Die deutsche Para-Schwimmerin Elena Semechin nimmt trotz ihrer Chemotherapie an der WM in Madeira teil.
  • Die deutsche Para-Schwimmerin Elena Semechin nimmt trotz ihrer Chemotherapie an der WM auf Madeira teil.
  • Foto: imago/Nordphoto

„Möchte zeigen, dass ich nicht tot bin“: Krebskranke Schwimmerin startet bei WM

Obwohl ihre Chemotherapie noch nicht abgeschlossen ist, startet Para-Schwimmerin Elena Semechin bei der WM auf Madeira. Dort geht es ihr um etwas viel Wichtigeres als den sportlichen Erfolg. Sie muss niemandem mehr etwas beweisen, schon gar nicht sich selbst – und erst recht nicht in ihrer aktuellen Situation. Schließlich springt die Paralympics-Siegerin mal eben zwischen zwei Zyklen ihrer Chemotherapie bei einer WM ins Wasser.

„Egal, was dort herauskommt, ich bin schon die Siegerin“, sagt die sehbehinderte Schwimmerin mit kraftvoller Stimme. Mit ihrem Start auf Madeira setzt die Kämpfernatur ein beeindruckendes Zeichen.

Elena Semechin startet bei der WM auf Madeira

Noch nie ist Semechin unter solch außergewöhnlichen Umständen bei einem internationalen Großereignis angetreten – und noch nie war sie vorher so entspannt. Auf der portugiesischen Insel strahlt sie dieser Tage mit der Sonne um die Wette. „Mir ist klar, dass ich keine Weltrekorde schwimmen werde. Ich kann keine Glanzleistungen vollbringen“, sagt Semechin. Doch darum geht es ihr ohnehin nicht: „Ich möchte zeigen, dass ich nicht tot bin, dass man mit Krebs leben und ihn im Griff haben kann.“


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Wenn die zweimalige Weltmeisterin am Montag (20.28 Uhr) für ihr Finale über 100 Meter Brust in Portugal ins Wasser springt, hat sie schon so viel mehr erreicht, als sie vor einem halben Jahr für möglich gehalten hätte. „60 bis 70 Prozent“ ihres früheren Leistungsvermögens seien übrig, schätzt Semechin – kein Grund zu resignieren: „Seit der Diagnose genieße ich jeden Moment. Ich freue mich einfach auf das, was jetzt passiert.“

Vier Tage nach ihrer zweiten Chemotherapie schwamm Semechin aufs Podest

Aus gutem Grund: Im Oktober, wenige Wochen nach ihrem goldenen 100-Meter-Rennen in Tokio, erhielt Semechin, geborene Krawzow, die niederschmetternde Hirntumor-Diagnose, Anfang November folgte die komplizierte Operation. Nur vier Tage nach dem zweiten Teil ihrer Chemotherapie kehrte Semechin bei den Deutschen Meisterschaften in ihrer Heimat Berlin zurück – und schwamm prompt aufs Podest.

Semechin kann auch auf Madeira um eine Medaille schwimmen

Das beeindruckende Comeback war für die 28-Jährige nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zum Saisonhöhepunkt, selbst dort scheinen die Medaillenränge in Reichweite. Sich von den kräftezehrenden Bestrahlungen stoppen zu lassen, kommt Semechin, die gerade erst den vierten Chemo-Zyklus überstanden hat, gar nicht in den Sinn – obwohl der fünfte kurz nach der WM beginnt.

Hirntumor kann jederzeit zurückkehren

„Man muss verrückt sein, um das alles zu machen, obwohl der Körper vergiftet und am Ende seiner Kräfte ist“, sagt Semechin: „Aber ich kenne meinen Körper durch die vielen Jahre Leistungssport gut.“ Auch die vielen Tage, die sie kraftlos im Bett verbrachte, warfen sie nicht aus der Bahn. „Ich versuche, dem nicht so viel Aufmerksamkeit zu geben“, sagt sie.

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Doch der Hirntumor kann jederzeit zurückkehren – das weiß Semechin. „Ich versuche, Leistungssport zu betreiben, solange das mein Körper zulässt“, sagt sie: „Ich mag diesen Lifestyle einfach.“ Mit dieser Einstellung wird sie auf Madeira ins Becken springen – und ein Zeichen für Selbstbestimmung setzen. (sid/pw)

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