Irre Aufholjagd: Foster erkämpft erstes deutsches Gold bei den Paralympics
Anna-Lena Forster schafft ihre persönliche Erlösung und holt das erste Gold für Deutschland. Die Langläuferinnen Linn Kazmaier und Leonie Walter machen den Medaillensatz komplett.
Erst kullerten die Tränen vor Enttäuschung, keine vier Stunden später brachen alle Dämme – aber aus purem Glück: Anna-Lena Forster hat ihre in Rekordzeit durchlebte „Achterbahn der Gefühle“ auf dem Thron beendet. Schier aussichtslos lag die Topfavoritin nach dem Super-G der Super-Kombination auf Platz vier zurück, doch mit einer wohl einmaligen Aufholjagd im Slalom gelang doch noch die Erlösung. Das erste Gold für sie persönlich in Peking, aber auch für Team D insgesamt – im Frühlingszauber am Xiaohaituo in Yanqing wurde kurzerhand der deutsche Feiertag proklamiert.
Paralympics: Anna-Lena Foster holt Gold in Super-Kombination
„Es ist ein Goldtag“, rief DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher voller Inbrunst durch den Zielraum, wobei im benachbarten Zhangjiakou die Langläuferinnen Linn Kazmaier und Leonie Walter mit Silber und Bronze den deutschen Medaillensatz am Montag sogar komplettierten.
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„Das wird eh nix“, habe sie nach ihrem komplett „verschlafenen“ Super-G und über sechs Sekunden Rückstand gedacht, sagte Forster: „Unglaublich, es ist verrückt. Doch noch Gold zu holen, war so emotional und auch erleichternd.“
Forster rast im dritten Anlauf zur Goldmedaille
So viel Druck lastete auf Forster, sie sollte das deutsche Gesicht dieser Spiele werden. Und die ohne rechtes Bein und mit stark verkürztem Oberschenkel am linken Bein auf die Welt gekommene Mono-Ski-Fahrerin lieferte mit zweimal Silber in Abfahrt und Spezial-Super-G hinter ihrer japanischen Hauptkontrahentin Momoka Muraoka auch – und doch schwang immer etwas Enttäuschung mit. Dieses verflixte Gold sehnte sie schon herbei.
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Und dann in der Super-Kombination nach Teil eins über sechs Sekunden Rückstand auf Muraoka – mal wieder schien Platz zwei das Höchste der Gefühle. Erste Tränen schossen ihr in die Augen. „Das war sehr deprimierend“, gab Forster zu: „Ich weiß, dass ich im Slalom gut bin. Aber dass ich über sechs Sekunden aufholen kann, hätte ich niemals gedacht.“ Doch das konnte die nun dreimalige Paralympics-Siegerin.
Paralympics: Mental-Training machte Forster stark
Das Mentaltraining der vergangenen Wochen zahlte sich aus. „Das hat mich stark gemacht“, sagte Forster mit Deutschland-Fahne um den Hals. Dazu sprach ihr Bundestrainer Justus Wolf Mut zu, baute sie auf. „Es war Erleichterung pur, als ich gesehen habe, dass ich auf eins bin“, erzählte sie grinsend. Verbandschef Beucher rannte kurzerhand völlig euphorisiert von der Tribüne in den Zielraum, drückte sie an sich und wollte Forster schier gar nicht mehr loslassen.
„Ich bin so durchwühlt, dass ich gar nicht weiß, was ich denken soll“, sagte die Radolfzellerin: „Ich weiß nicht, wo mein Handy ist. Ich weiß nicht, wo mein Rollstuhl ist. Ich weiß nicht, wo mein Rucksack ist. Keine Ahnung. Ich habe nicht mal eine Ahnung, was für ein Tag heute ist.“ Es war IHR Tag, „ein Goldtag“! 77 Hundertstel hatte Forster letztlich Vorsprung vor Muraoka.
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Einen nächsten Traumtag erlebten auch Kazmaier mit Guide Florian Baumann und Walter mit Guide Pirmin Strecker. Wie schon im Biathlon-Sprint am Samstag landeten die 15-jährige Kazmaier und die 18-jährige Walter im Langlauf über 15 km der Sehbehinderten hinter der Ukrainerin Oxana Shishkova auf den Plätzen zwei und drei. „Ich kann es wie bei der letzten Medaille nicht so ganz glauben“, sagte Kazmaier freudestrahlend. Das galt nach ihrer „Achterbahn der Gefühle“ ganz besonders auch für Forster. (sid/jvd)