, aber ich die meisten“, sagte Fury und fügte an: „Sein Land ist im Krieg. Die Leute sind auf der Seite des Landes, das sich im Krieg befindet.“ Fury kündigte an, die im Vertrag verankerte Rückkampf-Klausel ziehen zu wollen. Usyk nahm die Revanche noch im Ring an. Ein zweites Duell ist für Herbst zu erwarten.
Nach einem packenden Duell und einem starken Kampf-Comeback Usyks im saudi-arabischen Riad trägt er nun die WM-Titel der wichtigen Verbände IBF, WBO, WBA und WBC, daneben noch jenen der IBO. Fury hatte den WBC-Gürtel verteidigt.
Großes Comeback von Usyk
Vor den Augen der Ex-Weltmeister Wladimir Klitschko sowie Anthony Joshua und den in Saudi-Arabien angestellten Fußball-Superstars Cristiano Ronaldo und Neymar wollte der Ukrainer mit dem Spitznamen „die Katze“ auf seine Geschwindigkeitsvorteile setzen – gegen den 15 Zentimeter größeren Fury. Aber der Ukrainer konnte seine Beweglichkeit in der ersten Hälfte des Kampfes nicht gut genug einsetzen.
Bei dem als „Ring of Fire“ beworbenen Spektakel startete der exzentrische Fury mit seinen gewohnt provokanten Spielchen. Usyk blieb unbeeindruckt und teilte viele Treffer auf den Körper aus. Aber der 2,06 Meter große Brite setzte seine enorme Schlagkraft und Reichweite gut ein, traktierte Usyk mit seiner starken rechten Faust. Die brachialen Aufwärtshaken von Fury, der teils dominierte, setzten dem Ukrainer massiv zu. In der achten Runde kam Usyk jedoch zurück und verpasste seinem Gegner mit klugen Schlagkombinationen eine blutige Nase. In der neunten Runde drehte Usyk den Kampf komplett und brachte Fury an den Rand einer vorzeitigen Niederlage.
Wladimir Klitschko: „Ich bin stolz auf Usyk“
Beide Profis waren unbesiegt in das Duell gegangen. Usyk hatte seine WM-Titel 2021 Anthony Joshua abgenommen und 2022 gegen den Briten erfolgreich verteidigt. 2015 hatte Fury überraschend Wladimir Klitschko bezwungen und war so Weltmeister geworden. Später verzichtete er auf die Titel, kam 2018 zurück und holte gegen Deontay Wilder den WBC-Titel.
Wladimir Klitschko, der in Riad am Ring weilte, hob die Bedeutung des Sieges seines Landsmannes hervor. „Jeden Tag und jede Nacht bombardiert uns Putins Russland. Auch heute Nacht hat die Ukraine gelitten. Ich bin mir sicher, dass Menschen ihr Leben verloren haben. Wir Ukrainer hatten die Chance, für 48 Minuten Oleksandr Usyks Leistung zu genießen. Das ging in unsere Herzen und Seelen. Ich bin sehr stolz auf ihn. Das war sehr wichtig“, sagte er bei DAZN.
Usyk und Fury in den Fußstapfen von Lewis und Holyfield
Das Duell, das wegen finanzieller Streitigkeiten der beiden Lager und Verletzungen Furys mehrmals verschoben werden musste, wurde von vielen Experten zuvor als Box-Jahrhundertereignis bezeichnet. 1999 hatten sich Lennox Lewis und Evander Holyfield zuletzt zwei denkwürdige Vereinigungskämpfe geliefert.
Vor dem Mega-Duell ging es aus deutscher Sicht bereits hoch her: Der Schwergewichtsboxer Agit Kabayel steht vor seinem lang ersehnten ersten WM-Kampf. In Riad, wenige Stunden vor dem Zweikampf zwischen Fury und Usyk, besiegte der Bochumer im WM-Ausscheidungskampf den zuvor ungeschlagenen Kubaner Frank Sanchez. Verdient schickte er den chancenlosen Gegner nach sieben Runden durch Knockout auf den Boden. Kabayel holte seinen 25. Profi-Sieg und bleibt damit ungeschlagen. Der 31-Jährige ist der nächste Pflichtherausforderer des WBC-Weltmeisters im Schwergewicht.
Kabayel steht vor WM-Kampf
„Ich bin sehr glücklich, ich habe hart für diese Möglichkeit gearbeitet“, sagte Kabayel. „Ich habe gesehen, dass er nicht gut im Ring war und keine Kondition hatte.“ Sein Trainer habe ihm vorausgesagt, dass die Kondition seines Gegners nach sechs Runden aufgebraucht sei.
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Kabayel, aktuell der beste deutsche Schwergewichtler, hatte in der ersten Runde keinen guten Start in den Kampf erwischt. Anschließend wurde er immer besser. Sein Kontrahent wirkte einfallslos. In der siebten Runde ging Sanchez zu Boden und wurde angezählt. Es ging zwar noch kurz für ihn weiter. Doch dann beendete Kabayel den Kampf durch einen Lebertreffer. Im Dezember hatte Kabayel eindrucksvoll den zuvor ungeschlagenen Russen Arslanbek Makhmudov durch technischen Knockout besiegt. 2023 war er Europameister im Schwergewicht geworden. (dpa/sid/mp)