Doping-Skandal im Tennis: Superstar zweimal positiv getestet – keine Sperre!
Es ist unglaublich und wirft einen neuen Schatten auf die Doping-Fahnder: Obwohl der Tennis-Weltranglistenerste Jannik Sinner im März zweimal positiv auf das verbotene anabole Steroid Clostebol getestet wurde, kommt der 23-Jährige um eine Sperre herum! Die Erklärung des Superstars dazu ist abenteurlich, wird ihm aber geglaubt. Während HSV-Profi Mario Vuskovic, der beteuert, nicht gedopt zu haben, weiterhin gesperrt ist und auf sein Urteil wartet. Ein Skandal!
Nach Angaben der verantwortlichen Tennis-Agentur Itia ist Sinner am vergangenen Donnerstag von einem unabhängigen Gericht freigesprochen worden, da der diesjährige Australian-Open-Champion aus Italien das verbotene Mittel nicht vorsätzlich verwendet habe.
Sinner erklärte in einem in den sozialen Medien verbreiteten Statement, die Substanz sei über die Hände seines Physiotherapeuten in seinen Körper gelangt. Demnach habe der Betreuer ein in Italien rezeptfreies Clostebol-haltiges Spray benutzt, um einen Schnitt an seinem Finger zu behandeln.
Jannik Sinner gibt Physiotherapeuten die Schuld
Wie aus der Itia-Mitteilung hervorgeht, soll der entsprechende Physiotherapeut das Spray zwischen dem 5. und 13. März angewendet haben. In dieser Zeit habe er auch Sinner massiert, was „zu einer unwissentlichen transdermalen Kontamination führte”.
Der Itia zufolge hielten wissenschaftliche Sachverständige Sinners Erklärung für glaubwürdig. Deshalb habe die Tennis-Agentur auch davon abgesehen, Sinner zumindest vorläufig zu suspendieren. Nach einer weiteren Untersuchung durch die Agentur änderte sich in der Sache nichts.
Doping-Experte: „Das stinkt zum Himmel!”
Doping-Experte Prof. Dr. Fritz Sörgel empörte sich bei Sport1: „Das stinkt zum Himmel! Diese Methode der Ausrede, dass es über die Haut aufgenommen wird, wird in letzter Zeit verstärkt verwendet. Und das ist nun ein weiterer Fall.“
Sinners Tennis-Coach Darren Cahill sagte ESPN: „Er würde nie etwas absichtlich tun. Er war in einer unglücklichen Situation. Die Wahrheit ist heraus, kein Fehler oder Fahrlässigkeit, und hoffentlich kann er das hinter sich lassen.”
Ganz straffrei kommt der Tennisstar dennoch nicht davon. Aufgrund der positiven Befunde wurden ihm für das ATP-Turnier in Indian Wells, wo er im März das Halbfinale erreicht hatte und der positive Befund festgestellt worden war, das Preisgeld und die Punkte aberkannt. Eine sehr milde Strafe…
Sinner kassiert sehr milde Strafe
„Dies war eine schwierige Angelegenheit für Jannik und sein Team und unterstreicht die Notwendigkeit für Spieler und ihr Umfeld, bei der Verwendung von Produkten oder Behandlungen äußerste Vorsicht walten zu lassen. Integrität ist das A und O in unserem Sport”, kommentierte die Spielervereinigung ATP.
Die Welt-Anti-Doping-Agentur will die Entscheidung im Fall Sinnerzunächst „sorgfältig prüfen”. Man behalte sich das Recht vor, gegebenenfalls Berufung beim Internationalen Sportgerichtshof in Lausanne einzulegen, erklärte die Wada, die ihren Sitz im kanadischen Montréal hat.
Sörgel dazu bei Sport1: „Aus meiner Sicht ist das Thema nicht durch. Es ist ein eindeutiger Befund. Clostebol ist Clostebol, und Clostebol führt automatisch zu einer zwei- bis vierjährigen Sperre. Da führt kein Weg dran vorbei. Dagegen kann Sinner vor dem CAS vorgehen, aber nicht einem dem Tennis nahestehende Gericht.”
Kyrgios fordert lange Sperre für Sinner
Der australische Tennisprofi Nick Kyrgios kritisierte via X, ehemals Twitter, die Entscheidung der Itia. „Lächerlich – ob es zufällig oder geplant war. Du wirst zweimal mit einer verbotenen (Steroid) Substanz getestet… du solltest für zwei Jahre raus sein”, schrieb der 29-Jährige.
Erst am Montag hatte Sinner die Cincinnati Open gewonnen. Bei den in der kommenden Woche beginnenden US Open in New York zählt er zu den Favoriten.