Krach beim Schach: Weltverband wirbt für Brustimplantate – und erntet Kritik
Bislang war der Schach-Sport stets eine echte Männer-Domäne, nur etwa drei Prozent der bisherigen Großmeistertitel gingen an Frauen. Der Schach-Weltverband (FIDE) will das nun ändern, hat das Jahr 2022 sogar als Jahr der Frauen tituliert und kürzlich den bis dato größten Sponsoringvertrag aller Zeiten im Frauenbereich fix gemacht – und sich ausgerechnet mit diesem nun womöglich ein echtes Eigentor geschossen. Der Grund: Das neue Partnerunternehmen Motiva wirbt für Brustimplantate.
Umgehend rief die Meldung zahlreiche empörte Reaktionen aus der Welt des Frauenschachs hervor. „Ich finde es erniedrigend und demütigend, dass eine Aktivität wie Schach, die so kognitiv ist, von einem Unternehmen gesponsert wird, das in erster Linie von der Unsicherheit der Frauen profitiert“, moniert eine Schachspielerin im englischen „Guardian“, und zieht einen Vergleich zum Männerschach: „Ich bezweifle sehr, dass die FIDE ein Unternehmen, das Penisvergrößerungen anbietet, zum Sponsor der Weltmeisterschaft der Männer machen würde.“
Schmäh-Witze gegen Spielerinnen – Angst vor neuen Sexismus-Problemen
Eine andere Spielerin bemängelt, dass die Sexismus-Probleme vergangener Tage im Schachsport den Verantwortlichen keine Lehre gewesen sind: „Ich habe Witze gesehen, in denen die Namen bestimmter Spitzenspielerinnen genannt wurden, deren Aussehen so verbessert werden könnte. Das Schachspiel hat in der Vergangenheit mit Sexismus zu kämpfen gehabt. Doch das hat nichts dazu beigetragen, das jetzt zu verhindern.“
Übrigens: Keine der sich äußernden Spielerinnen wollte sich namentlich kenntlich machen. Zu groß sei die Abhängigkeit zur FIDE, insbesondere wenn es um Turniereinladungen bei den großen Wettbewerben gehe, heißt es.
Motiva-Boss sieht in Engagement „Förderung unabhängiger Frauen“
Doch was sagen die Vertragsparteien zu ihrer Zusammenarbeit? Motiva-Boss Juan Jose Chacón sagte der „Bild“: „Unser Sponsoring des Frauen-Schachs unterstreicht unser zentrales Engagement für den Respekt und die Förderung selbstbewusster und unabhängiger Frauen.“ Im Rahmen der Partnerschaft liege der Fokus vor allem auf der Werbung für Brust-OP’s für Krebspatientinnen.
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Und auch Dana Reizniece-Ozola, Geschäftsführerin der FIDE, äußerte sich gegenüber der „Bild“. Sie sieht in der Maßnahme vor allem die Vorteile für die Entwicklung des Frauenschachs: „Ich bin froh, dass es unseren Marketing-Kollegen gelungen ist, einen Sponsor zu gewinnen, der es uns ermöglicht, die Preise bei Frauenveranstaltungen zu erhöhen und das Frauen-Schach im Allgemeinen zu fördern.“
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Die Vorwürfe, die FIDE würde mit der Partnerschaft eine Plattform für Seximus schaffen, weist sie zudem von sich: „Wir als Weltverband unterstützen insbesondere ihre Forschungsaktivitäten für die Gesundheit und das Wohlbefinden von Frauen.“