Gigantischer Doping-Skandal enthüllt! Doppel-Olympiasiegerin mittendrin
Eine gemeinsame Recherche der ARD-Dopingredaktion und der „New York Times“ stellt die Glaubwürdigkeit von Chinas Anti-Doping-System und die Wächterfunktion der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) erheblich infrage. Demnach wurden 23 chinesische Spitzenschwimmer vor den Olympischen Sommerspielen 2021 positiv getestet, allerdings nicht sanktioniert. Drei von ihnen gewannen in Tokio Olympiagold. Auch die australische Zeitung „Daily Telegraph“ berichtete am Samstag.
Demnach geht die mögliche Vertuschung aus einem Untersuchungsbericht hervor, den die ARD-Dopingredaktion nach eigenen Angaben im September 2023 erhalten hat und welcher die Grundlage für die Recherche zur Dokumentation „Die Akte China“ aus der Reihe „Geheimsache Doping“ bildet.
Der Bericht sei offiziell von der chinesischen Anti-Doping-Agentur CHINADA verfasst worden, als untersuchende Behörde sei aber das Ministerium für öffentliche Sicherheit angegeben, ein Arm des chinesischen Geheimdienstes. ARD und „New York Times“ ließen das Dokument nach eigenen Angaben durch mehrere Quellen verifizieren.
23 aus dem chinesischen Schwimm-Team positiv getestet
Dem Bericht zufolge wurden Anfang 2021 23 der besten chinesischen Schwimmerinnen und Schwimmer bei einem Wettkampf in Shijiazhuang positiv auf das verbotene Herzmittel Trimetazidin getestet, die Substanz, wegen der die russische Eiskunstläuferin Kamila Valieva im Januar für vier Jahre gesperrt wurde.
13 der mutmaßlich positiv getesteten Chinesen starteten dennoch bei Olympia 2021 und gewannen Medaillen in fünf Wettbewerben, darunter die spätere Doppel-Olympiasiegerin Zhang Yufei sowie die ebenfalls in Tokio siegreichen Wang Shun und Yang Junxuan.
Olympiasiegerin Yufei: Doping im Spiel?
Dem Bericht zufolge seien die positiven Fälle durch Kontamination in einer Hotelküche zustande gekommen. Aus dem Report geht hervor, dass mehr als zwei Monate danach Ermittler die Küche inspiziert und dabei Spuren von Trimetazidin im Dunstabzug, an Gewürzcontainern sowie im Abfluss gefunden hätten. Die verbotene Substanz sei ohne Wissen der Sportler in deren Körper gelangt.
Fall wurde nicht offiziell gemeldet
Die positiven Fälle seien im März 2021 korrekt in das offizielle WADA-Meldesystem eingegeben worden. Anstatt einen offiziellen Anti-Doping-Regelverstoß (ADRV) zu melden, habe jedoch die interne chinesische Untersuchung stattgefunden. Steht ein Regelverstoß im Raum, greift normalerweise eine vorläufige Sperre. Die WADA verzichtete laut der Recherchen auf eine eigene Untersuchung.
Die WADA teilte der ARD mit, sie habe auf Basis der Analysedaten „keine Grundlage“ gesehen, die „Erklärungen der Kontamination anzufechten“ und verwies in ihrer Stellungnahme unter anderem auf niedrige Konzentrationen und schwankende Werte. CHINADA erklärte, es hätten keine Anti-Doping-Verstöße vorgelegen. Der Schwimm-Weltverband World Aquatics teilte mit, die Vorgänge seien sorgfältig und professionell geprüft worden.
Travis Tygart: „Messer im Rücken aller sauberen Athleten“
Travis Tygart, Chef der US-Anti-Doping-Agentur USADA, sprach gegenüber der ARD-Dopingredaktion von „schockierenden Enthüllungen“ und einem „Messer im Rücken aller sauberen Athleten“. Der Fall rieche „nach Vertuschung auf den höchsten Ebenen der Welt-Anti-Doping-Agentur“.
Der ehemalige WADA-Generaldirektor David Howman äußerte die Sorge, dass der Kampf für sauberen Sport nachhaltig Schaden nimmt. Ein Vertrauensverlust „wäre es eine Tragödie für die WADA“.
Das könnte Sie auch interessieren: Reise-Chaos bei St. Pauli-Spiel in Hannover befürchtet: Metronom ergreift Maßnahmen
Sportrechtler Thomas Summerer führte gegenüber der ARD eklatante Versäumnisse der Anti-Doping-Behörden an: „Es lag auf der Hand, dass ein Anti-Doping-Verstoß vorliegt, und so hätte man diesen auch behandeln müssen seitens der chinesischen Anti-Doping-Agentur.“
Chinesische Schilderungen über Doping-Ablauf „extrem unwahrscheinlich“
Der forensische Toxikologe und Pharmazeut Fritz Sörgel stellte die Schilderungen aus dem chinesischen Bericht für die ARD nach und urteilte, es sei „extrem unwahrscheinlich“, dass sich die Ereignisse wie geschildert abgespielt hätten. (sid/fs)