Corona und Olympia: Hamburger Hockey-Star Müller-Wieland verschiebt Karriereende
Janne Müller-Wieland und die „Danas“ feiern das Olympia-Bronze von Rio 2016 auf dem Frankfurter Römer
Foto: imago/Schüler
Es ist immer gut, wenn man einen Plan B in der Tasche hat. Die Corona-Pandemie hat den internationalen Sport-Kalender für 2020 komplett über den Haufen geworfen und damit auch so manche Lebensplanung. Hamburgs Hockey-Star Janne Müller-Wieland, Kapitänin der Nationalmannschaft, wird ihr Karriereende verschieben und beweist in der Corona-Krise auch beim Training Flexibilität – und Kreativität!
Es hat sich einiges verändert in letzter Zeit in ihrem durchgeplanten und durchgetakteten Leben und sie hat etwas sehr Kostbares hinzugewonnen. „Zeit“, sagt Müller-Wieland, „Qualitätszeit“.
Es gebe neuerdings täglich eine „Janne-Stunde“, erzählt sie im Gespräch mit der MOPO. „Da mache ich Dinge, die mir wichtig sind. Ich lese ein Buch, lerne Spanisch oder mache es mir einfach gemütlich und lasse meinen Gedanken freien Lauf.“
Hamburger Hockey-Star Janne Müller-Wieland verschiebt Karriereende
Corona hat das Leben der 33-Jährigen entschleunigt, das seit 14 Jahren von Spielplänen, Reisen zu Turnieren, Länderspielen oder Lehrgängen und zuletzt auch beruflichen Terminen bestimmt war. Die Spielführerin des Uhlenhorster HC und Unternehmensgründerin arbeitet als Beraterin für Start-ups.
Corona hat Janne Müller-Wielands Leben entschleuningt
Der Sport-Lockdown, die Aussetzung des Spielbetriebes, das Trainingsverbot, die Diskussionen um die Olympischen Sommerspiele in Tokio und schließlich deren Verschiebung um ein Jahr seien „am Anfang mental belastend“ gewesen, erzählt Müller-Wieland. „Ich habe mich längst damit abgefunden, aber ich merke, dass das große Ziel fehlt.“
Olympia 2020, das besagte große Ziel der siebenmaligen Deutschen Meisterin. Es wären ihre vierten Spiele nach Peking 2008, London 2012 und Rio 2016, wo sie mit dem Gewinn der Bronzemedaille ihren bislang größten internationalen Erfolg gefeiert hatte.
Olympia in Tokio 2020: Medaille sollte krönender Abschluss werden
Die Spiele von Tokio in diesem Sommer hätten ein perfekter Abschluss ihrer Karriere sein können, im besten Fall gekrönt mit Edelmetall. „Dieses Jahr hätten wir gute Medaillenchancen gehabt“, sagt Müller-Wieland etwas wehmütig.
Und jetzt?
„Tja“, sagt die Frohnatur und lacht. „Jetzt hänge ich halt noch ein Jahr dran. Ich werde auf jeden Fall nächstes Jahr spielen.“ Die Hallen-Weltmeisterin von 2018 und Europameisterin 2013 auf dem Feld hofft, dass ihr Körper die Verlängerung mitmacht und sich in der Corona-Pause vielleicht sogar etwas erholen konnte. „2021 schaffe ich auch noch!“
Janne Müller-Wieland hängt noch ein Jahr dran
Der Traum von Tokio ist nur aufgeschoben, um 364 Tage. „Es wäre mega-cool, noch einmal Olympia erleben zu dürfen“, sagt Müller-Wieland, die 323 Länderspiele bestritten hat und erst die vierte DHB-Spielerin ist, die diese Schallmauer durchbrechen konnte. „Es würde sich dann noch mehr anbieten, nach Olympia den Schläger an den Nagel zu hängen.“
Ein neues, modifiziertes Ziel. Aber auch noch „viele Fragezeichen“ wie es kurz- und mittelfristig im Hockey weitergehe, sagt Müller-Wieland, die „frühestens Anfang September“ mit einem Beginn der Bundesliga rechnet. Auch beim UHC ist derzeit nur Training in Kleingruppen möglich.
Hockey-Bundesliga: Müller-Wieland rechnet mit Start im September
Um in Form zu bleiben, hat Müller-Wieland in den letzten Wochen individuell und vielseitig trainiert. Fitness, Speed Motion, Laufen, Crossfit, Yoga. Weil die Hockeyplätze lange gesperrt waren und Not gerade einen kreativen Menschen wie die gebürtige Hamburgerin erfinderisch macht, schwang sie den Schläger einfach in ihrer winzigen Garage.
„Vier Quadratmeter, mit Kunstrasen ausgelegt“, erzählt sie. „Ich habe mir da Parcours aufgebaut mit Hindernissen. Etwas eng, aber cool.“
Corona macht kreativ: Hockey-Training in der Garage
Gewusst, wie. An Ideen hat es Janne Müller-Wieland nie gemangelt. Ein neues Ziel hat sie auch schon. Jetzt fehlt nur noch der Plan.